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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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›Verbannung‹. Bei Keitell & Co. Bankhaus seit 1820, stellte er sich vor. Man erwartete ihn bereits, von Haferkamp telefonisch informiert. Die beiden Chefs, Johann Keitell und Eberhard Klotz, Bankiers wie aus dem Bilderbuch britischer Geschichte, erklärten ihm freudig, daß er in der Registratur arbeiten würde. Dort konnte er am wenigsten Schaden anrichten.
    Monatsgehalt DM 645,- netto.
    Ein Sondergehalt.
    Bob Barreis bedankte sich und verließ den imposanten Steinbau mit der Marmorhalle.
    645 Mark Gehalt.
    In Monte Carlo kam er damit nicht einen Abend aus.
    Auch ein Zimmer hatte er bereits in Essen. Onkel Theo hatte an alles gedacht. Ein Zimmer bei der Bergarbeiterwitwe Hedwig Czirnowski. In einem Ziegelhaus in der Bergmannskolonie. Das Zimmer vier mal vier Meter, mit einem Bett, einem Schrank, einem Tisch und drei Stühlen. Und einem Bücherregal, auf dem ein paar Bücher standen. Die Bibel, John Knittel, Ganghofer, der Dr. Schiwago und ein Roman von Konsalik.
    Bob Barreis schüttelte sich wie ein Hund voller Flöhe.
    Das ist meine neue Welt, dachte er und setzte sich aufs Bett. Und ihr glaubt in Vredenhausen, daß ich so etwas schlucke? Mein liebes Onkelchen, dir werden die Augen aus dem Kopf fallen!
    Schon morgen ziehe ich aus, Essen zu erobern.
    Wo ein Bob Barreis auftaucht, spucken die Vulkane …
    Marion Cimbal war Bardame und Tänzerin in der Bar ›Pedros Saloon‹. Sie hieß wirklich Cimbal und hatte nichts zu tun mit Pußta, Zimbalklängen und Zigeunerromantik. Im Gegenteil – sie war ein durchaus cleveres Mädchen, die wußte, was sie wert war, und die genau die Brieftaschen unterschied, die vor ihr an der Theke hockten und ihr in den Ausschnitt glotzten.
    Das Auftauchen von Bob Barreis hatte sie bereits am zweiten Tag erfahren. Bob rief sie in der Bar an, aber gekommen war er noch nicht. Erst nach einer Woche besuchte er sie, schön wie immer, in einem grauen Anzug, einem rosa Hemd und einer fröhlichen, bunten Popkrawatte.
    In dieser Woche hatte er gearbeitet, unten in den Kellern der Bank, umgeben von Bündeln alter Akten und Korrespondenz. Eine Ratte, die Staub fraß. Onkel Theodor rief nach dieser Woche bei Keitell & Co. an und erfuhr Erstaunliches. Bankier Keitell sagte:
    »Der junge Mann ist fleißig, willig und immer freundlich.«
    »Das wirft mich um«, antwortete Haferkamp verblüfft. »Was macht er denn?«
    »Er sortiert die unwichtige, zehn Jahre alte Korrespondenz aus und vernichtet sie in der Papierzerkleinerungsmaschine.«
    »Eine vorzügliche Arbeit!« Der Sarkasmus Haferkamps troff aus dem Hörer. »Im Zerstören war Bob immer ganz vorne. – Ist er morgens pünktlich?«
    »Auf die Minute.«
    »Und seine Sauferei?«
    »Keinerlei Anzeichen«, sagte Bankier Klotz, der am zweiten Hörer mithören und sprechen konnte. »Er sieht immer frisch und ausgeruht aus.«
    »Das will nichts heißen.« Haferkamp lachte böse. »Ob Bob vierundzwanzig Stunden schläft oder vierundzwanzig Stunden Horizontalgymnastik treibt – am Morgen sieht er immer aus wie ein Barockengelchen. Auf jeden Fall arbeitet er!«
    »Ja. Und umsichtig, müssen wir sagen.«
    Haferkamp legte beunruhigt auf. Bobs Wandlung irritierte ihn. Es braut sich wieder etwas zusammen, dachte er düster. Ich spüre es … es ist die unheimliche Stille, die vor jedem Taifun auftritt. Die Natur hält den Atem an vor dem kommenden Entsetzen. Nicht anders kann man Bobs Ruhe betrachten. Von einem Tag zum andern wird aus einem Tiger kein Vegetarier.
    Haferkamps Ahnungen schienen Form anzunehmen, als Bob nach einer Woche in ›Pedros Saloon‹ auftauchte. Er begrüßte Marion Cimbal wie eine alte Freundin, gab ihr einen Kuß, faßte sie um die Hüften und sagte mit seiner samtweichen Stimme: »Heute abend bin ich genau in der Stimmung, dich zu vernaschen! Was hältst du davon?«
    »Gar nichts.« Marion lächelte ihn an, und das war weder abwehrend noch eine Form von Beleidigtsein. »Heute geht es nicht.«
    »Warum? Unpäßlich?«
    »Blödsinn. Wir haben heute Club-Abend.«
    »Was habt ihr?«
    »Hier haben sie einen Club gegründet. Jeden Samstag kommt er zusammen im grünen Salon. Lauter tolle Knaben. Typen wie du … reiche Väter und voller Langeweile.«
    »Das ist aber kein Kompliment.« Bob Barreis setzte sich auf den Barhocker und tippte mit dem Zeigefinger auf eine Flasche Wodka. Marion goß ein Glas voll ein. »Ich arbeite jetzt.«
    »Bei welchem Girl?«
    »Bei Keitell & Co. Bankhaus seit 1820. Für 645 Mark im Monat.«
    »Du?« Marion

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