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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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Fleisch, Gemüse, Öl, Salz und Wein gewesen, hätten sie Hunger leiden müssen. Aber man konnte nicht darauf hoffen, daß dieser Überfluß weiter andauern würde; die Leute von Kafarnaum erwarteten auch Taten.
    Thomas erriet die Gedanken seines Meisters: »In gewisser Weise«, sagte er, »bist du schon ein vom Herrn beauftragter Feldherr. Jokanaan kann nichts tun.«
    »Und wenn du kein Feldherr des Himmels wärst«, fuhr Simon der Zelot fort, »wozu hättest du uns dann angeworben?«
    »Vielleicht bist du dazu vorbestimmt«, schlug Johannes vor.
    »Du hast einen Rivalen, Thomas«, meinte Jesus lachend. »Er weiß, ohne gelernt zu haben, und antwortet auf Fragen, die du nicht gestellt hast.«
    »Ja«, sagte Thomas, »er ist intelligent. Vorbestimmt! Ich hätte daran denken sollen! Vielleicht bist du tatsächlich vorbestimmt.«
    Eine Pause entstand.
    »Also gut«, sagte Jesus plötzlich. »Wir gehen nach Jerusalem.«
    »Wann?« fragte Johannes.
    »Morgen.«
    Es wurde beschlossen, daß Maria in Kafarnaum bleiben sollte. Fünfzehn Männer zogen mit sechs Maultieren los. Sie kamen eine Woche später durch das Tor der Schafe in Jerusalem an; es war ein Donnerstagabend.
    »Schon morgen«, meinte Johannes, »müssen wir sie wissen lassen, daß wir da sind.«
    Und Jesus wurde klar, daß Johannes der Jünger war, der den größten Einfluß auf ihn ausübte, obwohl er der jüngste war. Er schien klar wie das Wasser zu sein, und trotzdem stark wie Wein.
    Sie machten sich sehr früh am nächsten Morgen auf den Weg. Im Tempelbezirk herrschte bereits dichtes Gedränge. Die Menge zwängte sich zwischen Schafherden mit Lämmern hindurch, Händler trugen Käfige mit Tauben und Weinkrüge auf dem Kopf. Ein großer Markt. Geblöke, Gegurre, Geschimpfe. Rechts und links die Auslagen der Geldwechsler, der Verkäufer von Weihrauch und Myrrhe, von Obst und Erfrischungen. Ebenfalls rechts der Holzladen, den Jesus’ Vater früher sicher mit Eichenholz aus Zilizien und Zedernholz aus dem Libanon-Gebirge versorgt hatte, genau am Eingang zum Hof der Frauen. Protestschreie, ein Wechsler ruft einem Kunden zu, daß er bei jedem Münzwechsel seinen Anteil haben müsse.
    »Das ist mein Beruf!« geifert er. »Wie sollte ich sonst leben?« Der andere sagt, das sei Wucher. Jesus geht auf den Händler zu und befiehlt ihm zu gehen.
    »Was?« schreit der Händler. »Wer bist du denn?«
    »Du hast mich verstanden, verlasse den Tempel.«
    Die vierzehn stehen dicht gedrängt hinter Jesus. Der Händler hält sie für Gaffer. Jesus entreißt einem der Viehhändler seine Knotenpeitsche. Die Peitsche zischt durch die Luft und trifft die Brust des Händlers, der nach hinten fällt. Sie schnalzt noch einmal und trifft die aufeinandergestapelten Taubenkäfige des Händlers nebenan, die beim Herunterfallen zerbrechen.
    »Hilfe!« schreit der Geldwechsler.
    »Hilfe!« schreit auch sein Nachbar.
    Die Tauben fliegen davon, die Peitsche trifft einen Schafbock und zwei Lämmer, die daraufhin über den Platz galoppieren. Jesus ist schon beim nächsten Händler, einem starken Kerl, der drohend näher kommt; die Peitsche trifft ihn im Gesicht, er versucht, sie aufzufangen, aber die Peitsche knallt noch einmal. Das Gesicht des Händlers blutet, aber es gelingt ihm, eine der Peitschenschnüre zu fassen, und er zieht so fest daran, daß Jesus das Gleichgewicht verliert, während der Händler mit dem anderen Arm seinem Angreifer einen heftigen Faustschlag versetzt. Simon, Johannes und die anderen packen den Mann, Jesus zieht an der Peitsche, bekommt sie frei und versetzt dem Kerl einen starken Schlag auf den Rücken, als dieser sich bückt, um seine Ware wieder aufzusammeln. Auf allen vieren durch die Menge kriechend, ergreift er die Flucht. Die anderen Händler eilen, mit Stöcken bewaffnet, herbei, um zu helfen, aber eine Schnur der Peitsche ringelt sich um einen Stock, der fällt zu Boden, die anderen Schnüre treffen die Angreifer im Gesicht und am Hals. Die Frauen in der Menge fangen an zu schreien, ebenso wie die Kinder, zwei Leviten eilen herbei, aber Jesus springt in großen Sätzen umher, knallt mit der Peitsche und fegt die restlichen Auslagen der anderen Händler davon. Auf dem Boden rollen Münzen. Jakobus läßt einen Tisch auf den Kopf eines Geldwechslers niedersausen, Natanael und Bartolomäus kämpfen mit anderen Händlern, die sie am Schlafittchen gepackt haben, Schafe blöken, der Tumult erreicht seinen Höhepunkt. Plötzlich ertönt Jesus’ Stimme: »Dies

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