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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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sie verhöhnen. Du und Herodes, ihr wollt mich in eure Machenschaften mit einbeziehen, doch eure Pläne würden scheitern; sie können mich nicht retten. Das Geschick nimmt seinen Lauf, bis es erfüllt ist. Die einzige Möglichkeit, das Böse zu zerstören, ist, mich als Opfer darzubieten.«
    »Dir ist doch klar, daß ich sowohl die Befugnis habe, dir die Freiheit zu schenken, als auch die Macht, dich ans Kreuz schlagen zu lassen?« sagte Pilatus. »Ich versuche, dein Leben zu retten, aber du mußt mir dabei auch helfen.«
    »Du hättest keine Macht über mich, wenn sie dir nicht vom Himmel eingeräumt worden wäre, und deshalb fallt die Schuld auf diejenigen zurück, die mich dir überantwortet haben.«
    Procula trat aus dem Hintergrand des Raumes auf sie zu und sagte mit schwacher Stimme: »Können wir denn die unsichtbaren Bande, die dich deinen Henkern ausliefern, nicht zerreißen?«
    Jesus drehte sich zu ihr um.
    Verzweifelt rang sie die Hände.
    »Von Anfang an stand es so geschrieben«, sagte er nur.
    »Wirklich?« fragte sie.
    »>Er empfand große Betrübnis<«, rezitierte Jesus auf aramäisch, »>Er ließ sich zu Boden werfen und tat seinen Mund nicht auf / Wie ein Lamm das zur Schlachtbank geführt wird / Und wie ein Widder der vor seinem Scherer verstummt / Man hat ihn mitgenommen ohne Schutz und ohne Gerechtigkeit...< Verstehst du Aramäisch, Frau?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann lerne es und lies Jesaja!«
    Sie heulte auf. »Ich hasse die Juden! Oh, wie ich diese Ergebenheit dem Schicksal gegenüber hasse!« Und sie verließ den Raum.
    »Das Ratsmitglied Gedalja ben Jeasar bittet um eine Unterredung mit dir, o Pontius Pilatus, doch nicht hier, sondern draußen«, meldete der Sekretär.
    Pilatus ging hinaus und schritt die Steinstufen der Terrasse hinunter. Gedalja trat einen Schritt vor. »Wir haben nun lange genug gewartet, Pilatus«, erklärte er. »Es müßte dir klar sein, daß wir unsere Meinung nicht ändern werden. Außerdem muß der Verurteilte noch vor Sonnenuntergang gekreuzigt werden.«
    »Willst du mir etwa Befehle erteilen?« fauchte Pilatus mit vorgeschobenem Kinn.
    »Wir sagen dir lediglich, daß wir, sollte der Verurteilte nicht zu gegebener Zeit am Kreuz hängen, eine Gesandtschaft nach Rom schicken werden, um uns zu beklagen, daß du unsere Gesetze verhöhnt hast, um einen Betrüger zu schützen, der es auf eine kaiserliche Provinz abgesehen hat. Haben wir uns verstanden?«
    Pilatus kehrte Gedalja den Rücken zu, ging in den Palast zurück und wies seinen Sekretär an, eine Schale Wasser und ein Handtuch auf die Terrasse bringen zu lassen. Als er draußen wieder erschien, schrie er der Menge zu: »Meine Hände soll das Blut dieses Unschuldigen nicht beflecken!«
    »So laß es über uns und unsere Kinder kommen!« brüllten sie von der Straße herauf.
    Noch einmal kehrte er in den Palast zurück und ließ ihnen Jesus ausliefern.
     

XXV.
     
    Von Mittag bis Mitternacht
     
    Gegen Mittag war der Himmel schwarz verhangen. Bleierne Wolkenbänke türmten sich mit erschreckender Geschwindigkeit über Ju-däa.
    Die römischen Soldaten schoben Jesus nach draußen auf die Stufen vor dem Palast. Er schwankte einen kurzen Augenblick lang, als er die Tempelwachen erblickte, die auf der Straße unten auf ihn warteten. »Bring ihn runter!« rief einer von ihnen seinem römischen Kollegen zu. »Wir können nicht hinaufkommen. Wir haben nämlich keine Lust, uns wegen dieses Verrückten da stündlich zu reinigen.«
    Der Römer hielt Jesus’ Gewand in den Händen, jenes Gewand, das aus einem Stück gewebt war... Wo nur blieb seine Mutter? Hatte man sie nicht darüber in Kenntnis gesetzt, was mit ihm geschah? Und wo waren die anderen?
    Die Römer warfen den jüdischen Wachen einen spöttischen Blick zu. Die und sich reinigen, das war ja wohl die Höhe! Sie rührten sich nicht und taten auch nichts dergleichen, wie um zu sagen: Kommt ihn doch holen, wenn ihr ihn unbedingt haben wollt! Da schritt Jesus die Stufen hinunter. Sobald er das heidnische Gebäude endgültig verlassen hatte, stürzten sich die Tempelwachen förmlich auf ihn. Von oben warf ihm der Römer sein Gewand zu, das er eilig überstreifte, denn er fröstelte.
    Würde es nun mit der Welt zu Ende gehen? Oder würde es noch ein wenig dauern? Er sah über die Menge hinweg, aus der ihn Hannas, Kaiphas, Gedalja und andere anstarrten. Warum schrien sie denn ihren Triumph nicht hinaus? Jagte er ihnen wirklich solche Angst ein? Eine Wache trat

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