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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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im Grunde zu einer einzigen zusammenfassen ließen: Gab es in den Psalmen oder in anderen Büchern einen Hinweis auf den Messias? Eine Woche später diskutierte ganz Jerusalem über den Messias. Wieder eine Woche später ganz Judäa. Nicht, daß die Leute der Neuigkeit, der Messias sei in Galiläa, unbedingt Glauben schenkten, aber sie hofften vage, daß diese Neuigkeit ihr Leben verändern möge. Hoffnung, Furcht und Aufregung vereinten sich zu einer Unruhe, deren Ursache vor allem im Tempel vermutet wurde. Leute, die aus weit entfernten Dörfern und Städten kamen und das Gerücht gehört hatten, fragten naiv, ob der Messias in Jerusalem eingetroffen und ob er nicht im Tempel gewesen sei. Solche Fragen entfachten bei den Priestern und Leviten regelmäßig Wutanfälle, die ihrerseits wieder die Geldwechsler beunruhigten.
    »Nein, mein Freund, ich habe nichts von einem Messias in Jerusalem gehört, und auch anderswo nicht. Das macht fünf Denare«, sagte ein Geldwechsler und steckte ausländische Münzen ein.
    »Was haben sie denn alle? Das ist der dritte innerhalb einer Stunde, der mich nach dem Messias fragt!« sagte er zu seinem Kollegen. »Weißt du etwas?«
    »Nein. Ich habe einen Priester gefragt, doch der konnte mir auch nichts sagen«, antwortete der andere mit einem Achselzucken.
     

X.
     
    Eine Ochsenpeitsche und einige Mißverständnisse
     
    Jesus wohnte drei Tage lang bei Simon. In diesen drei Tagen überstürzten sich Neuigkeiten, Eindrücke und Vorahnungen, als ob die Zeit schneller verginge.
    Judas Iskariot schien das Gras wachsen zu hören. Er berichtete, der Rabbi habe vor, einen Boten nach Jerusalem zu schicken, weil man ihm seine Synagoge genommen habe. Angeblich hätten ihn mehrere Leute davon abgebracht und ihn überzeugt, daß Jesus nicht nur ein frommer Mann sei wie andere auch, sondern vielleicht sogar der Messias. Judas meinte aber, daß der Rabbi trotzdem einen Mann geschickt habe, um den Sanhedrin zu warnen.
    Reisende, die aus Tyrus und Samaria kamen, überbrachten recht wirre Geschichten von Magiern. In Tyrus gäbe es einen Fremden namens Menander, der tote Bäume wieder zum Blühen bringe. In Samaria habe man einen gewissen Simon innerhalb von nur einer Stunde in zwei weit voneinander entfernten Häusern gesehen. Es hieß, er fliege durch die Luft.
    Man hatte außerdem die Soldaten des Herodes in Änon-Salim gesehen, wo sie Schüler des Jokanaan mißhandelten und Jokanaan selber wegen seiner Verwünschungen gegen den Tetrarchen und seine Gattin bedrohten. Der Täufer war außer sich geraten und hatte in seine noch bittereren Verwünschungen die Schergen mit einbezogen. Einige hatten sogar fliehen müssen, da sie fürchteten, von der Menge gesteinigt zu werden.
    Spione aus Jerusalem, berichtete diesmal Thomas, verbreiteten in Galiläa Gerüchte, nach denen Jesus einmal der Bastard eines römischen Legionärs sei, das andere Mal ein Hexenmeister, der seine Kunst bei den Parthern gelernt habe, und daß er zu Huren gehe. Die letzte Verleumdung, vermutete Thomas, war sicher in Kafarnaum selber entstanden, denn es war in der Stadt bekannt, daß zu den glühendsten Verteidigern von Jesus eine junge Witwe und eine Frau mit ungewissem Familienstand gehörten.
    Schließlich erzählte ein Reisender aus Judäa, daß die Essener von Qumran und aus anderen Gemeinschaften vor Jesus und Jokanaan warnten, da sie nur Abtrünnige und Verrückte seien.
    Der bis dahin klare Himmel schlug also in Unwetter um. Die Jünger wurden ungeduldig. Sie wollten handeln, und für sie hieß handeln, sich endlich Jerusalem vorzunehmen.
    »Es ist offensichtlich, daß dein Ruf sich im ganzen Land ausbreitet«, sagte Thomas, »und daß, wenn du daraus nicht schnell Nutzen ziehst, unsere Feinde zum Gegenangriff schreiten werden.«
    Sie saßen unter einer Platane auf einer Wiese neben Simons Haus. Ziegen und Schafe fraßen, was sie dort fanden: Klee, Hafer, Unkraut, wilde Zichorien. In der Nacht hatte es geregnet; kleine Wolken, die wie weicher Brotteig aussahen, trieben dicht gedrängt dahin, und die Luft war kalt.
    Man zwingt mich dazu, dachte Jesus. Aber waren es die Menschen, oder war es Gott? Was Thomas gesagt hatte, entsprach dem gelinden Menschenverstand, die Zeit drängte.
    Hinter ihnen klapperte ein Fensterladen. Maria und Simons Frau lüfteten die Küche. Sie mußten für sechzehn Männer und genauso viele Frauen kochen. Wären da nicht die überreichen Geschenke an Korn, Mehl, Teig, fertigem Brot, Geflügel,

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