Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
Vom Netzwerk:
Wasser werden ihn nicht läutern / Auch nicht durch Meer und Flüsse wird er geheiligt / Noch waschen ihn rein alle Wasser der Vergebung / Unrein, unrein wird er bleiben / Solange er Gottes Urteil mißachtet.«
    Zu beiden Seiten des Rezitierenden stand ein Rabbiner, um mit wachsamen Augen zu beobachten, wie die Novizen, einer nach dem anderen, ins Becken hinabstiegen, den Kopf unter Wasser tauchten, sich den Körper mit einer Bürste aus Hirsestroh abschrubbten und dann in einer Kabine verschwanden, um sich dort abzutrocknen und umzuziehen, bevor sie, nun in weiße Gewänder gekleidet, wieder heraustraten. Ein Diener sammelte die nassen Lendentücher mit einer Stange auf und warf sie in einen Holzzuber; ein zweiter trug den Bottich fort und brachte ihn leer zurück.
    Als Jesus an der Reihe war, meinte Hezechäus zu ihm: »Zieh dich aus, aber behalte deinen Schurz an!«
    Jesus stieg die drei Stufen hinunter, stand bis zu den Hüften im erstaunlich kalten Wasser, prustete und rieb sich, da er keine Bürste hatte, mit den Handflächen den Körper ab. Er hatte seine Zweifel, ob er nun wirklich von seinen Missetaten reingewaschen war. Dann stieg er aus dem Bad und suchte sein Gewand, das er nicht mehr finden konnte.
    »Ich habe es genommen, um es zum Waschen zu geben«, erklärte ihm einer der Novizen und reichte ihm ein trockenes Lendentuch und ein weißes Gewand. »In der Kabine liegt ein Handtuch zum Abtrocknen.«
    Während Jesus sich, vor den Blicken der anderen geschützt, trockenrieb, hörte er, daß der Rezitator seine Ermahnungen wiederaufgenommen hatte: »... Und durch den Geist der Heiligkeit / Im Streben nach einem gemeinsamen Leben in Seiner Wahrheit / Wird er von allen seinen Sünden reingewaschen / So daß er das Licht des Lebens schauen kann.«
    Nachdem er sich die Haare mit einem Holzkamm, der in der Umkleidekabine für die Badenden bereitlag, entwirrt hatte, band er sie im Nacken zu einem Knoten zusammen. Ohne zu wissen, wohin er nun gehen sollte, verließ er die Kabine und schloß sich wieder den Novizen an, die sich, noch immer im Gänsemarsch, zum Hauptgebäude begaben. In einem sieben bis acht Ellen hohen, etwa zehn Ellen breiten und viermal so langen Saal fand er sich wieder. Zwei deutlich voneinander abgegrenzte Tischreihen, zu beiden Seiten von langen Bänken gesäumt, waren darin aufgestellt. Die Novizen nahmen vor den Tischen in der Nähe der Türe Aufstellung. Die übrigen Tische waren wohl den älteren Mitgliedern vorbehalten. Und tatsächlich, nur wenig später betraten andere Männer, unter ihnen auch Jokanaan, den Raum durch eine weitere Tür. Wie die Novizen stellten auch sie sich vor den Tischen und den leeren Tellern auf.
    Nun schritt ein greiser Mann von majestätischer Erscheinung herein, offenbar der Oberste der Essener. Sein weißer Bart lag ihm wie ein Schutzschild über der Brust, eine schlohweiße Mähne umrahmte sein Haupt und fiel wallend auf die Schultern herab. Da seine Haare noch feucht schimmerten, konnte man daraus schließen, daß auch der Meister dem abendlichen Waschritual nachkam. Zwei Rabbiner — oder nannten sie sich hier vielleicht anders? — erschienen in seinem Gefolge, Efraim und Matthias, die beiden, die Jesus einer ersten Befragung unterzogen hatten. Der Greis dankte dem Allmächtigen für Seine Gnade, ihnen allen heute ein weiteres Mal die Gunst gewährt zu haben, Ihn, den Herrn, zu lobpreisen, und alle Versammelten sprachen seine Worte nach. Dann dankte er Ihm für die Kraft, die Er ihnen den ganzen Tag hindurch verliehen hatte, damit sie ihre Arbeit vollbringen konnten, und wartete wieder, bis seine Worte wiederholt wurden. Schließlich pries er den Herrn, weil Er ihnen geholfen hatte, den Geist des Bösen in Schach zu halten und sich von den Sünden der Welt fernzuhalten, und er dankte Ihm für die Nahrung, die Er ihnen schenkte. Nach diesen abschließenden Worten setzte er sich, und die Köche kamen in den Saal; diejenigen, die zur Tür der Novizen hereinkamen, bedienten ausschließlich die Novizen, die anderen hingegen nur die älteren Essener. Das Essen wurde in irdenen Gefäßen herbeigeschafft, die so schwer waren, daß zwei Männer sie kaum schleppen konnten. Es gab Weizensuppe mit Wachtelfleisch, von der sich jeder mit einem hölzernen Schöpflöffel bediente. Anschließend wurde dem Meister der Essener ein riesiger Brotkorb vorgesetzt, aus dem er einen Laib nahm und ihn mit symbolischer Geste entzweibrach, bevor der Korb weitergereicht wurde und

Weitere Kostenlose Bücher