Ein Mann von Welt

natürlich, es gibt immer Ausnahmen, aber ich kann mit einiger Gewissheit sagen, und mit Erfahrung, dass alle, die ich in Panorama City kennengelernt und mit denen ich mich angefreundet habe, anständig waren.
    C: Hör zu, Juan-George, nimm das nicht für bare Münze, dein Vater sieht in Leuten vor allem immer das Gute.
    O: Es ist wahr, ich beurteile ein Buch nicht nach seinem Umschlag.
    C: Panorama City bedeutet Gangs, Drogen, Verbrecher. Bleib in Madera, hier ist es sicher, hier sind Familien.
    O: Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen.
    C: Ich weiß nicht, warum deine Tante Liz da wohnen bleibt. Sie ist verrückt, wenn die da bleibt.
    O: Sie war eine großzügige Gastgeberin.
    EINE KARRIERE ALS VERKÄUFER
    Ein paar Tage später, ich war oben auf dem Müllcontainerverschlag, ich zog einen kaputten Fernseher vom Maschendrahtdach, er war aufgetaucht, nachdem ich das letzte Mal da oben gewesen war, irgendwie verfolgen Fernseher mich, der hier war wenigstens kaputt, ich war also oben, als ein großer auberginenfarbener Mercedes-Benz vorfuhr, Paul Renfro hinterm Steuerrad. Du hättest ihn sehen sollen, er sah wie der König des Viertels aus, ein echter Mann von Welt, er trug ein richtiges weißes Hemd und eine rote Fliege, und als er aus dem Auto ausstieg, konnte ich sehen, dass er auch eine vornehme schwarze Stoffhose trug. Seine Schuhe waren nicht so vornehm, seine Schuhe waren einfache Laufschuhe, die aussahen, als hätte er sie schwarz angemalt, eigentlich sahen sie ziemlich schäbig aus. Ich wollte ihn nach seinen Schuhen fragen, aber er sagte mir, wir hätten nicht viel Zeit, er wollte mit mir reden, er hatte einen Vorschlag zu machen. Er erklärte, er hatte sich das Auto von seinem Job ausgeliehen, die Leute, für die er es parken sollte, waren schon älter, die würden für ihr Mittagessen lange brauchen, ihre Situation war entspannter als unsere. Paul zeigte auf den Müllverschlag und sagte, das wäre typisch für das, was die Gesellschaft mit Denkern machen würde, mit echten Denkern, sagte er, nicht mit denen, die sich hinter Bergen von Aufsätzen und Vorträgen versteckten, sondern echten Denkern, kein Wunder, dass wir der Welt fehlten. Um Essen auf den Tisch zu bringen, müssen wir den Müll rausbringen
oder anderer Leute Autos parken, seine Worte, während wir im Alleingang für Fortschritt sorgen. Ein Prophet gilt nichts in seinem eigenen Land, schon Jesus hat sich darüber beklagt, Pauls Worte. Er fragte mich, ob das Drive-in-Mikrofon immer eingeschaltet wäre, ich wusste das nicht, also gingen wir zu dem Speisetisch draußen hinter dem Restaurant, dem einen Tisch auf dem Betonquadrat neben dem Fleckchen Gras, außer Hörweite, außer Reichweite des Drive-in-Mikrofons. Paul fragte mich, ob ich für den Rest meines Lebens in dem Fastfood-Restaurant arbeiten wollte, ob ich von der Masse der anonymen Nicht-Denker aufgesogen werden wollte. Aus dieser Perspektive hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, ich hatte mich auf die Philosophie des Trainingsvideos konzentriert, ich versuchte, danach zu leben, und tat mein Bestes, ein Teil der großen Familie zu sein, die das Fastfood-Restaurant war. Ich erzählte Paul, dass Tante Liz und ich dasselbe wollten, dass wir beide daran interessiert waren, aus mir einen Mann von Welt zu machen, und Teil dieser Idee war, dass ich hier arbeitete, und Teil davon, hier zu arbeiten, war das, was auf dem Trainingsvideo war. Paul zog die Augenbrauen hoch. Er sagte, die Nicht-Denker hätten die Denker zu allen Zeiten so behandelt, und die Denker würden sich das einfach gefallen lassen, sie würden sich schon immer einschließen und sich zu Tode hungern und erst hundert Jahre später würden ihre Papiere auftauchen und alle würden feststellen, dass sie verkannte Genies waren, seine Worte, das wäre immer so gewesen, aber es müsste nicht so sein. Nach Pauls Einschätzung gab es keinen Grund, warum wir keine solide finanzielle Grundlage aufbauen soll
ten, um einmal mit etwas Komfort fortgeschrittene Gedanken zu denken, ohne all diesen Unsinn mit anderer Leute Autos einparken oder Müll entsorgen. Was mir einleuchtete, denn schließlich konnte ich oben auf dem Mülltonnenverschlag keine fortschrittlichen Gedanken denken.

    Man sagt, Juan-George, und wenn du das hier hörst, wirst du es auch schon selbst gehört haben, dass eine Reise von tausend Meilen mit einem ersten Schritt beginnt. Und wenn Leute das sagen, dann meinen sie, dass du nicht die ganze Zeit damit verbringen