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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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gesprochen …«
    Er sah nach dem Fenster hinüber, er sagte: »Einen Augenblick bitte, Rieke …«
    »Is schon jut, Karle«, antwortete Rieke. »Ick stör dir nich.«
    Sein Gesicht rötete sich, das junge Mädchen sah ihn aufmerksam an. »Ich möchte Ihnen danken«, sagte sie leicht, »für die freundlichen Worte, die Sie mir auf meine Karte geschrieben haben. Ich werde das bestimmt nicht vergessen.«
    Er nickte langsam. Er mochte nicht sprechen. Rieke saß am Fenster.
    Das junge Mädchen aber dachte wohl schon nicht mehr an Rieke, oder Rieke war ihr gleichgültig, sie sagte: »Ich weiß nicht, wie verzweifelt ich nach dieser Nacht gewesen wäre, wenn ich Ihre Worte nicht gefunden hätte. Ich dachte, erwäre ein netter Mensch, aber er wollte mich nur betrunken machen, und dann –« Sie sah ihn fest an. »Ich hatte einen solchen Haß auf mich und auf alle. Ich ekelte mich so. Ich hatte zu nichts mehr Lust. Da fand ich Ihre Worte …«
    »Es ist schon gut, Fräulein Eich«, sagte er. »Sie taten mir leid, das war alles. Sie sahen so jung und schutzbedürftig aus …«
    »Ich war in jener Nacht auch sehr schutzbedürftig, und Sie haben mich beschützt.« – Er schwieg. Er senkte nur den Kopf und schwieg, er sah nicht zum Fenster hin. – »Noch eins«, sagte Hertha Eich und öffnete ihre Tasche. Sie zog zwei Geldscheine heraus. »Sind die von Ihnen –?« Er schwieg. »Sie müssen von Ihnen sein«, beharrte sie. »Ich hatte nur ein paar kleine Scheine in der Tasche. Nicht wahr, Sie haben mir das Geld in die Tasche gesteckt?« Wieder schwieg er. Sie verstand dies Schweigen ganz richtig. »Natürlich«, sagte sie. »Aber warum haben Sie das getan? Ich verstehe es nicht.«
    »Ich weiß es auch nicht mehr«, sagte er. »Ich war etwas verwirrt. Gerade hatte ich den Kalubrigkeit erkannt und fürchtete wohl noch, er könnte mich auch wiedererkennen. Ich wollte mir aus Ihrer Tasche mein Fahrgeld nehmen, damit er mich auch bestimmt für einen Taxichauffeur hielt, da sah ich, Sie hatten nur ein paar kleine Scheine darin …«
    »Ja –?« fragte sie. »Und dann –?«
    »Ich dachte wohl, Sie wären ausgeraubt worden in dem Kabarett. Wie gesagt, Sie taten mir leid; ich steckte das Geld einfach in die Tasche, ohne viel darüber nachzudenken.«
    Sie sah ihn noch immer unverwandt an, er merkte wohl, sie war mit seiner Erklärung nicht zufrieden. Dann sagte sie: »Ich bin nach diesen zehn Dollar auf dem Präsidium gefragt worden, Herr Siebrecht. Ist es richtig, haben Sie das Geld von Herrn Kalubrigkeit bekommen?«
    Er überlegte eine Weile, dann sagte er verzweifelt: »Ja, es ist richtig. Haben Sie denen etwas gesagt von dem Geld in Ihrer Tasche?«
    »Nein, ich habe gelogen. Ich habe gesagt, ich wüßte nichts davon. Hier sind die zehn Dollar, nehmen Sie jetzt das Geld!«
    »Danke«, sagte er. Er nahm die Scheine und drehte sie zu einem Röllchen zusammen. Er war nun völlig verzweifelt, er fühlte, ohne es zu sehen, wie starr Rieke am Fenster saß, er fühlte, daß sie nichts verstand, daß sie alles mißverstand und daß er wieder einmal nichts erklären konnte.
    Auch dies junge Mädchen, diese Hertha Eich, rief: »Aber warum haben Sie das alles bloß getan?! Ich verstehe nichts davon! Wußten Sie denn da schon, daß man Sie auf dem Präsidium nach dem Geld fragen würde? Lag Ihnen denn soviel an dem Geld?«
    »Es lag mir gar nichts an dem Geld! Vielleicht wollte ich es einfach nicht behalten, weil es von ihm kam. Ich habe den Kerl immer gehaßt.«
    »Und dann gaben Sie es mir –?!«
    »Ihnen tat es nichts, Sie kannten ihn gar nicht!«
    »Und warum haben Sie das alles nicht auf dem Präsidium erzählt? Warum haben Sie dort gelogen?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht wollte ich Sie nicht in die Sache hereinziehen. Und es war auch alles so umständlich zu erklären, keiner hätte es verstanden. Sie verstehen es ja auch nicht!«
    »Nein, ich verstehe es auch nicht«, sagte sie. Sie überlegte, sie sah ihn an. »Wollen Sie das Geld jetzt nicht auf das Präsidium bringen und alles aufklären?« fragte sie dann.
    »Nein, ich glaube nicht. Ich möchte das nicht.«
    »Meinetwegen?« fragte sie. »Auf mich brauchen Sie keine Rücksicht mehr zu nehmen, ich bin nun doch in der Sache drin. Sie können ruhig sagen, daß ich gelogen habe. Ich habe meinem Vater alles erzählt – mir macht es nichts mehr aus!«
    »Aber warum sollte ich das eigentlich? Wegen des Kalubrigkeit? Der hat so viele Menschen belogen und betrogen –«
    »Aber doch

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