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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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mögen vor Wut …
    »Auf Wiedersehen«, sagte er nur.
    Diesmal wurde Karl keine lange Aristokratenhand gereicht, sei es nun, weil die Frau mit den dunklen Augen beobachtend dabeistand, sei es aus reinem Zufall. Karl Siebrecht ging. –Unterdes war Kalli Flau seiner Spuckerei in den Landwehrkanal bald überdrüssig geworden. Sein erster Zorn war verraucht. Der Karl hatte eine Abreibung verdient, er hatte sich schon lange nicht mehr so benommen, wie sich ein richtiger Freund zu benehmen hat, vor allem zu Rieke nicht. Rieke schuftete von früh bis abends, der Karl aber tat, als sei das alles ganz selbstverständlich. Er konnte groß angeben, wenn ein Teller nicht ordentlich abgewaschen war! Gott, der gute Karl hätte auf der »Emma« sein sollen, Käpten Rickmers’ Trawler, da wäre ihm das Angeben schon vergangen! Ein Kochgeschirr ohne Fischschuppen hatte man da nie zu sehen gekriegt. Aber Karl war fein, und wahrscheinlich blieb er auch fein, trotz aller Abreibungen. Es hatte seine Vorteile, einen so feinen Kerl zum Freund zu haben. Er wurde nie gewöhnlich; was er tat, war sauber, er riß nie unanständige Witze, er besoff sich nicht. Er wusch sich morgens und abends, und er konnte sehr unangenehme Bemerkungen machen, wenn man es mit dem Zähneputzen einmal nicht so genau nahm oder wenn sich plötzlich beim Hochschieben eines Jackenärmels eine graue Schmutzkante zeigte! Kalli Flau, der jetzt in der Richtung auf den Lehrter Bahnhof durch den Tiergarten schaukelte und dabei gedankenvoll vor sich hinpfiff, war sich also ganz klar darüber, daß das feine Getue von Siebrecht seine guten Seiten hatte. Fein – nun gut, er sollte so fein sein, wie er wollte, dieser komische Knopp, der in der Woche drei frische Hemdenanzog und dann zur Nacht noch ein Nachthemd verlangte, trotzdem er sich eben gerade vom Kopf bis zu den Füßen abgewaschen hatte! Bei dem wurde ein Hemd ja nie richtig dreckig – alles ganz unnötige Wascharbeit für die Rieke! Und dann diese Anstellerei mit den Fingernägeln, dieses ewige Gerede von den Trauerrändern! Er ging doch wahrhaftig sogar der kleinen Tilda mit einem Taschenmesser auf den Leib und pulte ihr an den Nägeln herum. Es war doch egal, wie die Nägel bei einem Kind ausahen! Tilda rutschte ewig auf der Erde herum, gleich sahen die Nägel aus wie zuvor. Karl Siebrecht aber behauptete, wichtig ist, daß sie überhaupt rein gemacht worden seien, daß sie gleich hinterher wieder dreckig würden, sei nicht so wichtig. So was war doch einfach albern! Kalli Flau spuckte in großem Bogen nach einem freundlichen gelben Krokus im Rasen und traf ihn auch. Übrigens: spucken durfte er auch nicht mehr, wenigstens in der Wohnung nicht. Karl duldete nicht einmal einen Spucknapf! Und dann dieses höllische Theater, wenn jemand mal das Messer zum Munde führte. Sie hatten zuerst gar nicht verstanden, was er eigentlich wollte, sie alle vier, wie sie da waren, der alte Busch, Rieke, er, der Kalli Flau, und auch die kleine Tilda schon hatten in aller Selbstverständlichkeit mit dem Messer gegessen. Viere gegen einen! Messer mußte sein, Gabel konnte sein, brauchte aber nicht. Aber Karl hatte wahrhaftig seinen Kopf gegen die vier durchgesetzt. Rieke aß nun schon ganz wie der Karl, sie führte die Gabel, als schriebe sie auf dem Teiler mit einem Federhalter … Überhaupt die Rieke! Sie hatte es am schwersten, an ihr hatte er immer am meisten zu mäkeln. Wenn sie zur Mittagsstunde mal noch ihre Pantoffeln an den Füßen hatte, gleich ging die Stänkerei los: eine schöne Schlamperei das! Sie würde sich hübsch die Füße verderben mit ihren ewigen Filzpantoffeln! Sie wollte wohl durchaus einen Plattfuß kriegen! Gott, dieser Trottel! Sah er denn wirklich nicht, wie die kleine Rieke sich alle Mühe gab, sauber und nett auszusehen, wie sie sich ein Schleifchen ansteckte, die Haare glatt machte, die Hände vor dem Essen wusch –alles bloß, um ihm zu gefallen! Sie riß sich doch wahrhaftig schon alle Beine für ihren Karl Siebrecht aus. War der denn völlig blind? Nun würde er heute mittag oder am Abend heimkommen und der Rieke brühwarm all diesen Quatsch von ihrem Streit und seinem großartigen Fuhrunternehmen vorbeten, ausgerechnet der kleinen Rieke, die wahrhaftig schon genug auf dem Buckel hatte. Das durfte nicht sein. Kalli Flau runzelte die Stirne, er dachte scharf nach. Er mußte die Sache vorher mit Karl in Ordnung bringen, dieser Streit mußte begraben werden. Nun, das war nicht so schwierig, man

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