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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wohnungstür. Sie bewohnte ein kleines Einzelzimmerapartment am Rand von Bad Aachen, eine Betonschachtel, deren vier Ecken vier Zimmer bedeuteten: eine Küche, ein Wohnzimmer, eine Schlafnische und ein Arbeitszimmer. In der Mitte hing von der Decke eine Sesselschale aus Peddigrohr: der Freizeitraum.
    »Sie?« sagte Eva Kottmann gedehnt, als sie öffnete. Hinter einem großen Rosenstrauß lächelte das Gesicht von Bob Barreis. Es war wie ein süßes Botticelli-Bild: Engelchen zwischen Rosen. »Wo kommen Sie denn her?«
    »Darf ich zunächst eintreten?« fragte Bob.
    Sie gab die Tür frei, er ging in die Wohnung und legte den Rosenstrauß in den Hängesessel. Ein schneller Rundblick genügte ihm. Eva Kottmann war zwar ein hübsches, kluges Mädchen, aber sie war auch ein armes Mädchen. Vater Volksschullehrer, erinnerte er sich. Stockt ihren mageren Monatswechsel mit Privatstunden in Englisch auf. Das macht vieles leichter, dachte er zufrieden.
    »Sie überraschen mich wirklich«, sagte sie. Ein wenig ratlos lehnte sie an der Tür und blickte auf die dickköpfigen Rosen. Hellmut sagte doch, er sei in Sizilien, durchfuhr es sie. Nun ist er hier. Und Hellmut ist nach Sizilien geflogen? Oder war es nur eine Ausrede auf Bobs Kosten? War Hellmut gar nicht nach Italien geflogen?
    Mißtrauen quoll in ihr auf. Plötzlich spürte sie einen dumpfen Druck auf dem Herzen.
    Bob Barreis lächelte sie an. Seine Samtaugen streichelten sie förmlich.
    »Habe ich Ihnen nicht versprochen, Eva, Sie zu besuchen?« sagte er.
    »Ich habe es nicht ernst genommen. Aber warum sind Sie nicht auf Sizilien?«
    »Sizilien?« In Bobs Augen stand ehrliche Verwunderung. »Was soll ich denn dort?«
    »Hellmut ist nach Catania geflogen, um Sie zu suchen.«
    Nichts in Bobs Gesicht verriet, welchen Triumph er in diesen Minuten genoß. Jetzt werde ich euch alle aufs Kreuz legen, dachte er, während seine sanften Augen tiefste Verblüffung widerspiegelten. Verdammter Onkel Theodor, du hast Hellmut zum letztenmal als Feuerwehr eingesetzt.
    »Das muß ein Irrtum sein«, sagte Bob. »Ich war vor zwei Jahren auf Sizilien. Von da an nicht mehr …«
    »Aber Hellmut …« Eva Kottmann strich sich die Haare aus der Stirn. Ihre Verwirrung war so groß, daß sie Bobs heruntergezogene Mundwinkel übersah. »Er ließ mich aus dem Hörsaal holen und erzählte mir …«
    »Hellmut hat Sie belogen, Eva.« Bobs Stimme war weich wie ein Celloklang. »Ich habe ihn gestern gesehen … er ist in Cannes … Zur Abwechslung bevorzugt er schwarze Langmähnige …«
    Das war ein Blattschuß. Bob erkannte es, als Eva die Lippen zusammenkniff.
    Ich werde meine Wette gewinnen, dachte er zufrieden. Und dann werden wir Feinde sein, wie es sie noch nie gegeben hat.
    Ich hasse dich, du ewiger Lebensretter. Du wandelndes Gewissen. Du guter Mensch!
    Ehe ich an deiner Moral ersticke, schlagen wir uns lieber die Schädel ein …

5
    Wie versteinert stand Eva Kottmann am Fenster und starrte auf die Straße. Ganz nahe an der Gardine stand sie, das Gesicht gegen das Gittermuster. Das Schweigen, das zwischen ihr und Bob Barreis lag, war drückend und beklemmend. Vielleicht vier Minuten stand sie so da, stumm, mit geschlossenen Augen. Bob unterbrach diese Stille nicht … er wußte, daß in diesen Sekunden des Schweigens das Bild Hellmut Hansens, das Eva in ihrem Herzen trug, zerrissen wurde. Das war ein Triumph, den er körperlich wie ein wundervolles Prickeln verspürte. Er setzte sich, schlug die Beine übereinander und steckte sich eine Zigarette an. Das Knacken des Feuerzeuges riß Eva herum. Ihre blauen, großen Augen waren eine einzige Forderung.
    »Sie lügen!« sagte sie laut.
    Bob Barreis hob die Hand mit der brennenden Zigarette. »Stop, schöne Eva. Bob Barreis mag zwar einen schlechten Ruf haben – und der ist auch nur von denen aufgebaut worden, die ihn maßlos beneiden bis zum Haß –, aber eins hat er noch nie getan: in ernsten Situationen ein schönes Mädchen belogen. Das war immer meine Stärke: Ehrlichkeit. Ich habe nie, wenn's sein mußte, gesagt: Baby, ich liebe dich … sondern immer nur: Mit dir möchte ich ins Bett gehen! Da weiß man sofort, was ist, wird und ferner sein wird.«
    »Gehört das überhaupt hierher?« fragte Eva mit deutlicher Abwehr.
    »Nur als Beispiel. Warum sollte ich Sie belügen, Eva?« Bob lehnte sich zurück. Er betrachtete Eva Kottmann mit den Blicken eines Kenners, dem weibliche Schönheit in einem solchen Ausmaß angeboten wird, daß er auf

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