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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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nun eigentlich vor, weiterzufasten und euch von altbackenem Brot zu ernähren, oder wollt ihr schließlich doch einsehen, daß jedes Brot ein Geschenk des Herrn ist? Außerdem darf ich euch daran erinnern, daß dies das Land ist, in das auch Jokanaan kam, um hier zu predigen und zu taufen.«
    Sie drucksten verlegen herum. »Na gut, ihr Brot will ich essen, aber Schweinefleisch rühre ich gewiß nicht an!« meinte Simon endlich. »Wenn man ihr Brot ißt, muß man ja nicht unbedingt gleich mit ihnen reden«, überlegte Andreas laut.
    »Ja, weil wir natürlich etwas Besseres sind als sie, nicht wahr?« brummte Jesus verärgert.
    Auf der Suche nach einer Herberge gingen sie eine breite Straße hinunter, als sie plötzlich auf eine Gruppe von zwei bis drei Dutzend Leuten stießen, die um einen auf dem Boden liegenden Mann herumstanden. Der Mann hatte die Augen verdreht, sein Gesicht war aschfahl.
    »Er ist tot«, sagte jemand, »wir müssen den Rabbi rufen.«
    »Das ist ein Grieche, man muß nach den Bütteln schicken«, meinte ein anderer.
    »Aber nein«, fiel ein dritter ein, »das erkennt doch jedes Kind, daß der hier ein Phönizier ist. Seht ihr denn nicht, wie er den Bart trägt?«
    »Ob nun Grieche oder Phönizier«, sagte eine Frau, »ihr werdet ihn doch wohl nicht hier liegenlassen wollen, bis die Geier kommen?« Jesus beugte sich über den Mann. Er bemerkte eine goldene Kette an dessen Hals, und als er sie unter seinem Gewand hervorzog, tauchte ein an ihrem Ende befestigter Gebetsriemen auf. Er legte das Ohr auf die Brust des Mannes. Sein Herz schlug noch, wenn auch sehr schwach.
    »Der da ist kein Jude«, bemerkte einer der Gaffer böse, »seht nur, wie er die Leiche anfaßt! Daß er mir nachher nur nicht zu nahe kommt! Am besten, ihr haltet ihn euch vom Leib.«
    Jesus kniff den Mann an einer bestimmten Stelle ins Ohr, dann drückte er ihm beide Daumen fest in die Augenhöhlen, unmittelbar oberhalb der Augen. Der Mann bewegte den Kopf und hob eine Hand. In der Menschenmenge, die mittlerweile immer mehr angewachsen war, erhob sich ein Raunen der Verwunderung.
    »Ein Wunder!« rief eine Frau aus.
    »Ein Wunder! Ein Wunder!« wiederholten die anderen.
    »Kann mir wohl jemand helfen, diesen Mann hier in den Schatten zu setzen?« fragte Jesus in die Runde. Sogleich eilten Simon, Andreas, Philippus, Natanael und auch einige andere herbei, die sich zuvor in wohlweislich sicherer Entfernung zu der vermeintlichen Leiche gehalten hatten. Man setzte den Mann auf einen Stuhl vor einem Laden. Jesus bat die Leute, etwas zurückzutreten, damit der so wundersam Geheilte freier atmen konnte.
    »Er hat einen Sonnenstich abbekommen«, erklärte Jesus und verlangte nach einem mit kaltem Essigwasser getränkten Tuch und einem Krug Wasser. Der Mann, der nun die Augen geöffnet hatte, wirkte sehr elend. Jesus flößte ihm reichlich Wasser ein und legte ihm das feuchte Tuch über den Kopf. »Wohnst du hier in der Nähe?« fragte er den Mann.
    Ein Kopfnicken unter dem Tuch war die Antwort.
    »Dann laß dich von jemandem nach Hause begleiten und leg dich dort bis morgen ins Bett. Die Umschläge mit Essigwasser wiederholst du am besten, bis du wieder auf die Beine kommst. Und trink viel Wasser.«
    Zwei der Herumstehenden halfen dem Mann hoch und machten sich mit ihm behutsamen Schrittes auf den Weg. Währenddessen hatten die Leute begonnen, sich in allen erdenklichen Mutmaßungen über Jesus zu ergehen: Gewiß war das ein Magier, nein, ein großer phönizischer Heilkundiger, nein, nein, ein Prophet war er. Die Augenzeugen erklärten den Neuankömmlingen, daß sie gesehen hätten, wie ein Mann wieder zum Leben erweckt worden sei. Sie schworen, daß dieser Mann da einen Toten der Ewigkeit entrissen habe. Bald herrschte aufgeregtes Durcheinander, und als die Büttel endlich eintrafen, rissen sich bereits zwanzig Personen darum, als Zeugen aussagen zu dürfen. Da begann eine Frau — sicherlich dieselbe, die die Idee mit dem Wunder aufgebracht hatte — plötzlich zu kreischen: »Es ist der Messias! Der Messias ist unter uns! Gepriesen sei der Herr!«
    Nichts wie weg, hieß es jetzt. Jesus stürzte in die gegenüberliegende Werkstatt eines Schusters, der das Geschehen mit verfolgt hatte und nun offenen Mundes dastand. »Schließ die Tür!« bat Jesus, dem die Menge auf den Fersen war.
    »Bist du wirklich der Messias?« fragte der Schuster, den die Vorstellung weit mehr faszinierte, hier einem Fabelwesen — auch wenn es der Vorbote des Endes

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