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Ein Mann will nach oben

Ein Mann will nach oben

Titel: Ein Mann will nach oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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nichts, Kiesow? Ich habe dich doch noch nie angeschwindelt!«
    »Eben hast du mir ’ne ganze Latte aufgehuckt!«
    »Es ist aber alles wahr! Wirklich, Kiesow! Frag den Küraß! Wenn er nicht noch schläft, sucht er schon verzweifelt nachseiner Mütze, und meine Mütze liegt neben ihm auf der Bank!«
    »Und der andere? Wo steckt der?«
    »Ich sage dir doch, in der Kurfürstenstraße!«
    Wieder dachte Kiesow nach. Dann sagte er: »Na, denn komm. Setze die Mütze auf, und dreh das Gesicht weg, wenn du durch die Sperre gehst!«
    Während ihres Gespräches war der Zug abgefahren, mit den letzten gingen sie durch die Sperre. Als sie hindurch waren, wandte sich Kiesow flüsternd an den Jungen: »Wenn sie dich eben geschnappt hätten, wäre es nicht unter Kittchen zu machen gewesen! Hast einen Dienstmann gespielt und die Bahn um die Bahnsteigkarte betrogen. Die sind mächtig scharf auf so was!«
    »Es war nett von dir, daß du mir durchgeholfen hast, Kiesow!«
    »Ich habe dir nicht durchgeholfen, bilde dir doch so was nicht ein! Du bist noch nicht durch; wenn du mich angeschwindelt hast, beeide ich es, daß du die Bahn beschissen hast!«
    »Ich habe dich nicht angeschwindelt, Kiesow …«
    »Na, wollen mal sehen …«
    Sie traten aus dem Bahnhofsportal. Und da, gerade gegenüber, an dem Grünstreifen, stand Karl Siebrecht mit der Karre des alten Küraß, und der Opa stand vor ihm, hielt die Mütze des Kalli in den Händen und redete kläglich auf den Jungen ein. »Gottes Donner!« fluchte Kiesow. »Ich hätte nicht gedacht, daß du so gemein lügen kannst. Kalli!«
    In demselben Augenblick war es Kalli Flau klar, daß er sich nun richtig mit Karl Siebrecht verkrachen mußte, so daß der Dienstmann 13, Kiesow, es glaubte. Sonst waren sie für ewige Zeiten auf allen Bahnhöfen erledigt, und er kam auch noch ins Kittchen, womit keinem genützt war. Er stürzte auf den Opa Küraß zu, riß ihn von Karl Siebrecht zurück und schrie: »Willst du wohl mal nicht mehr mit dem Kerl reden, Opa? Der macht mit deinem Karren die Fuhren, und dann steckt erdas Geld ein! Und er ist mit seinem verdammten hochnäsigen Maulwerk überhaupt schuld, daß wir dir nicht mehr helfen dürfen, Opa! Gegen mich haben sie nichts, der Kiesow hat es eben erst gesagt. Von seinetwegen kann ich überhaupt Dienstmann werden, aber du verdirbst uns alles, Karl, mit deinem hochnäsigen Getue! Mit dir bin ich fertig! Ich habe es dir schon in der Hofjägerallee gesagt, was du mir kannst! Ja, das kannst du mir! Kreuzweis kannst du’s mir!« Und je bleicher er den Freund unter seinen Schimpfreden werden sah, um so stärker schrie er, denn er mußte den Kiesow überzeugen, sonst war alles verloren. Und dabei dachte er doch immer: Um Gottes willen, er sieht so unglücklich aus, das kommt nie wieder in Ordnung, das verzeiht mir der Karl nie –»Bist du das, Kalli?« fragte Karl Siebrecht ganz leise, als Kalli endlich nicht mehr schreien konnte. »Und schon die rote Mütze auf? Dienstmann von Herrn Kiesows Gnade –?«
    »Jawohl«, nickte Kalli. »Ich werde Dienstmann!« Und um es ganz gut zu machen: »Das ist besser als deine alberne Fahrerei!«
    »Schwein!« sagte Karl Siebrecht, spuckte aus vor ihm und ging.

29. Ein Geldmann meldet sich

    Während Kalli Flau die anerkennenden Worte des Dienstmanns Kiesow anhörte und dabei verzweifelt dem verlorenen Freunde nachschaute, während er dann auch von dem Opa Küraß den Karl schlechtmachen hörte, der es doch besser hätte wissen müssen, aber der nach Greisenart an nichts mehr hing als an seinem armen bißchen Leben – unterdes ging Karl Siebrecht, den Kopf gesenkt, die Stirne vorgeschoben, ging vor sich hin, ging und schmeckte es, wie das so schmeckt, wenn man von einem Freund verraten wird um eines schnöden Vorteils willen. Um Dienstmann zu werden. Um einer albernen roten Mütze willen hatte ihn der Freund verraten! Und er hätte ihn zu was gemacht, das mehr wert war als alleroten Mützen. Aber mochte das noch sein, mochte er eben Dienstmann werden, manche wollten eben nicht hoch hinaus, blieben lieber in der sicheren Geborgenheit, wollten nicht schwimmen lernen – gut, gut, Kalli, alles gut: werde du Dienstmann, aber deswegen noch keine Feindschaft! Deswegen können wir doch Freunde bleiben! Den Jungen würgte es im Halse, er stellte sich vor ein Schaufenster und starrte blind hinein. Du hättest es doch besser wissen müssen! Wenn es manchmal hochnäsig klang, was ich sagte, wenn ich ein bißchen viel gemeckert

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