Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann wie Mr Darcy

Ein Mann wie Mr Darcy

Titel: Ein Mann wie Mr Darcy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Potter Alexandra
Vom Netzwerk:
und noch mehr Gutenachtwünschen als bei den Waltons gehen alle zu Bett.
    Das Problem ist nur, dass ich überhaupt nicht müde bin. Kein bisschen. Nach meinem kurzen Durchhänger am Nachmittag bin ich hellwach und unternehmungslustig. Das ist der Jetlag. In New York ist es jetzt vier Uhr nachmittags, weshalb Schlafengehen so ziemlich das Letzte ist, wonach mir der Sinn steht. Das ist mein erster Abend in England, und ich will ausgehen, die Umgebung erkunden, den Touristen spielen. Okay, es ist neun Uhr abends, und ich sitze hier irgendwo in der englischen Einöde, aber irgendetwas muss es doch hier geben.
    Ich sehe mich im Saal um, der bis auf ein Häuflein schwarzer After-Eight-Papierchen auf dem Tisch und eine alte Standuhr, deren rhythmisches Ticken als einziges Geräusch die Stille durchbricht, leer ist. Plötzlich habe ich eine tolle Idee. Natürlich! ›Ye Olde‹, der Dorfpub.
    Freudige Erregung durchströmt mich.
    Es ist nur zehn Minuten Fußweg von hier. Ich könnte auf einen Drink vorbeisehen. Einheimische kennen lernen … Unvermittelt kommt mir diese Szene aus American Werewolf in den Sinn. Sie wissen schon, welche. Die im Hochmoor, wo er in den Pub geht und ihn alle Einheimischen ignorieren.
    Ich spüre, wie meine Zuversicht ins Wanken gerät.
    Quatsch, Emily, das ist doch albern.Wenn Frauen allein in Einbäumen den Amazonas hinunterfahren können, wirst du es wohl in den örtlichen Pub schaffen.
    Entschlossen mache ich mich auf den Weg zur Rezeption. Es wird bestimmt toll. Ich bin sicher, alle werden wahnsinnig nett und gastfreundlich sein, sage ich mir. Obwohl es gewiss lustiger wäre, nicht allein hinzugehen.
    »… hier ist deine Tante. Ich wollte mich nur melden, um kurz Hallo zu sagen …«
    Ich sehe in die Richtung, aus der die leise Stimme gekommen ist, und sehe Maeve in der Telefonzelle in der Lobby stehen.
    »… ja natürlich, du musst los. Okay, ich versuche es morgen wieder. Bis dann …«
    Nach ein paar Küssen in die Leitung legt sie den Hörer auf die Gabel. Einen Augenblick lang steht sie da, die Hand noch immer auf dem Hörer, offenbar tief in Gedanken versunken. Auf ihrem Gesicht liegt ein tieftrauriger Ausdruck. Plötzlich scheint sie meine Anwesenheit zu spüren und blickt auf.
    »Oh, hallo...« Sie zieht ihre Strickjacke fester um sich und lächelt verschämt. »Ich habe Sie gar nicht bemerkt.«
    »Ich wollte nur meinen Mantel holen«, sage ich mit einer Geste in Richtung Treppe. »Ich wollte einen Spaziergang machen. Den Dorfpub erkunden.«
    »Ach so.«
    Eine Pause entsteht. Ich frage mich, ob ich sie einladen sollte, mich zu begleiten. Eigentlich möchte ich es nicht, aber es wäre eben höflich. Okay, sie scheint nett zu sein und so, aber ich fürchte, ich weiß nicht, worüber ich mit ihr reden sollte, weil wir keinerlei Gemeinsamkeiten haben. Na ja, abgesehen von der Tatsache, dass wir beide Single sind, fällt mir beim Anblick ihres Ringfingers auf, an dem kein Ehering steckt. Vorhin habe ich versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen, aber sie hat kaum etwas gesagt.
    Andererseits wäre es gemein, nicht zu fragen. Außerdem bin ich sicher, dass sie sowieso Ja sagen wird. »Haben Sie Lust, auf einen Drink mitzukommen?«
    So. Zumindest habe ich gefragt.
    »Ach, nein«, antwortet sie hastig und scheint sich förmlich in ihren Rollkragenpullover zurückzuziehen. »Nein, ich denke nicht … aber vielen Dank.«
    Siehst du.
    »Okay, dann gute Nacht.« Ich nicke ihr zu und gehe Richtung Treppe.
    Auf halber Höhe höre ich ihre Stimme. »Emily, stimmt’s?«
    Ich drehe mich um und sehe Maeve am Fuß der Treppe stehen und ihre Hände kneten. »Ich hab mich nur gefragt …«, beginnt sie nervös. »Wegen dieses Drinks.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde bereue ich, dass ich gefragt habe, unterdrücke den Impuls jedoch eilig.
    »Haben Sie Ihre Meinung geändert?«, frage ich mit einem freundlichen Lächeln.
    Augenblicklich entspannen sich ihre Züge. »Na ja, ein Sherry wäre vielleicht ganz nett -«
    »Cool«, antworte ich.
    So werde ich also meinen ersten Abend in England verbringen. Maeve und ich, die sich ein, zwei Gläschen Sherry im hiesigen Pub genehmigen. So viel zum Thema wilde Mädels, denke ich düster. Doch dann spüre ich ein Kichern aus meiner Kehle aufsteigen.Wenn Stella mich jetzt sehen könnte – sie würde sich totlachen. Sie, im Bikini am Strand in Mexiko, mit jeder Menge Tequila und ausgelassen feiernd, und ich hier, in meinem alten Pulli mit einer Gruppe Senioren

Weitere Kostenlose Bücher