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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stände sie nackt in einem Kühlhaus. Bob hatte sie vom Dienst an der Bar freigekauft … es hatte ihn zweihundert Mark gekostet, den dritten Teil des ›Bewegungsgeldes‹, das ihm Onkel Theodor mitgegeben hatte. Alle Scheckbücher waren kassiert worden, die Eigenkonten wurden gesperrt. Bob Barreis war ein armer Hund geworden.
    »Angst?« fragte Bob und drückte Marions Kopf an sich. Sie nickte und umfaßte seinen Nacken.
    »Es ist das erste Mal, Bob«, flüsterte sie. »Ich habe nur immer zugeschaut. Wie … wie wird es werden?«
    »Das weiß man nie. Aber wir werden in einen Zaubergarten kommen …«
    »Wir werden heute glücklich sein, Freunde«, sagte Tschocky laut. »LSD in Verbindung mit Zucker schafft die schönen Träume. Im Gegensatz zu den Trips, die man mit Hilfe von Löschpapierstreifen macht, in denen man das LSD aufgesogen hat. Warum das so ist, weiß ich nicht. Anscheinend findet in der Verbindung mit Zucker eine chemische Reaktion statt.«
    »Halt das Maul, Tschock!« rief Vordemberg aus seiner Ecke. »Verdammt, sei still. Ich … ich …« Er begann zu zucken, schloß die Augen und grunzte hell wie eine junge Sau.
    »Er schwebt –« Tschocky blickte zu Bob hinüber. »Du hast noch nie LSD genommen?«
    »Nein. Es war mir zu blöd. Aus einer Welt zu flüchten, die normal so schön ist! Warum? Die Sonne an der Riviera kann einem keine LSD-Reise ersetzen.«
    »Aber es ist immer die gleiche Sonne. Die gleiche Welt. Langweilig bis zum Kotzen. Mit LSD aber eroberst du den Himmel.«
    »Ich laß mich überraschen.«
    Bob Barreis spürte, wie sein Körper langsam alle Schwere verlor, wie der Druck von Marions Kopf an seiner Brust sich verlor, wie die Lampe mit der getönten Birne größer und größer wurde, ins Grandiose wuchs, zu einer leuchtenden Apfelsine, aus der das Licht tropfte wie dicker, süßer Saft.
    Verdammt, dachte er. So ist das also. Man schwebt … die Dinge wachsen ins Gigantische … Er hörte neben sich ein süßes Stimmchen. Marion. Was sie rief, verstand er schon nicht mehr. Er spürte nur, wie sie über seinen Mund wischte, mit einem Tuch, das nach Flieder roch. Dann schüttelte ihn jemand und schrie ihm in die Ohren. Er lächelte und machte mit seinen Armen Schwingbewegungen. Ein Vogel bin ich. Ein Vogel. Oh, dieser Himmel. Violettes Kristall, eine geschliffene Wolke, Unendlichkeit voll Gesang, der wie goldener Schnee auf ihn herunterrieselte.
    Bob Barreis lag auf der Polsterbank und zuckte. Aus seinen Lippen tropfte Speichel, die Augen starrten an die Zimmerdecke, und Verzückung verklärte sein Gesicht. Marion Cimbal lag über ihm und trocknete ihm den Mund ab, schrie seinen Namen in seine Ohren und schüttelte ihn.
    »Er stirbt!« schrie sie. »Er stirbt! Hilfe! Helft mir doch! Hilfe!«
    Sie wollte aufspringen, aber ihre Beine waren wie aus nassen Handtüchern gerollt. Sie fielen zusammen und flatterten dann von ihr weg. Entsetzt sah sie, wie sie sich in der Mitte des Zimmers wieder zusammenfügten und nun allein, abgetrennt vom Körper, grazile Tanzschritte ausführten.
    »Hilfe!« schrie sie wieder. »O Mutter! Mutter! Hilf mir …«
    Dann trug sie der Wahn weit weg, löschte ihren Geist aus, verwandelte die Welt und schuf neue Dimensionen.
    Bob Barreis zuckte noch immer, als durchjagten ihn elektrische Stromstöße. Der verklärte Ausdruck seines Gesichts spiegelte sein Erlebnis wider. Ein Paradies öffnete sich ihm …
    Ein Land aus schillernden Kristallen … Bäume aus Glas … Gräser aus wiegenden Orchideen … Und er war ein Wolf … ein Wolf, so groß wie ein Kalb … ein herrlicher, goldbestäubter Wolf, in dem die Urkraft der Natur tobte. Und Hasen jagte er … Hasen aus Rosenknospen mit Mädchenköpfen und Mädchenbrüsten … Sie sprangen vor ihm her … über die kristallene Erde … die Sonne durchleuchtete sie … er sah ihr Herz pulsen … einen riesigen Rubin … Und er rannte hinter ihnen her, brüllend vor Lust, vor Gier, vor Freude … Aber die Hasen mit den Mädchenköpfen und Mädchenbrüsten zerschmolzen zu Wasser, sobald er sie faßte … sie lösten sich auf in eine Pfütze, wenn er sich auf sie warf mit einem Schrei der Brunft … Nur Wasserpfützen … überall Wasserpfützen … duftend nach Rosen … Da wälzte er sich in diesem Naß, rollte sich durch die Feuchtigkeit der aufgelösten Mädchenhasen … und plötzlich schrumpfte er zusammen … wurde kleiner, immer kleiner, ein Wolf, so groß nur noch wie eine Hummel, widerlich armselig, in den

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