Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
Herrn Kunze: »Ich möchte Ihnen doch mitteilen, Herr Regierungsrat, daß wir von heute an regelmäßig mit fünf Autos das Gepäck abfahren. Vermutlich werden wir schon in aller Kürze den Fuhrpark weiter vergrößern.
    Einen Augenblick kam keine Antwort, es klang fast, als gurgle Herr Regierungsrat Kunze am anderen Ende der Strippe. Aber wahrscheinlich hatte sich Herr Kunze nur verschluckt – man muß die Leute nicht auch schon am frühen Morgen so sehr erschrecken! Nun fragte Herr Kunze: »Dann sind also alle Differenzen behoben?«
    »Ich denke wohl.«
    »Jedenfalls wird es keine Gepäckrückstände auf den Bahnhöfen mehr geben?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Dann möchte ich Sie bitten, Herr Siebrecht, mit Ihrem Kompagnon in den nächsten Tagen einmal bei mir vorzusprechen. Sagen wir: übermorgen um elf Uhr. Würde Ihnen das recht sein?«
    »Jawohl – übermorgen um elf Uhr, Herr Regierungsrat.«
    »Und, wenn es möglich ist, bringen Sie doch einen Status Ihrer Firma mit!«
    »Es ist möglich! Wir sind gerade dabei, einen Status aufzustellen!«
    »Ausgezeichnet! Sie denken auch an alles, Herr Siebrecht! Also dann auf Wiedersehen!«
    »Auf Wiedersehen, Herr Regierungsrat!« Karl Siebrecht hängte an und sah sich wie ein Träumender um. Er wußtenoch nicht, daß dem Sieger, der die entscheidende Schlacht gewonnen hat, die leichten Siege dann in den Schoß fallen.
    Es kam nicht so schlimm, wie ihm am Abend zuvor gesagt geworden war: nicht alle seine Leute hatten ihn verlassen. Ein paar von den gewesenen Dienstmännern, späteren Beifahrern, schließlichen Karrenschiebern, kamen doch. Sie wollten, ehe sie Schluß machten, doch noch einmal mit dem Chef selber reden, ob denn gar keine Aussicht sei –?
    Doch, es sei Aussicht! Sie sollten nur noch eine halbe Stunde warten! Nein, er wolle ihnen noch nichts sagen, sie würden schon selber sehen! Jawohl, mit dem Karrenschieben sei es endgültig vorbei, endgültig und für immer …
    Er war froh, daß diese Leute doch noch gekommen waren. So konnte er doch jedem neuen Chauffeur einen kundigen Beifahrer mitgeben! Trotzdem stand er zwanzig Minuten später mit Kalli Flau in der Stube, und die beiden zogen ihre Arbeitskluft an. Sie banden einander die steifen Lederschürzen vor, sie hängten sich die großen Ledertaschen um, in der heute abend hoffentlich viel Geld sein würde! Heute wollten die beiden Firmeninhaber von Siebrecht & Flau noch einmal selbst verladen, sie wollten als erste auf ihren Autos stehen, Koffer tragen, Koffer! Sie hatten als arme verachtete, gejagte Haifische angefangen – man muß seine Siege auch zu genießen verstehen!
    »Du, Karle«, meinte Kalli Flau vorsichtig. »Dein neuer Buchhalter –«
    »Herr Frenz, ja. Was ist mit ihm?«
    »Ich glaub nicht, daß ich mit dem sehr warm werde.«
    »Das brauchst du ja auch nicht, Kalli. Aber er macht doch einen sehr tüchtigen Eindruck, nicht wahr?«
    »Aber er paßt nicht ganz zu uns, wie? Hast du nicht gemerkt, Rieke war auch ganz verlegen?! Sie hat kaum ein Wort gesprochen!«
    »Ach, das gibt sich schon! Das hilft nun alles nichts, Kalli, wenn wir voran wollen, müssen wir auch mit solchen Leuten umgehen lernen. Du bist übrigens für übermorgen mit mir auf die Eisenbahndirektion bestellt!«
    »Ich –?« Kalli war völlig zerschmettert. »Ich –? Auf die Eisenbahndirektion –?!«
    »Ja, du, Kalli!«
    »Nee, nee, da laß mich aus –!« Kalli Flau wurde ganz aufgeregt. »Nein, da geh du nur allein hin. Mich brauchen sie da nicht, ich versteh von dem ganzen Kram doch nichts. Da kriegen mich keine zehn Pferde hin!«
    »Aber ein Auto!« Karl Siebrecht lachte. »Stell dich bloß nicht an, Kalli. Der Regierungsrat Kunze ist nicht halb so schlimm wie Käpten Rickmers. Übrigens hat er ausdrücklich nach dir verlangt.«
    »Nach mir? Wieso?«
    »Weil du nämlich mündig bist und ich nicht! Du bist der einzige gesetzliche Vertreter der Firma. Ich darf nicht einmal mehr unterschreiben, Kalli!«
    »Verdammter Gegenwind!« Kalli war einem Zusammenbruch nahe. »Aber ich kann das alles gar nicht!« sagte er flehend.
    »Dann lernst du es. Außerdem ist es nur für zwei Monate – in zwei Monaten werde ich nämlich mündig.«
    »Na schön«, ergab sich Kalli Flau. »Du mußt aber überall mitgehen.«
    »Tu ich!« sagte Karl lächelnd. »Und nun komm, es ist Zeit für die Autos!«
    Und die beiden Lederschürzen traten auf die Straße.
    Jawohl, da kamen sie! Sie kamen eines nach dem andern, mit lautem Gehupe. Die niedrigen

Weitere Kostenlose Bücher