Ein Mann will nach oben
Händler dunkel. »Übrigens hat der Dumala nach Ihnen gefragt.«
»Der –? Was will er denn? Ich soll ja nicht mehr für ihn fahren.«
»Vielleicht werden Sie doch noch einmal für ihn fahren.«
Sie sahen sich beide an, beide lächelten.
Dann sagte Karl Siebrecht: »Haben Sie wohl einen Boten, den ich in die Wohnung nach meinen Sachen schicken könnte?«
Es war das Gute an dem Händler Engelbrecht, daß er nie fragte, daß er nicht neugierig war. »Ich schicke Ihnen einen Bengel aus dem Stall, geben Sie ihm ein paar Zeilen mit«, sagte er und ging.
Karl Siebrecht setzte sich an den Schreibtisch, legte Papier vor sich und schrieb. Er schrieb die kurze Bitte um seine Sachen vier-oder fünfmal. Bei jedem Schreiben wurde sie noch etwas kürzer, zum Schluß war es nur noch ein einziger Satz, ohne Anrede.
Als der Bote gegangen war, setzte er sich hin und bündelte das Papiergeld. Er stopfte zwei große Ledertaschen bis oben voll. Er legte sich Listen an, Listen mit unendlich vielen Nullen. Die Schlußzahl war nur schwierig und stockend zu lesen. Nun gut! dachte er. Dafür sollte man etwas kaufen können!
Überraschend schnell kam der Bote zurück, er kam mit leeren Händen. »Wenn Se wat wollen, sollen Se selba kommen, läßt se sagen«, bestellte er.
»Es ist gut«, sagte Karl Siebrecht, nahm seine beiden Taschen, die schwer waren, obwohl sie nur Papier enthielten, und ging auf seinen ersten Einkauf. Fest stand für ihn, daß er nie wieder die Wohnung in der Eichendorffstraße betreten würde.
Es dunkelte schon, als er auf der Straße stand, und er hatte an seinen beiden Taschen zu schleppen. Trotzdem war er entschlossen, noch in die Wallstraße zu fahren. Die Worte des Händlers Engelbrecht hatten ihn an seinen alten Feind, den Haifisch Tischendorf, erinnert. Bestimmt wollte er nichts Zweifelhaftes kaufen, die Papiere mußten in Ordnung sein, aber hinsehen wollte er wenigstens einmal. Übrigens gab es vielleicht gar kein Geschäft Tischendorf in der Wallstraße, die Ratte war immer ein Prahler gewesen.
Es sah wirklich so aus, als gäbe es in der Wallstraße dies Geschäft für Gebrauchtwagen nicht. Zweimal war Siebrecht, seine Tasche verfluchend, die Straße schon auf und ab gegangen und hatte nichts von einem Autogeschäft entdeckt. Erst beim dritten Weg, als er kein Ladenfenster ohne genaue Untersuchung ließ, entdeckte er an zwei herabgelassenen eisernen Jalousien den schon halb wieder verwischten Zettel: »Ge schlossen . Nachfragen in Hof 1.« Kein Name, keine Firma, aber eine ziemliche Klaue, wie sie einem Tischendorf wohl zuzutrauen war. Also in den Hof 1. Es gab da eine ganzeMenge Türen, Karl Siebrecht versuchte sie alle der Reihe nach. Schließlich geriet er erst in eine Werkstatt, die aussah, als hätten hier die Räuber gehaust, und dann in ein Bürochen, von dessen Decke an zwei Drähten eine einzige funzlige Birne hing …
»Hallo!« sagte Hans Tischendorf, der damit beschäftigt war, Papier in einen spuckenden, glühenden Eisenofen zu stecken. »Ich bin für niemanden zu sprechen!«
»Hallo, Haifisch!« sagte Karl Siebrecht und ließ sich aufatmend auf einen Rohrstuhl fallen. »Schön warm hast du’s hier!«
Ablehend fragte Tischendorf: »Was willst du denn? Ich kann dich nicht brauchen, ich verreise.«
»Auch recht«, antwortete Karl Siebrecht. »Ich will nur mal ein bißchen Luft schnappen. Diese verdammten Taschen! Verbrenne du nur ruhig deine Firma weiter, der Kanonenofen ist direkt sympathisch!«
»Was willste denn mit den Taschen?« fragte Tischendorf und steckte einen ganzen dicken Schnellhefter in das Ofenloch. Es heulte und bullerte, dann schlug eine Flamme heraus.
»Ich zieh um«, antwortete Karl Siebrecht. »Hast du nicht eine Beschäftigung für mich? Als Chauffeur, als Motorenschlosser, als Buchhalter –?«
»Ich habe den Laden zugemacht«, erklärte Hans Tischendorf etwas menschlicher. »Ich hau ab. Hier in Deutschland ist doch nichts mehr zu holen! Übermorgen geht mein Dampfer nach New York.«
Er hatte nie das Schwatzen lassen können, das Prahlen, dieser zweifelhafte Bursche. Schon taute er auf, er würde noch mehr erzählen.
»Was willst du denn drüben werden?« fragte Karl Siebrecht. »Alkoholschmuggler oder Gangster? Ich glaube, Capone sucht Leute.«
»Rede bloß keinen Stuß! Ich gehe nach Detroit zu Ford, werde da Verkäufer. Ich habe meinen Vertrag schon in der Tasche!«
»Kieke da!« sagte Karl Siebrecht, nun doch etwas verblüfft.»Aus Kindern werden
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