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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kleinste Einzelheiten und Unterscheidungen Wert legt. Die Form der Fesseln, die schlanke Rundung der Brüste und ihr Übergang zur Schulter. Details, in denen der Zauber der Schönheit liegt, die Vollkommenheit weiblicher Natur. Eva Kottmann erschien ihm schön, aber nicht aufregend. Sie war nicht der Typ, den sich ein Bob Barreis ins Bett holte … aber sie war genau die Frau, an der ein Mensch wie Hellmut Hansen mit allen Fasern seiner Seele hing, und deshalb auch ein Mittel, Hansen zu zerstören.
    »Was hätte ich davon?« fragte Bob Barreis teuflisch. »Sie lieben Hellmut …«
    »Ja! Und deshalb glaube ich nicht …«
    »Blablabla, Eva! Glaube ich nicht! Sehen muß man es! Kommen Sie mit nach Cannes. Beobachten Sie Hellmut, wie er leichtfüßig vor lauter heraussprudelndem Charme um seine Begleiterin herumtanzt. Ein Pfau auf der Balz. Wenn Sie wollen … ich nehme Sie gern mit an die Riviera.«
    »Und … und Hellmut hat Sie nicht gesehen?«
    »Ich bitte Sie! Als ich ihn ankommen sah, bin ich auf Tauchstation gegangen. Rein in ein Café und hinter die Scheibe geduckt. So ein Lümmel, habe ich noch gedacht. Wie kommt er allein nach Cannes? Was hat er dem guten Onkel Theo vorgelogen? Und Ihnen … Verzeihung.« Bob Barreis deutete eine Verbeugung im Sitzen an.
    Das war ein Trommelfeuer von Giftpfeilen, dachte er zufrieden. Das schießt jede Festung reif. Er vermied es, Eva anzusehen, rauchte seine Zigarette und betrachtete nur die glimmende Spitze.
    »Wann fahren Sie, Bob?« fragte sie plötzlich. Barreis' Engelsgesicht verklärte sich.
    »Morgen schon …«
    »Und Sie nehmen mich mit?«
    »Es wird die schönste Reise in den Süden sein, die ich jemals unternahm.«
    »Lassen Sie das!« sagte sie abweisend. Ihre Finger spielten nervös miteinander, verkrampften sich und zupften dann sinnlos an ihrem Kleid herum. »Wann holen Sie mich ab?«
    »Morgen früh um neun?«
    »Dann werden wir unterwegs übernachten müssen?«
    »Sicherlich«, sagte Barreis harmlos. »Vielleicht in Grenoble. Bin ich ein Mann zum Fürchten? Ich verspreche Ihnen, keinen Lustmord zu begehen …«
    Er lächelte dabei, aber dieses Lächeln war überhaucht von Grausamkeit. Eva Kottmann erkannte es nicht … sie lächelte zurück, als sei die Bemerkung wirklich witzig gemeint. Doch dann fiel wieder ein Vorhang von Traurigkeit über ihre Augen.
    »Was soll ich eigentlich in Cannes?« fragte sie leise. »Warum soll ich das alles sehen?«
    »Ich habe mir immer wieder von Männern, die es wissen müssen, erzählen lassen, daß Frauen um ihre Liebe kämpfen können. Selbst habe ich das noch nie erlebt, denn um mich braucht man nicht zu kämpfen, ich bin allezeit bereit, und auch ich habe noch nie um eine Frau gekämpft, wenn sie mir gefiel. Ich streckte die Hand aus und hatte sie wie ein gezähmtes Vögelchen. Aber Sie sind anders, Eva, und Hellmut erst recht … bei Ihnen sitzt die Liebe nicht im Unterleib, sondern wirklich im Herzen, obgleich das Herz nichts anderes ist als ein dämlicher, immer zuckender Muskel. Es klingt nur romantischer: das liebende Herz.« Er zerdrückte seine Zigarette in dem gläsernen Aschenbecher vor sich und schlang die Arme um sein angezogenes Knie. »Ich will Ihnen doch nur helfen, Eva … und Hellmut auch. Er ist ein so guter Kerl und Freund … aber einmal rutscht der beste Eisläufer aus –«
    »Also gut. Morgen um neun!« Eva Kottmann streckte Bob die Hand hin. Er mußte aufspringen, auch wenn er seinen Besuch noch nicht befriedigend abgeschlossen sah. »Sind Sie mir böse, wenn ich Sie bitte, mich jetzt allein zu lassen? Das Herz …« Sie lächelte gequält. »… Sie haben es eben selbst gesagt …«
    »Eigentlich wollte ich mit Ihnen essen gehen.«
    »Jetzt nicht. Bitte –«
    Ihre Stimme war klein und kläglich wie bei einem verwirrten Kind, das nach dem Weg fragt. Barreis nahm ihre schlaffe Hand, küßte sie und stellte verwundert fest, daß sie nach Maiglöckchen roch. Er mochte Maiglöckchen. Es war ein Geruch süßer Verschwendung. Zum erstenmal hatte er es gerochen, als Tante Ellen ihm bewies, welche Qualitäten in einer reifen, hungrigen Frau stecken. Damals war er sechzehn. Von da an begleitete ihn der Maiglöckchenduft durch sein ganzes Leben. Es war erstaunlich, wie viele schöne Frauen diese Duftnote bevorzugten, und es war noch erstaunlicher, daß Bob Barreis bei diesem Geruch seine sieghafte Überlegenheit verlor und in die Körper dieser Frauen hineinkroch wie eine Made.
    »Maiglöckchen …«,

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