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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Schuppen ist!«
    »Ich habe die Schlüssel nicht mit! Ich schwöre Ihnen, ich habe die Schlüssel nicht hier. Ich will sie holen. Nichts wie ein bißchen Maurergerät ist hier im Schuppen …«
    Er hatte immer leiser und stockender gesprochen. Mit Angst, mit zitternder Todesangst sah er auf den zornigen jungen Mann. Karl Siebrecht aber fühlte plötzlich seine Narbe wieder, die Narbe juckte und drückte, es war rot in ihm, dann zogen Nebel … Es war zuviel, die letzten Tage … dachte er noch. Dann schien alles von ihm fortzugehen, alles löste sich in dem rötlichen Nebel auf … Er sah nichts mehr, nicht die Lampe im Büro, nicht den kleinen, jämmerlichen, feigen Mann …
    Dann hörte er die Hunde wie rasend bellen, erst ganz aus der Ferne, und das Gebell kam immer näher. Nun hörte er ein Ächzen … Das Licht wurde heller und hell … Er sah zuerst seine Hände, deren Adern wie geschwollen aussahen, und nun sah er den kleinen Mann in diesen Händen … Er ächzte nur noch, er hing ihm zwischen den Händen … Die Hunde bellten immer noch wie rasend, sie rasselten mit ihren Ketten.
    Er starrte um sich. Dann nahm er den kleinen Mann und schüttelte ihn sanft. Er setzte ihn auf einen Stuhl. »Los!« sagte er mit stockender Stimme. »Stellen Sie sich bloß nicht an!«
    Aber er wußte wohl, daß der Mann sich nicht anstellte. Die Todesangst, mit der er angeschaut wurde, war echt. Um ein Haar hätte es schiefgehen können, nicht eine halbe Minute später hätte er wach werden dürfen …
    »Wollen Sie mir jetzt meine Autos zeigen?« fragte er. Aber es lag kaum noch Drohung in dieser Frage.
    Es war auch nicht mehr nötig, zu drohen. Der Maurermeister versuchte gehorsam aufzustehen und sank wieder zurück. »Ich kann nicht«, ächzte er. »Meine Knie zittern so. Sehen Sie selbst, der Schlüssel steckt hier im Schloß, es ist derselbe Schlüssel.«
    Siebrecht nickte nur. Er schloß den Meister in seinem Büro ein, er öffnete die große Tür des Schuppens. Sein Herz fing an zu klopfen. Der Lichtschein seiner Taschenlampe beleuchtete zwei Wagen, einen großen Personenwagen, einen Amerikaner, und einen mittelgroßen Lastwagen. Einen Augenblick stand er so, betrachtete die beiden Wagen. Ich bin also doch nicht betrogen worden, dachte er. Aber diesmal lag kein Stolz in diesem Gedanken, nur Dankbarkeit. Und ein leise nachzitterndes Grauen vor dem, was er eben fast getan hätte. Ich muß jetzt ganz still und ruhig leben, dachte er. So etwas darf mir nicht noch einmal passieren. Wenn er auch bloß ein kleiner, feiger Betrüger ist. Er ging an die Wagen heran, er leuchtete sie ab, klappte die Motorenhaube hoch, suchte nach der Motorennummer. Er nickte, es war alles in Ordnung, er war nicht betrogen worden, es waren seine Wagen.
    Er ließ das große Tor auf und ging um die Ecke zu dem Büroraum zurück. Gerade wollte sich der Meister durch das Fenster zwängen. »Halt, mein Freund«, sagte er und legte seine Hand auf den Zitternden. »Ich brauche Sie noch. Ich werde mit dem Lastauto den Personenwagen abschleppen, und Sie werden den Personenwagen steuern. Aber gnade Ihnen Gott, wenn Ihnen bei diesem Steuern was passiert!«
    »Das ist Diebstahl!« versuchte der Kleine es ein letztes Mal, aber nur noch kläglich. »Das sind meine Wagen, schon seit drei Jahren, jeder kann das bezeugen.«
    »Und die Motoren stammen nach den Nummern aus meinen Wagen«, antwortete Karl Siebrecht. »Wenn Sie jetzt noch viel reden, Sie alter Betrüger, fahren wir bei Ihnen zu Haus vor und holen auch noch das Lagergeld. So schenke ich es Ihnen, und die sieben Autowracks dazu. Wo ist ein Seil zum Abschleppen? Ein bißchen schnell, Mann, es wird sonst zu spät, und Ihre Frau macht sich noch Sorgen um Sie!«
    Eine Viertelstunde arbeiteten sie eilig, dann standen die beiden Wagen aneinandergehängt auf der Straße. »So!« sagte Karl Siebrecht. »Nun machen Sie ruhig die Hunde wieder los. Ich habe keine Angst, daß Sie mir noch verlorengehen. Ich würde Sie wiederfinden, heute, morgen oder in drei Wochen! Und dann –!«

80. Spiel um ein Lastauto

    Karl Siebrecht saß noch beim Essen, als der Händler Engelbrecht hereinkam, Engelbrecht setzte sich ihm gegenüber, legte die Hände auf den Bauch und drehte die Daumen langsam umeinander. Eine Weile sah er dem Essenden mit seinen kleinen dunklen Augen schweigend zu, dann sagte er: »Die beiden Wagen sind prima, nur –«
    »Nur was?« fragte Siebrecht und aß weiter.
    »Nur der Kerl, der kleine, vermickerte

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