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Ein Mensch namens Jesus

Ein Mensch namens Jesus

Titel: Ein Mensch namens Jesus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Messadié
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angeht«, fuhr Josef hartnäckig fort, »weißt du eigentlich, daß fast alle seiner heutigen Mitglieder von Herodes in ihr Amt gehoben wurden? Wußtest du von diesem schändlichen Umstand?«
    »Ich weiß«, seufzte der Priester und winkte überdrüssig ab, »die Wege des Herrn sind eben unergründlich.«
    Er erhob sich, um eine Lampe anzuzünden, denn die Dunkelheit brach herein.
    »Meine zwei Vettern, Heli und Jakob, alle beide Väter vieler Kinder, sind vor den Augen ihrer Frauen auf der Straße ermordet worden!« rief Josef.
    »Ich weiß«, wiederholte Eleasar, »und die Sadduzäer hat euer Leid nicht im mindesten gekümmert.«
    »Die Sadduzäer!« zischte Josef erbost. Dabei legte er sich die Hand auf die Stirn, wie um einen unerträglichen Schmerz zu lindem. »Manchmal frage ich mich, ob sie überhaupt zu unserem Volk gehören und ob sie wissen, was das ist: Furcht vor dem Herrn.«
    »Glücklicherweise werden sie von manchen Pharisäern, wie beispielsweise den Schammaiten, ein wenig in Schach gehalten«, meinte Eleasar und sah erwartungsvoll zu Josef hinüber.
    »Die Schammaiten?« wiederholte dieser stirnrunzelnd. »Weshalb erwähnst du die Schammaiten? Das ist eine Gruppe fanatischer Pedanten, die gut daran täten, ihre Nase ein wenig aus den Büchern zu heben, um sich der Misere um sie hemm bewußt zu werden.«
    »Verzeih meinen Irrtum, aber ich glaubte, du seist einer von ihnen, da ja auch sie mit den Sadduzäern verfeindet sind.«
    »Ich bin Hillelit«, sagte Josef mit aller Entschiedenheit. »Und du machst auch nicht gerade den Anschein, als seist du ein Anhänger der Schammaiten.«
    »Du kannst beruhigt sein«, erwiderte Eleasar. »Ich bin ebenfalls Gefolgsmann von Hillel. Wir haben kaum Schammaiten in unserer Gemeinde. Die Atmosphäre in Alexandria würde ihnen nicht behagen. Aber all das erklärt mir nicht, weshalb ihr Jerusalem verlassen mußtet.«
    Eine Stimme im Haus rief: »Vater! Das Essen ist fertig!«
    »Darf ich dich einladen, mit mir und meinen Söhnen zu Abend zu essen?« fragte ihn der Priester, der immer noch rätselte, welche Konflikte Josef wohl mit der Staatsmacht des Herodes gehabt haben könnte, aber trotz alledem nicht auf sein Abendessen verzichten wollte.
    Sie setzten sich zu einer Mahlzeit aus Zwiebeln und geschmorten Plattfischen, die mit einem Teller Käse und einem Schälchen gekochten Mais in Honig schloß. Der Priester hatte drei Söhne, von denen zwei Kaufleute waren, während sich der dritte dem Rabbinat verschrieben hatte und nach Palästina zurückkehren wollte.
    »Ich habe hier dreißig Jahre meines Lebens verbracht«, sagte ihr Vater. »Ich glaube nicht, daß ich jemals nach Palästina zurückkehren werde. Nicht, daß ich dort etwas zu befürchten hätte...«, fügte er noch hinzu.
    Wieder runzelte Josef die Stirn. Sie dankten Gott und begannen zu essen, wobei Josef, der nur mehr wenige Zähne hatte, langsam und vorsichtig kaute. Während der ganzen Mahlzeit blieb er stumm, und der Priester wurde allmählich ungeduldig. Er fragte sich, ob er wohl an diesem Abend noch das Ende von Josefs Geschichte zu hören bekommen würde.
    Als die Mahlzeit beendet war und sie wiederum dem Herrn gedankt hatten, sagte er zu Josef: »Du hattest also mit der Frau des Pheroras zu schaffen?«
    »Nicht ich«, korrigierte ihn Josef. »Wir. Viele von uns sind der Meinung, man müsse alles tun, um der Dynastie des Herodes die Macht zu entziehen. In ihren Adern fließt Schlangenblut! So dachten auch Pheroras und seine Frau. Sie wollten Herodes’ Söhne Alexander und Aristobul beseitigen. Entsetzliche junge Leute. Entsetzlich! So verdorben! Keine Sünde Sodoms ist ihnen fremd. Alexander hat sogar mit seinen drei Eunuchen Geschlechtsverkehr gehabt!«
    Josef erstickte fast an diesen Worten. Der Priester, dem schon Schlimmeres zu Ohren gekommen war, blieb wesentlich gelassener. »Pheroras und seine Frau«, fuhr Josef fort, der jetzt, da die Spannung wich, seine in letzter Zeit angestaute Erschöpfung zu spüren begann, »wiesen jeden, auch Herodes, auf den unmoralischen Lebenswandel von Alexander und Aristobul hin. Und Herodes war inzwischen dahintergekommen, daß seine Söhne ein Komplott gegen ihn schmiedeten. Ich sage ja, eine wahrhafte Schlangenbrut!«
    »Doch was hattest du mit alldem zu tun?« fragte Eleasar. »Warum warst du in Gefahr?«
    »Nur Geduld!« meinte Josef. »Herodes ließ seine Söhne in Sebaste, nahe bei Cäsarea, erwürgen. Doch wie kann man wissen, was das Gehirn eines

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