Ein Mann zum Abheben
die Reifen wechseln.«
»Sehr romantisch. Wo liegt deine Hand?«
Ich schaue auf meine verbundene Hand hinunter. »Du machst dir immer Sorgen darum, wo meine Hand liegt.«
»Kannst du sprechen?«
»Ich muss zur Schule …«
»Nicht vor 14 Uhr 05.« Er kennt meinen Terminkalender. »Ich frage dich nicht, ob du nach Europa fliegst, ich brauche nur fünf Minuten.«
»Ich hatte noch nie Telefonsex.«
»Wir haben keinen Telefonsex. Gott, das klingt furchtbar. Wir unterhalten uns, das ist alles. Niemand bekommt wegen einer Unterhaltung Probleme.« Eine unverschämte Lüge, aber ich lache trotzdem. Die Uhr auf meinem Armaturenbrett zeigt 13 Uhr 15.
Fünf Minuten später habe ich meine Unterwäsche bis zu den Knien heruntergezogen, und mein Kopf liegt auf dem Autositz auf. Er fragt, ob das für eine Weile reichen wird.
»Ich glaube schon.«
Ich rufe ihn am Nachmittag zurück.
Kapitel 10
An den Samstagen fahren die Kinder morgens mit uns zum Sportplatz und beschäftigen sich auf den Schaukeln und Kletterburgen, die auf dem Spielplatz der Grundschule stehen, während wir walken. Kelly und ich sind heute schnell unterwegs, schnell genug, um uns von Belinda und Nancy abzusetzen. Eine Gruppe Cheerleaderinnen trainiert in der Mitte des Platzes. Sie bilden Pyramiden und fallen wieder in sich zusammen, üben das Feld hinunter Läufe mit Überschlägen und kommen zum Abschlusssprung.
»Schau dir diese Mädchen an«, sage ich. »Sie sind so jung und sehen so gut aus.«
Kelly seufzt. »Das Leben ist lang.«
Tory hat sich entschlossen, mit uns zu walken. Sie muss laufen, um mit uns Schritt zu halten, aber offensichtlich ist ihr die Teilnahme am Gespräch der Erwachsenen das wert. Auch sie schaut zu den Mädchen und dann wieder zurück zu uns. »Als du und Mommy Cheerleaderinnen gewesen seid, habt ihr euch da gegenseitig in die Luft geworfen?«
»Wir haben nicht solche Sachen gemacht wie die«, antwortet Kelly. »Damals waren wir keine Turnerinnen. Wir sind nicht in Trainingslager gefahren und haben keine ausgefallenen Sachen gelernt. Aber eine Hebefigur hatten wir …«
»Du hast Mom gehoben?«
»Sie hat mich gehoben.«
»Kelly war, wie wir es nannten, eine Fliegerin«, erkläre ich. »Ich war Fängerin, weshalb ich am Boden geblieben bin.«
»Warum haben sie dich unten hingestellt?«
»Weil deine Mutter kräftig genug war, mich aufzufangen.«
»Sag ihr die Wahrheit. Ich bin immer am Boden geblieben, weil ich nie den Mumm hatte zu springen.«
»Du hast nie darauf vertraut, dass ich dich fange.«
»Das stimmt«, gebe ich zu. Ich lege zwei Finger an meinen Hals, um meinen Puls zu fühlen. »Ich hatte bei keiner das Vertrauen, dass sie mich fängt.«
»Du hast ständig eine riesige Sache daraus gemacht, dass ich Tracy McLeod hab fallen lassen.«
»Wer ist Tracy McCrowd?«, will Tory wissen und greift nach Kellys Hand.
»Irgendein kleines, jammerndes Nichts, das absolut uninteressant ist. Aber einmal habe ich sie so gut wie fallen gelassen, und deine Mom ist nie darüber hinweggekommen. Wahrscheinlich hat es daran gelegen, dass Tracy die ganze Zeit durch die Schule hinkte und jedem erzählt hat, sie hätte sich den Knöchel gebrochen.«
»Sie hat sich den Knöchel gebrochen.«
»Tory, erinnerst du dich an die Geschichte, die du dir ausgedacht hast, als du klein warst?«, fragt Kelly, die eindeutig das Thema wechseln möchte. Wir halten seit zwanzig Minuten dieses Tempo, und ihr geht allmählich ein bisschen die Puste aus. »Du bist auf meinen Schoß geklettert, ich habe sie aufgeschrieben, und deine Mom hat sie in dein Babybuch geklebt. Sie handelte vom Leben einer Cheerleaderin.«
»Du hast sie aufgeschrieben?«
»Ja, aber ich kann sie auswendig.« Wir bleiben stehen, Kelly räuspert sich und rezitiert:
Vor langer Zeit wurde ein Mädchen geboren.
Sie war eine Ballerina.
Sie war eine Cheerleaderin.
Dann war sie eine Ehfau.
Dann ist sie gestorben.
Tory hebt fragend die Augenbrauen. »Was ist eine Ehfau?«
»Wahrscheinlich hast du ›Ehefrau‹ sagen wollen«, erkläre ich Tory, die bei dieser Erinnerung lächelt. »Allerdings war es komisch, dass du ›Ballerina‹ und ›Cheerleaderin‹ gekannt hast, aber nicht das Wort für ›Ehefrau‹.«
»Du warst so lustig«, sagt Kelly. »Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich alles aufgeschrieben, was du je gesagt hast.«
Tory nickt, als wäre das eine vernünftige Reaktion auf ihre brillante Kindheit. Wir setzen uns wieder in Bewegung, und sie schielt zu den
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