Ein Mann wie Mr Darcy
mit einem anzüglichen Unterton hinzu und strecke ihm die Hand entgegen. Er wirft einen Blick auf sie, dann neigt er den Kopf. »Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite, Miss Emily«, sagt er, während sein Blick noch immer auf mir ruht.
Okay, jetzt ist es amtlich. Ich bin verschossen. Über beide Ohren verknallt wie ein Teenager.
Einen Moment lang stehe ich da, möchte noch nicht gehen, weil ich weiß, dass ich ihn nie wieder sehen werde, obwohl mir klar ist, dass ich gehen muss. Andererseits kann ich hier nicht den ganzen Tag lang stehen bleiben und ihn einfach nur anstieren, oder? Ich muss mir zumindest ein Minimum von Coolness bewahren. Ich bin eine 29-jährige New Yorkerin, Geschäftsführerin einer Buchhandlung, erwachsen, mit Pensionsplan und den ersten Anzeichen hauchfeiner Linien um die Augen. Ich kann mich nicht wie ein liebeskranker Teenager aufführen.
Auch wenn ich mich im Augenblick genauso fühle.
Ich werfe mein Haar über die Schulter – eine Geste, von der ich hoffe, dass sie ebenso weltgewandt wie lässig wirkt -, mache kehrt und durchquere mit entschlossenen Schritten den Raum. Ich öffne die Tür, ehe ich einen letzten Blick über die Schulter werfe. Er hat sich an den kleinen Schreibtisch gesetzt, sodass seine Gestalt in das schwindende Sonnenlicht getaucht ist. Oh, er muss das Absperrseil abgenommen haben, denn es ist verschwunden. Kerzengerade sitzt er auf dem Stuhl, taucht seinen Federkiel in die Tinte und klopft die Spitze behutsam am gläsernen Hals des Fässchens ab. Offensichtlich hat er irgendwo ein paar Blatt Papier gefunden, denn er beginnt mit ruhiger Hand seinen Brief zu schreiben. Ich muss gestehen, ich bin beeindruckt. Das muss man dem Museum lassen. Dieser Kerl ist verdammt realistisch. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man glatt denken, er wäre der leibhaftige Mr. Darcy.
»Da sind Sie ja.«
Ich trete auf den dunklen Korridor und lande geradewegs in der warmen Armbeuge eines Cordjacketts.
»Mmmpff …« Ich stoße einen erstickten Schrei aus und weiche erschrocken zurück.
Klar. Spike Hargreaves Cordjackett. »Oh … hi«, murmele ich und streiche hastig mein zerzaustes Haar glatt.
»Wo zum Teufel haben Sie denn gesteckt?«
»Das geht Sie verdammt noch mal nichts an«, erwidere ich. Er mustert mich finster. »Tja, leider doch. Ich soll nämlich nach Ihnen suchen.« Ich höre die Ungeduld in seiner Stimme. »Das Museum schließt gleich. Alle sitzen im Bus und warten auf Sie.«
Verdammt. Schuldgefühle überkommen mich. Es ist mir egal, was Spike von mir denkt, bei den anderen dagegen nicht. »Ich habe mich verirrt«, rechtfertige ich mich.
»Verirrt?«, wiederholt Spike mit vor Spott triefender Stimme. »Verflixt noch eins, Frauen«, murmelt er kopfschüttelnd.
»Und ich habe mit Mr. Darcy geredet«, füge ich hinzu. Ich kann einfach nicht widerstehen.
Spike sieht mich an, als wäre ich endgültig verrückt geworden. »Ja, klar, sonst noch was.«
»Sie brauchen es ja nicht zu glauben, wenn Sie nicht wollen.« Ich zucke die Achseln. »Aber offensichtlich hat das Museum jemanden eingestellt, der sich als Mr. Darcy verkleidet hat.Vielleicht sollten Sie ihn mal interviewen. Für Ihren Artikel.« Ich lächle. »Sie können ihn ja mal fragen, wie es ist, der Schwarm aller Frauen zu sein.« Mein Blick fällt auf Spikes Bauch, der sich unter seinem verknitterten Hemd wölbt. Reflexartig zieht er ihn ein. »Er ist hier drin, im Salon.«
Ich sehe, dass Spikes Interesse erwacht ist, auch wenn er es niemals zugeben würde. Ich wende mich zum Gehen. »Wollen Sie mich verkohlen?«, ruft er mir nach.
Ich drehe mich um und ertappe ihn dabei, wie er seine Hemdzipfel in die Hose steckt, jedoch augenblicklich davon ablässt, als er meinen Blick sieht.
»Ich?« Ich gebe vor, zutiefst schockiert zu sein. »Als würde ich so etwas jemals tun.« Ich drehe mich um und gehe davon.
Eins. Zwei. Drei.
Verstohlen blicke ich über die Schulter und erhasche einen Blick auf Spike, der seinen Notizblock aus der Tasche kramt und den Stift hinter seinem Ohr hervorzieht. Er verschwindet im Salon, ganz der selbstsichere Journalist, wie ich ihn kenne.
Auf Zehenspitzen pirsche ich den Korridor entlang und warte vor dem Salon, um an der Tür zu lauschen. Doch -
»Ha, ha, sehr witzig«, schnaubt Spike beleidigt, der unvermittelt vor mir steht und mich beim Horchen erwischt. Erschrocken mache ich einen Satz, während er mich mit einem verächtlichen Blick straft.
»Was meinen Sie damit?«,
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