Ein Mann wie Mr Darcy
Diamanten als Elizabeth Taylor. Den zerknüllten Servietten, Toastkrümeln und leeren Teetassen nach zu schließen, haben die meisten Reisenden ihr Frühstück bereits beendet.
Es ist noch nicht einmal halb zehn, stelle ich fest, als ich auf die Uhr sehe. Könnte mir irgendjemand mal erklären, was das soll? Warum stehen alte Leute immer früh auf? Diese Menschen sind in Rente. Sie können bis mittags schlafen. Wie kommt es also, dass sie, während wir anderen alles für weitere fünf Minuten unter der Decke tun würden, bereits im Morgengrauen aus dem Bett springen?
Wieder einmal angesichts eines der großen Rätsel des Lebens staunend, ziehe ich einen Stuhl heran: »Ja, prima«, antworte ich. »Abgesehen von einem kleinen Kater …«
»Sie Glückliche, ich nicht«, unterbricht sie mich, schenkt sich noch eine Tasse Tee ein und gibt drei gehäufte Löffel Zucker hinein. »In meinem Zimmer war es viel zu heiß, und die Matratze war entsetzlich weich, sodass ich die ganze Nacht kein Auge zugetan habe.«
»Oh je«, bemerke ich mitfühlend und beschließe, nicht zu erwähnen, dass ich um vier Uhr morgens vom Jetlag aufgewacht bin und ihr Schnarchen durch die Wand hören konnte. »Sie Ärmste!«
»In der Tat, ich Ärmste«, brummt Rose und lässt beim Umrühren den Teelöffel gegen die Ränder ihrer Tasse klirren. »Andere dagegen sehen aus, als hätten sie sich prächtig amüsiert …« Sie beugt sich näher zu mir und richtet ihre Augen mit den kräftig getuschten Wimpern auf mich. »Ein kleines Vögelchen hat mir gesungen, dass Sie und Ihr Freund, der Journalist, sich gestern Abend in der hiesigen Trinklokalität ein kleines Stelldichein gegeben haben.«
Meine Wangen färben sich rötlich. »So würde ich das nicht nennen.Wir haben uns zufällig im Pub hier im Dorf getroffen«, protestiere ich eilig und frage mich, warum ich das Bedürfnis verspüre, mich zu rechtfertigen, wo doch nichts passiert ist. »Wir haben Billard gespielt.«
Rose zieht eine nachgemalte Braue hoch. »Aber klar«, sagt sie mit einem Zungenschnalzen, greift nach ihrer Teetasse und nippt daran. Es ist mehr als offensichtlich, dass sie mir nicht glaubt, und ich will gerade weiter protestieren, als eine Kellnerin im Teenageralter in Dienstuniform, inklusive Rüschenschürze, vor mir erscheint.
»Möchten Madam Frühstück bestellen?«, fragt sie und tritt unsicher von einem Fuß auf den anderen, während ihr Blick im Raum umherhuscht wie ein verängstigtes Vögelchen.
Mein Magen schwankt immer noch herum wie eine auf Programm ›Seekrankheit‹ eingestellte Waschmaschine, und ich habe nicht das geringste Verlangen nach etwas Essbarem. Aber ich muss es tun. Und sei es nur, weil ich nicht zwei Schmerztabletten auf nüchternen Magen einnehmen kann.
Eilig überfliege ich die Speisekarte. Normalerweise besteht mein Frühstück aus einem einfachen Vollwert-Muffin, den ich mir im italienischen Café um die Ecke mitnehme, aber hier gibt es nur warme Speisen. »Äh, was würden Sie denn empfehlen?«, frage ich, leicht überfordert.
Die Kellnerin starrt mich angsterfüllt an. »Wir bieten ein komplettes englisches Frühstück an«, schlägt sie unterwürfig vor.
Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, will mich aber unbedingt den lokalen Sitten und Gebräuchen anpassen. »Hört sich toll an.« Lächelnd schlage ich die Speisekarte zu.
Sichtlich erleichtert kritzelt die junge Kellnerin etwas auf ihren Block. »Und wie hätten Sie gern Ihre Eier, Madam?«
»Von beiden Seiten«, antworte ich automatisch. So esse ich meine Eier immer.
Sie schaut mich verdutzt an.
»Spiegelei?«, sage ich und suche in ihrem Gesicht nach einem Zeichen des Erkennens und komme mir, als ich nichts finde, ein bisschen idiotisch vor.
»Ähm … Rührei?«, frage ich schließlich unsicher.
Sie strahlt, während mich Erleichterung durchströmt.
»Und könnte ich bitte nur -« Ich will gerade Eiweiß sagen, besinne mich jedoch eines Besseren. Ich will nicht wie eine dieser heiklen Amerikanerinnen dastehen, die grundsätzlich nur Fettreduziertes und separat von den anderen Speisen bestellen. »Und einen fettarmen Latte«, füge ich gedankenlos hinzu.
Oh, Mist. Ich hab’s gerade getan, oder?
»Ich meinte, ähm, ein Tee wäre auch in Ordnung.« Ich deute auf die Teekanne mitten auf dem Tisch. »Andere Länder …« Ich lache etwas gekünstelt, aber die Kellnerin wirft mir nur einen verwirrten Blick zu und flitzt davon.
»Es geht nichts über eine schöne Tasse Tee«,
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