Ein Mann wie Mr Darcy
zum Abendessen gedeckt, aber ich kann mich nicht erinnern, dass Kerzen angezündet worden wären.
»Haben Sie sich verirrt?« Seine Stimme ist tief und sanft. Während er ein schmales Buch in den Schaukasten in der Ecke zurückstellt, dreht er sich zu mir um.
»Äh...«, stammele ich. Aus der Nähe kann ich nicht übersehen, dass er diese sexy Spalte im Kinn hat, wie man sie vom einen oder anderen Filmstar kennt. Ich glaube nicht, dass ich im wahren Leben so etwas je bei einem Mann gesehen habe. »Na ja, verirrt würde ich nicht gerade sagen«, fange ich an. »Ich bin mit einer Reisegruppe hier …«
»Eine Reisegruppe?«, wiederholt er mit gerunzelter Stirn.
Ich nicke. »Ja, eigentlich wollte ich ja auch nur frische Luft schnappen...«, erkläre ich und zeige nach draußen, wo es in Strömen gießt. »… aber das war, bevor es angefangen hat zu regnen.«
Nur dass es nicht regnet. Überrascht bemerke ich, dass es inzwischen schön ist. In breiten Streifen fällt die Wintersonne durch die Fensterscheiben und erhellt die Tapeten an den Wänden.
Tapeten, die vorhin noch so verblichen und alt ausgesehen haben, wirken jetzt so lebendig und farbig, als seien sie erst gestern angebracht worden … Und es ist auch viel wärmer, fällt mir auf. Dabei war es vorhin recht kühl.
Dann sehe ich, dass im Kamin ein Feuer brennt. Ich könnte schwören, dass das vorhin noch nicht entfacht war.
»Jemand hat ein Feuer angemacht«, stelle ich fest. Oder irre ich mich, und es hat vorhin doch schon gebrannt? Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht mehr erinnern, so durcheinander bin ich.Vage nehme ich einen klopfenden Schmerz hinter meiner Stirn wahr und presse mir die Fingerspitzen an die Schläfen. Das muss der Jetlag sein. Mein Kopf fühlt sich schwammig an, wie in Watte gepackt. Ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Ich versuche, mich zusammenzureißen.
»Ja, ich habe den Hausdiener angewiesen«, erklärt er mit ausdrucksloser Miene. »Am Spätnachmittag wird es hier recht kühl.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Ich nehme meinen Schal ab und will ihn gerade zusammenfalten, als mir etwas auffällt. Hat er gesagt, er habe den Hausdiener angewiesen? Als wäre dies sein Haus.
Allmählich dämmert es mir. Oh Mist. Typisch für mich. Wahrscheinlich ist er der Eigentümer von Chawton Manor. Sind nicht all die großen repräsentativen Anwesen und historischen Gebäude in Privatbesitz und werden nur für Besucher geöffnet, um die Unterhaltskosten zu decken? Meine Güte, wahrscheinlich ist er sogar ein Mitglied des britischen Adels oder so.Was zumindest die seltsamen Klamotten erklären würde, denke ich, während ich ihn unsicher aus dem Augenwinkel ansehe. Wahrscheinlich war er gerade jagen oder angeln oder so etwas.
»Oh, tut mir leid, das wusste ich nicht«, sage ich. »Ich wusste nicht, dass Sie hier wohnen. Ich wollte nicht stören …«
Seine dunklen Augen wandern über mich hinweg wie Suchscheinwerfer, und schlagartig wird mir bewusst, dass ich wieder meine Haare zwirbele, wie immer, wenn ich mich zu jemandem hingezogen fühle. Ich höre sofort damit auf und kreuze verlegen die Arme vor der Brust.
»Das tun Sie nicht. Ich bin ebenfalls nur zu Besuch hier.«
»Wirklich?« Eine Welle der Erleichterung erfasst mich.
»Volltreffer! Ich auch.« Lächelnd strecke ich die Hand aus.
»Ich bin Emily.«
Er scheint ein wenig überrascht von der Art, wie ich mich vorgestellt habe, und einen Moment lang herrscht betretenes Schweigen. Mist.Wahrscheinlich bin ich zu geschwätzig. Das passiert mir manchmal, wenn ich nervös bin. Und er scheint ein bisschen schüchtern zu sein.
»Verzeihen Sie mir«, entschuldigt er sich. »Ich habe mich selbst noch gar nicht richtig vorgestellt.«
Mit wehenden Rockschößen tritt er vor und verneigt sich höflich vor mir, ohne meine ausgestreckte Hand zu beachten. Dann hebt er den Kopf und blickt mich mit den strahlendsten samtbraunen Augen an, in die ich je gesehen habe.
»Ich bin Mr. Darcy.«
Acht
B estürzt starre ich ihn an.
Was zum …?
Einen Moment lang bin ich zu verblüfft, um irgendetwas zu erwidern. Ich weiß nicht, wie ich reagieren soll.
Dann breche ich in Gelächter aus.
»Oh, haha, sehr witzig! Jetzt hab ich’s kapiert.« Ich grinse breit. »Das ist eines dieser Museen mit Leuten, die sich in Kostüme werfen und Rollenspiele machen, und Sie sind einer davon, richtig?«
Mit einem Mal ergibt alles einen Sinn. Die Kleidung. Seine Förmlichkeit. Die merkwürdig altmodische
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