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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Die rehbraunen Augen flackerten wie bei einem Süchtigen.
    »Wieso?«
    »Genug Luft abgelassen?«
    »Hätte ich heute schon etwas gegessen, würde ich dich jetzt ankotzen.«
    »James kann Schnittchen bringen, wenn du dich aufladen willst.«
    »Immer der Überlegene! Aus Onkel Theodors ideologischen Lenden entsprungen. Hellmut –« Er trat zwei Schritte vor. Sie standen jetzt so nahe voreinander, daß sie sich mit ihrem Atem anwehten. Wenn er spuckt, dachte Hansen, schlag ich ihm die Nase ein. Diese schöne, griechische Nase zwischen den Samtaugen.
    »Ja?« sagte er gedehnt.
    »Du warst mein Freund.«
    »Du wirst es nicht glauben – ich bin's noch immer. Sonst wärest du mir nicht diese Mühe wert.«
    »Ich möchte Marion in unserer Familiengruft beisetzen. Sie war meine Frau … sie gehört in die geweihte Gruft der Barreis'! Sie war vielleicht die einzige Barreis, die es wert ist, durch einen Gedenkstein geehrt zu werden. Sie soll neben meinem Vater liegen … dann werde ich kommen. Nein, nicht meine Mutter … sie überlebt uns alle. Sie konserviert sich in ihren eigenen Tränen … Sie müßte nach chemischen Gesetzen schon salzüberkrustet sein. Mein Vater, Marion, ich, Mutter … in dieser Reihenfolge. Das ist mein größter Wunsch an die Mörder meiner Frau …«
    »Bob!«
    »An die Mörder!« schrie Bob. »Kannst du mir das versprechen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich leite die Fabriken, aber nicht die Grabkammern. Das muß Onkel Theodor entscheiden.«
    »Wie armselig. O Himmel, wie erbärmlich! Mein lieber, guter, kleiner Freund Hellmut. Erkennst du nicht, welch armselige Rolle du in dieser Familie spielst? Nicht einmal über Gräber darfst du verfügen. Immer und überall und über jedem thront Gott Theodor!« Bob lachte, mit einem wilden, heiseren Unterton, fast erstickt von der alles umklammernden Ironie. »Was bist du denn, Hellmut? Ein Schwanzhalter. Jawohl, du darfst den Schwanz halten, während Onkel Theodor pißt! In deinem Gesicht putzt er sich die Schuhe ab!«
    »Ich werde mit Onkel Theo sofort über deinen Wunsch sprechen. Sonst noch etwas?«
    »Ja.« Bob Barreis legte beide Hände auf Hansens Schultern. Er veränderte sich wieder, wie er von jeher die Eigenschaft eines Chamäleons gehabt hatte, sich sekundenschnell umzufärben. Jetzt leuchtete ehrliche Zuneigung aus seinen faszinierenden, braunen Augen. »Wenn Marion in die Barreis-Gruft kommt, will ich ab sofort brav wie ein alter, lahmer Dackel sein. Das ist kein Versprechen, Hellmut, das ist ein Schwur. Sag es Onkel Theodor. Und dir wünsche ich viel Glück als Barreis-Erbe … du wirst das Glück aber nie erleben.«
    Nachdenklich verließ Hellmut Hansen die Bibliothek. Er ahnte, daß Haferkamp den zweiten großen Fehler begehen und seine Zustimmung zu dieser Beisetzung Marions nie geben würde.
    Hansen irrte sich nicht … Haferkamp empfing Bob im Renaissancesalon. Groß, wuchtig, steif, unnahbar, mit einem unsichtbaren Panzer aus schußsicherem Dickglas umgeben. Ein Monument schon zu Lebzeiten, an dessen Geburtstag die Vereine und Verbände aufmarschierten, Lieder sangen und Hurra brüllten. Ein Bismarck der Industrie. Stahlgeschmiedet. Nicht rostend. Ohne Patina. Immer blank mit dem Zaubermittel der Sauberkeit: Geld.
    »Im Renaissancesalon –«, sagte Bob bei seinem Eintritt. »Immer stilgerecht. Der Cesare Borgia von Vredenhausen. Nur Gift im Becher bietest du nie an. Darin bist du den Borgias geistig überlegen. Du tötest eleganter, charmanter, selbst Märtyrer des furchtbaren Familienschicksals.« Er griff in sein Hemd, zog den Scheck heraus und legte ihn auf den Marmortisch zwischen sich und Haferkamp. Ein kleines, grünliches Stück Papier, das Haferkamp mit heruntergezogenen Mundwinkeln betrachtete. »Ich bringe dir deine Auslagen zurück. Der Fall erledigte sich ohne Investitionen.«
    »Danke.« Haferkamp rührte den Scheck nicht an. Bob nickte.
    »Sehr klug. Hättest du den Scheck an dich genommen, ich wäre vielleicht zum Affekttäter geworden. Auch wenn ich sehr schlank bin, ich habe Kraft in den Fingern.«
    »Das ist bewiesen.« Haferkamp sagte es mit einer Verachtung, unter der Bob sich duckte wie nach einem Schlag auf den Kopf. »Aber reden wir nicht von der Vergangenheit. Die Vergangenheit haben wir gemeinsam unter größtem Einsatz überwunden. Die Affäre Adams ist vergessen, die Affäre Peters bereinigt. Alle haben ihr Bestes für dich gegeben.«
    »Marion ihr Leben.«
    »Das ist ein anderes Kapitel. Das geht uns
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