Ein Mann will nach oben
Dienstmann und nicht Gepäckträger sind. Na, darum keine Feindschaft nicht. Gelaufen sind Sie großartig mit den beiden schweren Koffern! Sind zwei Mark genug?«
»Viel zuviel!« lachte Kalli Flau. »Eine Mark ist schon zuviel! Sechzig Pfennig wäre der Satz …«
»Nehmen Sie schon die zwei Mark! Ich fahre nämlich zu meiner Braut.« Kalli Flau wunderte sich, daß so dicke Leute sich noch verlobten, vor allem, daß sie Bräute fanden. »Ach Gott, ja, der Mann mit den Blumen ist noch nicht da! Ich habe einen Mann mit Blumen an den Zug bestellt.« Er sah sich suchend um: »Gottlob, da kommt er!«
Kalli Flau sagte nicht gottlob, er verfluchte den Dicken, seine Hast, die Koffer, die Hamburger Braut, vor allem aber die Blumen! Warum kaufte der Dicke seine Blumen nicht in Hamburg, warum schleppte er sie von Berlin mit, bloß damit sie welk wurden während der Fahrt? Natürlich, gleich bei der Ankunft in Hamburg, auf dem Bahnsteig noch mußte er ihr die Blumen in die Hand stecken, weil er eben so ein Dicker war! Dicke müssen es mit Blumen machen. Und mit Süßigkeiten, sicher hatte er auch Süßigkeiten in den Koffern …Das alles schoß durch Kallis Kopf, und dabei dachte er doch an ganz, ganz andere Dinge! Das geht schief, dachte er, das geht verdammt schief. Das ist schon schiefgegangen! Was wird Karl Siebrecht sagen? Der Kerl hat mich schon gesehen! Und laut sagte er: »Also, ich danke schön, mein Herr. Wünsche glückliche Reise!« Und zog dabei tief, tief seine rote Mütze, setzte sie nicht wieder auf …
Während doch schon neben ihm der elende Kiesow sagte: »Hier sind die Blumen, mein Herr, bitte, eins zwanzig. Wenn Sie es vielleicht passend haben? Ich muß noch was erledigen!«
Fort! dachte Kalli Flau, nur fort! Und dachte schon wieder: Es ist schon viel zu spät! Er hat mich gesehen. Besser, ich mache es jetzt mit ihm aus, als daß er es nachher an die große Glocke hängt. Oh, was wird Karl nur sagen? Ich denke, er hat Mist gemacht, und nun habe ich selbst den allergrößten Mist gemacht …
»Na?!« sagte der Dienstmann 13 herausfordernd zu dem falschen Dienstmann 77. »Jetzt haben wir euch aber geschnappt, was?« Und als der andere schwieg. »Na, denn komm man, denn wollen wir uns mal beide beim Stationsvorsteher melden, was?«
»Was geht denn das den Vorsteher an, Kiesow?« fragte Kalli. »Das können wir doch beide untereinander ausmachen, meinst du nicht?«
»Meinst du?« fragte der Dienstmann und betrachtete den Kalli Flau nachdenklich. Dann: »Setz nur ruhig die Mütze wieder auf, du Nummer siebenundsiebzig! Wo hast du denn den andern?«
»Den Opa Küraß? Der sitzt auf der Bank vorm Bahnhof und pennt. Daher habe ich doch bloß die Mütze. Ich habe sie ihm weggenommen, als er schlief.«
»Ach, Scheiße!« sagte Herr Kiesow und spuckte aus. »Ich meine doch den anderen, das Aas!«
»Der ist gar nicht hier! Der weiß von alledem gar nichts!«
»Du kannst deiner Großmutter viel erzählen! Wie lange reist ihr denn schon auf die Tour?«
»Auf welche Tour wohl?«
»Auf die Tour mit der Mütze doch! Daß ihr uns mit der Mütze von dem alten Küraß die Kundschaft wegschnappt!«
»Aber ich sage dir doch, es war der reine Zufall! Bloß, weil der Opa eingeschlafen war, habe ich mir die Mütze aufgesetzt. Und dann wollte ich mich im Wartesaal im Spiegel besehen, wie mir die Mütze stand, weil ich denke, ich werde vielleicht auch einmal Dienstmann …«
»Denkste!«
»Und da kam der Herr gerannt und hatte es so eilig mit seinem Gepäck, weil er dachte, sein Zug fuhr schon. Aber seine Uhr ging falsch …«
»Na, nun hör schon auf!«
»Es ist aber wahr, Kiesow!«
»Ich versteh immer wahr!«
»Wirklich! Du kannst es mir glauben, Kiesow!
»Kann ich, tu’s aber nicht.« Kiesow stand in düsterer Überlegung. »Wenn ich den anderen schnappen könnte, ließe ich dich laufen. An dir liegt mir nichts, du bist soweit ganz ordentlich …«
»Aber der andere ist wirklich nicht hier! Der hat damit gar nichts zu tun! Du hast ihn doch selbst mit den Koffern am Neuen Tor gesehen, Kiesow. Der bringt die Koffer in die Kurfürstenstraße.«
»Und warum du nicht? Du warst doch auch dabei!«
Einen Augenblick überlegte Kalli Flau. Die Hauptsache war, daß Karl nichts mit der Sache zu tun bekam. Er würde sich schon durchhelfen, auf ihn hatten sie keine solche Wut. »Ich habe mich mit ihm verkracht, Kiesow!«
»Hast du? Das lügst du schon wieder! Du willst ihn bloß rausreißen!«
»Warum glaubst du mir
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