Ein Mann wie Mr Darcy
ein solcher Mistkerl sein und so einen netten alten wehrlosen Mann zusammenschlagen?
Und doch – je länger ich darüber nachdenke, umso einleuchtender erscheint es mir. Die Art, wie Spike auf Ernie reagiert hat, als er ihn zum ersten Mal sah, Maeves seltsames Verhalten, nachdem sie mit Spike gesprochen hatte... Außerdem weiß ich, dass Spike leicht wütend werden kann, schließlich habe ich gesehen, wie er seine Freundin am ersten Tag auf dem Parkplatz angebrüllt hat. Aber jemanden zusammenschlagen und ihm die Nase brechen? Und das nur, weil dieser Jemand in seine Mutter verliebt ist?
Mein Gott, das Ganze ist die reinste Shakespeare-Tragödie. Allein die Vorstellung, dass Iris glaubt, Ernie habe sie verlassen, und dabei hat er sich nur zurückgezogen, weil er sie so sehr liebte und sie vor der Wahrheit über ihren Sohn schützen wollte.
Meine Augen brennen, und ich muss ein paar Tränen wegblinzeln. Das ist die traurigste Geschichte, die ich je gehört habe. Am liebsten würde ich in Tränen ausbrechen.
Nachdem ich Spike ordentlich eins zwischen die Lichter gegeben habe.
Ich spüre lodernde Wut in mir aufsteigen und hole ein paar Mal tief Luft. Beruhige dich, Emily, beruhige dich. Bis jetzt habe ich es geschafft, mich zusammenzureißen. Ich habe Ernie versprochen, Spike nichts von dem zu sagen, was ich weiß. Also war ich während des ganzen Abendessens höflich und freundlich, habe zu seinen Witzen gelächelt und ihm die Soßenschüssel gereicht. Aber es war echt hart. Glauben Sie mir. Ich war drauf und dran, ihm die kochend heiße Soße übers T-Shirt zu kippen. Ich konnte mich nur mit Mühe zurückhalten. Aber wie lange noch?
Ich kämpfe gegen die Versuchung an, aus dem Bett zu springen, in Spikes Zimmer zu stürmen und ihm an die Gurgel zu gehen. Stattdessen wende ich mich wieder meinem Buch zu und versuche, mich zu beruhigen. Was mich daran erinnert, dass ich Mr. McKenzie morgen eine E-Mail schreiben muss, um ihm zu sagen, dass wir einen Fehldruck im Laden haben. Nachdem ich gestern von der Winchester Cathedral zurück war, habe ich es doppelt kontrolliert, um sicherzugehen, dass ich es mir nicht eingebildet habe, aber nein, die Seiten bleiben leer. Offensichtlich ein Fehler in der Druckerei.Trotzdem gut, dass ich es entdeckt habe.
Wobei es ja genau genommen Mr. Darcy war, oder besser gesagt, der rätselhafte Mann, der sich Mr. Darcy nennt. Zack!
Da ist er wieder. Sein Gesicht flammt vor meinem geistigen Auge auf. Groß, dunkel und absolut unwiderstehlich. Automatisch kehren meine Gedanken zu gestern Nachmittag zurück, als wir auf der Bank vor der Kathedrale saßen. Ich kann seine Stimme hören, sein Rasierwasser riechen, die Wärme seines Körpers direkt neben mir spüren. Doch nun, da ich daran zurückdenke, mit klarem Verstand und ohne Hormoneinfluss, kommt mir das Ganze unwirklich vor, auch wenn ich mich seltsamerweise an nichts erinnern kann, was sich noch wirklicher angefühlt hat.
Aber trotzdem, mal ganz ehrlich. Das Ganze ist doch ein bisschen wie in Kate und Leopold, oder? Abgesehen von der Tatsache, dass ich nicht die geringste Ähnlichkeit mit Meg Ryan habe und der Mann meiner Träume wesentlich attraktiver ist, als Hugh Jackman es je in einem Frack sein könnte. Aber während ich für die leeren Seiten eine rationale Erklärung finden kann, habe ich noch immer keine für Mr. Darcy …
Ich kuschle mich unter meiner dicken Daunendecke zusammen und wende mich meinem Buch zu. Ich bin immer noch bei Teil eins, bei jener Stelle, wo Elizabeth Wickham, den süßen blonden Soldaten, kennen gelernt hat. Jenen Mann, der alle, sie eingeschlossen, bezaubert.
Ich bin gerade bei der Unterhaltung, in deren Verlauf Wickham Elizabeth von diesem gemeinem Mistkerl Darcy erzählt, der ihn um sein Erbe gebracht hat:
›Er hat mich skandalös behandelt, aber ich glaube, ich kann ihm alles und jedes vergeben, außer, dass er die Hoffnungen seines Vaters so enttäuscht und sein Andenken beleidigt hat.‹ <
Mann, was für ein Schauspieler, was? Ich lese schnell weiter, um Elizabeth’ Reaktion mitzubekommen.
›Das ist ja unerhört! Er verdient, öffentlich bloßgestellt zu werden. ‹
›Das wird er schon noch, aber nicht durch mich. Solange ich das Andenken seines Vaters hochhalte, kann ich ihn einfach nicht herausfordern und bloßstellen.‹ <
Elisabeth rechnete ihm diese Anhänglichkeit hoch an und fand ihn dadurch noch anziehender.
Mist, ich liebe Elizabeth, aber sie kann so eine
Weitere Kostenlose Bücher