Ein Mann wie Mr Darcy
sehnsüchtig, dieses glückliche Paar, während sich ein leiser Hoffnungsschimmer in mir rührt, dass es irgendwo da draußen noch ein paar anständige Typen geben muss, dann schaue ich zurück zum Tisch. Spike, der drauf und dran ist, seinen Stoß auszuführen, lehnt sich so weit über den Tisch, dass sein Bauch beinahe das Tuch berührt. Nein – iiiihhhh – er tut es tatsächlich.
Bei dem Anblick schiebt sich unvermittelt das Bild des Fremden vor mein geistiges Auge, dem ich an diesem Nachmittag im Museum begegnet bin. Ich wette, sein Bauch würde nicht den Tisch berühren, denke ich und stelle mir das Waschbrett vor, das er zweifellos unter seinem Hemd verbirgt.
Ich sehe, wie Spike den Queue durch seine Finger gleiten lässt.
Er hat abgekaute Fingernägel. Ich hasse abgekaute Fingernägel. Das ist ein weiteres Detail, das ich von dem Mann im Museum im Gedächtnis behalten habe. Er hatte wunderschöne Hände, mit langen Fingern wie ein Pianist. Ja, ja, ich weiß, das Thema Männer sollte eigentlich für mich erledigt sein, aber dieser war anders. Er hatte etwas, wie soll ich sagen, etwas Würdevolles an sich.
Ganz anders als Spike, der gerade ein Grunzen von sich gibt wie ein Schwein.
Was für ein ordinärer Kerl, denke ich, während mir ein leiser Rülpser entfährt. Oh,Verzeihung. Dieser Cider hat mich ziemlich aufgebläht.
»Ufff.« Mit einem neuerlichen Grunzlaut zielt Spike auf die weiße Kugel, verfehlt sie jedoch und trifft stattdessen die schwarze.
»Mist«, stöhnt Lee, doch seine Stimme geht in Cats Triumphschrei unter, der wie ein Vulkan aus ihr herausbricht, während sie sich auf mich stürzt.
»Juhuhuuu, wir haben gewonnen, wir haben gewonnen!«
»Na bitte«, rufe ich und schlage mit Cat ab.
Sie lacht begeistert. »Oh, wie ich das an euch Amerikanern liebe!«
»Ja, ich weiß«, erwidere ich lachend, obwohl ich ehrlich gesagt so gut wie nie mit jemandem abklatsche, und in Wahrheit nicht einmal genau sagen kann, was mich in diesem Moment überkommen hat.
»Ich finde, das ist einen Drink wert«, verkündet Cat. »Ihr seid dran, Jungs.«
In diesem Augenblick klingelt eine Glocke zweimal. Wie seltsam.Vor fünf Minuten glaubte ich, schon einmal eine Glocke gehört zu haben. »Tut mir leid, aber das war’s, keine Bestellungen mehr«, erklärt Lee grinsend. »Ihr wart nicht schnell genug.« Er bemerkt meinen verwirrten Gesichtsausdruck. »Das heißt Sperrstunde.«
»Ohhh.« Cat macht ein langes Gesicht. »Na gut, das müssen wir irgendwann wiederholen.«
»Definitiv.« Es ist wirklich toll. Ich kenne Lee und Cat erst seit ein paar Stunden, trotzdem fühle ich mich mit den beiden verbunden.
Ich werfe einen Blick zur Bar, wo Maeve und Ernie tief ins Gespräch versunken sind. Sie haben die Köpfe zusammengesteckt und ihre Körper einander zugewandt. Man müsste schon blind sein, um diese Körpersprache nicht lesen zu können, und als ich ihren Blick auffange, errötet sie wie ein Teenager beim ersten Date. Meine Güte, wie süß die beiden zusammen aussehen!
Nachdem ich ihr Zeichen gegeben habe, auf mich zu warten, wende ich mich wieder Cat und Lee zu und verspreche unter zahlreichen Umarmungen und Abschiedsgrüßen, in Kontakt zu bleiben, ehe wir vom Kellner unterbrochen werden, der erscheint, um unsere Gläser einzusammeln.
»Biddeschön«, lalle ich hicksend und reiche ihm mein leeres Glas. Auf unsicheren Beinen wende ich mich zum Gehen, als ich bemerke, dass Spikes Glas noch halb voll ist.
»Hassu wohl nich geschafft, was?«, höre ich mich nuscheln. Mein Gott, ich bin wirklich betrunkener, als ich gedacht habe. Trotzdem glaube ich nicht, dass es ihm aufgefallen ist.
»Nein«, antwortet er, ohne mich anzusehen, und reicht dem Kellner ebenfalls sein Glas.
Ein Gefühl tiefer Befriedigung erfasst mich. Es ist so toll!
Erst schlage ich ihn beim Billard, und dann trinke ich ihn auch noch unter den Tisch. Das wird ihn lehren!
»Tut mir leid, ich bin ein absolutes Weichei, was Alkohol betrifft. Ich ertrage den Kater einfach nicht …« Er grinst schadenfroh.
Wie? Ein Schluckauf entschlüpft mir, und ich lege mir die Hand an die Stirn, hinter der es in diesem Moment zu pochen beginnt.
»Trink auf jeden Fall genug Wasser«, rät er mit einem glucksenden Lachen.
Damit wendet er sich ab, durchquert den Gastraum und lässt mich mit einem üblen Anfall von Schluckauf und dem dumpfen Gefühl zurück, dass ich gerade reingelegt wurde.
Elf
Piep-piep-piep … Piep-piep-piep …
Am nächsten
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