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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Nur eins möchte ich dir sagen: Für die Freiheit muß man bezahlen. Nicht der Wahnsinn ist es, vor dem du Angst hast, sondern die Aussicht auf die Freiheit.«
    »Und ich fühle es jetzt schon, daß du selbst da nicht haltmachen wirst. Überall wird sich alles ändern, sobald du auftauchst. Du hast einen solch klaren Verstand!« Er gestikulierte wild mit der Hand, um diese letzten Worte zu unterstreichen. »Genauso wie mich wirst du auch dieses ganze Land in Verwirrung stürzen.«
    »Demnach verwirrt also Klarheit die Leute«, bemerkte Jesus, während er sich die frischgewaschenen Haare im Nacken mit einer dünnen Schnur zusammenband. »Daran hatte ich noch nie gedacht.«
    »Siehst du!« rief Natanael aus. »Du begreifst sogar die Widersprüchlichkeit sofort!« Er stieß sich von der Wand ab und schüttelte den Kopf. »Und trotzdem weiß ich, daß ich es mein Leben lang bereuen würde, wenn ich jetzt fortginge!«
    Welch große Leidenschaft und Unsicherheit doch aus ihm sprach! »Nun bist du mir böse«, meinte Natanael.
    »Nein.«
    Natanael ließ sich Jesus zu Füßen nieder. »Selbst wenn ich es wollte, ich könnte nicht fortgehen«, gestand er. »Aber ich habe tatsächlich Angst, alles neu in Frage zu stellen.«
    »So solltest du dich nicht schlafen legen, staubbedeckt, wie du bist«, sagte Jesus sanft zu ihm. »Und was deine Angst betrifft, säe dein Korn noch am Morgen aus, solange Zeit dazu ist, und scheue keine Mühe bis zum Abend, denn du weißt nicht, ob dieses Korn oder jenes dort keimen wird, vielleicht aber auch alle beide zugleich.«
    Natanael ging sich waschen. Als er zurückkam, schlief Jesus bereits.
     
    Am nächsten Tag waren sie in Sebaste, der ehemaligen Hauptstadt, die unter Herodes dem Großen nach römischem Muster wiederaufgebaut worden war. Ein Stadtbild, das zahlreichen anderen Städten der Dekapolis sehr ähnelte.
    »Ist das dort ein Tempel?« wollte Natanael wissen, der die Städte im Norden Palästinas nicht kannte.
    »Nein, ein Hippodrom.«
    »Was ist ein Hippodrom?«
    »Ein kreisförmiges Gelände, auf dem die Römer Pferderennen veranstalten. Sie schließen dabei Wetten auf die Pferde ab, und dem Gewinner winkt ein schöner Preis.«
    »Kann ich auch wetten?« fragte Philippus.
    »Was?« entrüstete sich Simon.
    »Und das da, das dürfte doch wohl ein Tempel sein?«
    »Nein, es ist ein Stadion, wieder ein anderes Gelände, auf dem die Athleten zeigen, was sie können.«
    »Gibt es auch jüdische Athleten?« fragte Natanael.
    »Lasterhafte Verderbnis ist das!« ereiferte sich Simon erneut. »Warum lasterhafte Verderbnis?« fragte Jesus.
    »Der Körper... der Körper...« stotterte Simon.
    »Der Körper, ja und?« entgegnete Jesus. »Womit bestellen wir denn die Felder und fischen im Meer? Wodurch hat unsere Rasse fortbeste-hen können, hm?«
    Simon und die anderen blieben mit verstörten Gesichtern stehen. »Aber... der Körper... die Heiden... die Statuen...« protestierte Simon, mehr und mehr ratlos.
    »Ist er uns nicht vom Herrn selbst gegeben worden? Hat Er uns etwa befohlen, ihn zu verachten? Wenn die Heiden auch regelrecht ihren Götzendienst damit treiben — und selbst da wäre ich vorsichtig mit einem übereilten Urteil, denn was wissen wir schon darüber? — , wenn dem nun so wäre, ist das gleich ein Grund, so zu tun, als gäbe es ihn gar nicht?«
    Sie setzten sich wieder in Bewegung, ganz in ihre Grübeleien versunken.
    »Aber warum malträtiert dann Jokanaan seinen Körper so sehr?« fragte Andreas.
    »Jokanaan ist nicht mehr Herr seiner selbst«, antwortete Jesus. Doch die Frage war durchaus berechtigt.
    »Und das hier, das muß aber nun endlich ein Tempel sein«, meinte Philippus und deutete auf ein Gebäude an einem kleinen Hügel westlich von ihnen, über dem ein Turm aufragte.
    »Nein«, erklärte Jesus lächelnd, »das ist der alte Palast des Königs Omri.«
    »Ja, gibt es denn gar keine Tempel in dieser Stadt von Ungläubigen?« wunderte sich Simon.
    »Dort drüben zum Beispiel ist schon einer«, sagte Jesus, »aber es ist eine Synagoge.« Dabei wies er auf ein Gebäude römischen Baustils. »Mit einer nackten Männerstatue davor«, empörte sich Simon wieder.
    »Wer war König Omri?« wollte Natanael plötzlich wissen.
    »Ein großer König, der die Philister besiegt hat und dem zu Ehren sich Israel Generationen hindurch >Haus Omri< genannt hat. Das war, noch bevor wir mit den Samaritern über Kreuz geraten sind. Ach ja, da wir gerade bei dem Thema sind — habt ihr

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