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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Weg mußte er allein gehen. Er war sich klar, Engelbrecht würde nicht erfreut über die Zurückweisung seiner Beteiligung sein.
    Nein, Engelbrecht war wirklich ganz und gar nicht erfreut, sein fahles Gesicht wurde noch fahler, die unruhigen Augen stachen. »Wieso?« fragte er. »Warum nicht? Ist Ihnen mein Geld nicht gut genug? Stinkt mein Geld etwa?«
    »Aber nein!« sagte Karl Siebrecht. »Nur, die Sache ist die: ich habe schon genug Geld, ich habe überreichlich Geld. Ich kann es im Augenblick nicht unterbringen …«
    »Lassen Sie es liegen, bis Sie es gebrauchen können!«
    »Dann müßte ich Sie am Gewinn beteiligen, und das kann ich nicht, wenn Ihr Geld nicht arbeitet.«
    »Als Sie mich nach dem Gelde fragten, sagten Sie mir, ich sei der erste! Ich habe also auch ein Recht darauf, als erster beteiligt zu werden. Weisen Sie doch den letzten zurück!«
    »Sie waren nicht der erste. Ich hatte schon Zusagen von anderer Seite.«
    »Dann haben Sie also damals gelogen!«
    Karl Siebrecht schwieg, dann sagte er: »Herr Engelbrecht,warum sind Sie denn so ärgerlich? Was kann Ihnen groß daran liegen, Ihr Geld in meinen Betrieb zu stecken? Sie haben doch wahrhaftig Anlagemöglichkeiten genug für Ihr Geld!«
    »Was wissen Sie davon?« fragte der Händler böse. »Ich will wissen, warum mein Geld zurückgewiesen ist! Was haben die gegen mich?«
    »Aber gar nichts! Wir können das Geld im Augenblick einfach nicht gebrauchen!«
    »Wenn die was gegen mich haben, warum werden Sie dann genommen? Ich denke, Sie haben Zicken genug gemacht!«
    In diesem Augenblick erkannte Karl Siebrecht, daß Herr Eich recht gehabt hatte, den Händler Engelbrecht zurückzuweisen. Herr Engelbrecht war auch nicht anders wie der Franz Wagenseil unseligen Angedenkens, er hatte weder Bedenken noch Hemmungen. »Ich weiß nichts von Zicken, die ich gemacht habe«, sprach Karl Siebrecht kühl, »ich weiß auch nichts von Ihren Zicken, Herr Engelbrecht. Es müßte denn sein, Sie denken jetzt an die halbtoten Zossen, die Sie in den Stall da drüben verkauft haben!«
    Der Händler schnaufte. Er war so zornig, daß er nicht einmal sprechen konnte, er schnaufte nur noch.
    »Dann also adieu, Herr Engelbrecht. Es tut mir leid, daß es so mit uns zu Ende gehen muß.« Siebrecht wandte sich zur Tür.
    Mit einem Satz war der Händler ihm nach. Er legte ihm die Hand, diese schlaffe Hand, schwer auf die Schulter und keuchte: »Und mein Lastauto? Denken Sie, ich lasse Sie mit meinem Lastauto abziehen? Glauben Sie, ich habe es Ihnen geschenkt, damit Sie jetzt mit anderen Leuten die guten Geschäfte machen? Sofort geben Sie mir meinen Lastwagen zurück!«
    Einen Augenblick überlegte Karl Siebrecht. Nun verstand er, warum ihm Engelbrecht damals den Lastwagen »ge schenkt « hatte. Es war nicht Großmut gewesen, es war auch nicht nur Freude über das gute Geschäft gewesen, nein, das Lastauto war eine Lockspeise gewesen – der Händler hatte an die Gepäckabfuhr gedacht.
    »Wegen des Lastwagens werde ich mit meinen Anwälten reden«, sagte Karl Siebrecht kühl. »Eventuell bekommen Sie später Bescheid.«
    Er scheute sich aber doch, vor seinen Anwälten dies Kapitel seines Lebens aufzurollen. Er war zu glücklich in der Rolle des jungen Direktors im Berliner Bahnhof-Eildienst. Lieber vereinbarte er eine nächtliche Zusammenkunft mit dem Kriminalassistenten Bomeyer. »Mach dir keine Gedanken, mein Sohn«, sagte Dumala-Bomeyer. »Der Engelbrecht ist ein fauler Kopp, das wissen wir auch. Ich werde mit dem Knaben murmeln, und du wirst deine Ruhe haben. Freilich, einen Feind hast du, und wenn er dir eins auswischen kann, wird er es tun, darauf verlaß dich!«
    »Ach, was soll er mir tun können!« sagte Karl Siebrecht und vergaß sofort wieder Dumala-Bomeyer und Engelbrecht.
    Denn soviel Arbeit ihm die Anwälte auch abnahmen, den eigentlichen Aufbau der Gepäckabfuhr mußte er allein erledigen. Diesmal half ihm kein Kalli Flau, diesmal hatte er keine Zeit, langsam einen Stamm kundiger Männer heranzubilden. Von heute auf morgen mußte wenigstens der Bahnhofsdienst in Ordnung sein. Wie er herumlief, wie er Männer annahm, anlernte, immer wieder dasselbe sagte, immer wieder erfuhr, daß doch nicht getan wurde, was er anordnete, wie er Geduld lernen mußte, wo er am liebsten gebrüllt hätte! Von morgens bis abends war er von einem Bahnhof zum anderen unterwegs – er hatte sich einen kleinen alten Personenwagen gekauft, einen Laubfrosch, wie so ein Ding damals hieß –,

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