Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
Wagen im Durchschnitt? Wie stark waren sie beladen? Wieviel Stück Gepäck? Gewicht? Zahl der Koffer? Verrechnung? Löhne? Länge der täglich zurückgelegten Strecke in Kilometern. »Das ist nichts«, sagte Herr Gollmer am Schluß. »Sie arbeiten ins Blaue. Sie kennen ja nicht einmal Ihre Unkosten! Was Ihnen fehlt, ist eine ordentliche Buchführung! Bilanz, mein Sohn, Bilanz! Nun, das werden Sie alles noch lernen, ich schicke Ihnen einen tüchtigen Buchhalter, der Ihnen das erst einmal einrichtet. Ihre Lastautos sollen Sie haben, morgen früh um neun stehen sie bereit. Am schlimmsten ist es mit den Chauffeuren, aber eine Weile helfe ich Ihnen aus. Lassen Sie bald die tüchtigsten von Ihren Leuten die Fahrerprüfung machen. Sie natürlich auch, Ihr Teilhaber auch! Ilse, bestell den Wagen, wir fahren sofort in die Stadt.« Und mit einem Seufzer: »Ich habe es doch gleich gewußt, daßmich die Blattläuse teuer zu stehen kommen würden!« Herr Gollmer sah den jungen Menschen fast barsch an, dann kniff er die Augen zusammen und fragte: »Warum haben Sie eigentlich nicht Herrn von Senden angepumpt? Das wäre doch viel einfacher gewesen!«
    »Kennen Sie Herrn von Senden?« fragte Karl Siebrecht zögernd.
    »Doch. Ein wenig.«
    »Ja, wenn Sie ihn kennen … Hätte Herr von Senden mir das Geld geliehen, wäre es ihm egal gewesen, ob ich etwas damit leistete oder nicht. Er hätte es mir aus Freundschaft gegeben. Aber bei Ihnen, Herr Gollmer –«
    »Richtig!« sagte der dicke Mann kopfnickend. »Ganz richtig. Hätte ich auch nicht anders gemacht. Man soll sich möglichst wenig schenken lassen im Leben – im allgemeinen werden Geschenke zu teuer für den Beschenkten.« Und zu der Tochter: »Nun, Ilse, im Mantel? Willst du etwa mit uns fahren?«
    »Ich möchte ein paar Besorgungen in der Stadt machen.«
    »Ach nee! Und du hast gar keine Angst, daß dieser junge Mann wieder auf deiner Handtasche herumtrampeln könnte?«
    »Nein«, sagte sie leise. Und sah ihn nicht an, der sie so sehr ansah. Sie hatte also mit ihrem Vater schon vorher von ihm gesprochen, sie hatte sich für ihn eingesetzt! Freilich, von dem zerrissenen Bild würde sie kein Wort gesagt haben …

49. Der frische Wind und die Kanalljenvögel

    Es wurde noch ein recht ereignisreicher Nachmittag für Karl Siebrecht. Und nicht nur für ihn. Auch der backenbärtige Prokurist und die anderen Angestellten Unter den Linden bekamen reichlich zu tun. Die neuen Wagen mußten von der Polizeibehörde zugelassen werden, Schilder mit rasch trocknender Farbe waren zu malen, Chauffeure auszusuchen und anzunehmen, Regenplanen zu kaufen … Es war ein ununterbrochenesTelefonieren, Fragen, Laufen … Der Herr Gollmer saß in seinem Büro hinter dem großen Laden und gab Anordnungen. Jetzt war er nur noch Kaufmann. »Hören Sie, Herr Langbehn«, sagte er zu seinem Buchhalter, »Sie richten für die Firma Siebrecht & Flau ein laufendes Konto in unseren Büchern ein. Vorläufig bezahlen wir alles Vorkommende für diese Firma. Herr Siebrecht kann auch Barentnahme machen – bis zum Höchstbetrag, sagen wir erst einmal, von fünftausend Mark. Wöchentlich wird mir das Konto vorgelegt.«
    »Jawohl, Herr Gollmer.«
    »Hatten sie nicht einen Bekannten, der Stellung suchte, Herr Langbehn? Schicken Sie ihn zu Herrn Siebrecht, er soll dort eine Buchführung einrichten …« Und zu Karl Siebrecht: »Sie werden mich jeden Mittag pünktlich zwölf Uhr anrufen und mir Bericht machen. Pünktlich! In der nächsten Woche fahren wir dann zu meinem Anwalt und machen einen Vertrag über Verzinsung und Rückzahlung. Ich werde Ihnen einen Anwalt vorschlagen, der Ihre Interessen vertritt. – Nun wollen wir mal sehen, wo wir Garagen für Sie auftreiben!« Und er griff wieder zum Telefon.
    Es war schon spät, es war schon nach acht Uhr, als Karl Siebrecht in die Eichendorffstraße kam. Er war glücklich und müde. Im geschäftigen Trubel der letzten Stunden hatte er die Freunde fast vergessen. Da saßen sie alle unter der Lampe in der Schneiderstube: Rieke, Kalli, die Palude, ganz in der Ecke der Lehrling Bremer, halb schlafend, und am Fenster wie immer der alte Busch. Sie hoben ihm ihre blassen Gesichter erwartungsvoll und doch ohne Hoffnung entgegen. Die Luft im Zimmer kam ihm trotz des geöffneten Fensters verbraucht und stickig vor, als sei sie stehengeblieben, während in dem strahlend hellen Geschäft Unter den Linden ein rascher Wind wehte, der alles mit sich fort riß, frisch machte …
    »Na,

Weitere Kostenlose Bücher