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Ein Mensch wie Du

Ein Mensch wie Du

Titel: Ein Mensch wie Du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Räder, der Zug stampfte, Qualm quoll über die winkenden Menschen hin … Da erfaßte Greta der ganze Schmerz des Abschieds. Alle Tapferkeit, die sie sich vorgenommen hatte, fiel von ihr ab … Sie rannte neben dem Zug entlang, rannte mit fliegenden Haaren und keuchendem Atem neben seinem Fenster her … »Franz!« schrie sie. »Franz! Nimm mich mit! Nimm mich doch mit!« Er winkte ihr zu, er lächelte, er spitzte die Lippen, als wolle er sie küssen. Da warf sie die Arme empor und rannte wie irr neben dem Zug. Rauch umhüllte sie, das Stampfen der Räder zerriß ihr Gehirn … »Franz!« schrie sie. »Franz – bleib!«
    Dann war der Bahnsteig zu Ende, Schotter begann … Sie schlug die Hände vor die Augen und lehnte sich an einen eisernen Träger. Haltlos weinend hörte sie, wie der Zug davondonnerte, wie er auf die Brücke kam. Ferner und ferner verklang das Rollen … Vier Jahre fuhren von ihr weg, vier Jahre Glück und Liebe, Sorge und Leid, Freude und Erfüllung. Und Greta lehnte den Kopf an den schmutzigen Eisenträger und weinte noch immer, als einer der Streckenwärter erstaunt an ihr vorbeiging und der große Lautsprecher den neuen Zug ankündigte, der brausend auf den Bahnsteig einlief.

3
    In Grünwald, südlich von München, lag, inmitten eines alten Parks, die Villa des Staatsopernintendanten Dr. Fischer. Ein weißer, langgestreckter, flacher Bau mit riesigen Fenstertüren zum Park hinaus, im Winkel gebaut, der eine windgeschützte Sonnenterrasse umschloß. Eine mit weißen Platten ausgelegte Zufahrt führte zu dem großen, überdachten Eingang, durch den man eine weite Halle betrat.
    Franz Krone hatte sich, nachdem er in München angekommen war, sofort bei der Staatsoper gemeldet und vom Chefdramaturgen Dr. Baltes erfahren, daß er – bis für ihn eine gute Wohnung gefunden sei – zunächst im Haus Dr. Fischers wohnen sollte. Dann fuhr ihn ein Wagen hinaus nach Grünwald in eine Welt, die er bis zu dieser Stunde nur von der Leinwand der Kölner Kinos kannte.
    Dr. Fischer war nicht zu Hause – er hatte eine Konferenz mit dem Kulturreferenten der Stadt München. Ein Diener nahm ihm Koffer und Mantel ab, führte ihn eine breite Treppe hinauf in das niedrige Dachgeschoß und zeigte ihm sein Zimmer, einen großen Raum mit drei Fenstern zum Park hinaus und einem Balkon, der in das Dach eingeschnitten war. Ein Azellavorhang trennte eine Ecke des Raumes ab mit zwei großen Waschbecken und einer Brauseanlage voll blitzender Hähne und Knöpfe.
    »Wenn der Herr sich frisch machen wollen …«, sagte der Diener, legte zwei Frottiertücher über die Nickelstangen neben der Brauseanlage und zog sich zurück.
    Franz Krone öffnete eines der Fenster und trat auf den Balkon. Vom Park herauf strömte der süße Duft der Klematis, die an der einen Hauswand emporrankte. Rosenbeete umsäumten eine Wiese, in deren Mitte ein nierenförmiges Schwimmbecken lag, grün gekachelt, mit einem Einstieg und einem Einmeterbrett. Das Gras stand hoch und wuchs auf die Rosen zu.
    Franz Krone lächelte vor sich hin. »Das Gras müßte sofort geschnitten werden«, dachte er. »Und die Stockrosen sind verwildert … Man sollte sie im Herbst ganz stutzen und dann neu aufziehen. Auch die Beete sind nicht sauber … Die Quecken muß man herausharken und die Erde lockern.« Er schüttelte den Kopf und trat in das Zimmer zurück. Der Gärtner stak noch in ihm, er hatte nicht vergessen, was einmal sein Lebensinhalt war. »Ich werde ihm den Garten in der Freizeit in Ordnung bringen«, durchfuhr es Krone. »Ich werde es Dr. Fischer sagen. Es ist eine Schande, diesen Park so verwildern zu lassen.«
    Die Freiheit, in die er von einem Tag zum anderen hineingesetzt wurde, erfüllte ihn plötzlich mit all der Sorglosigkeit, die ihm hier geboten wurde. Leise vor sich hinpfeifend zog er sich aus, stellte sich unter die Brause und drehte an einem Knopf. Heißes Wasser ergoß sich auf ihn und wusch die Müdigkeit der Reise von ihm fort.
    Eine halbe Stunde später stieg er die breite Treppe wieder hinab in die große Halle. Er trug seinen neuen Sommeranzug, den er mit Greta in Köln gekauft hatte, einen beigebraunen Anzug mit hellgrauer Weste. Er kleidete ihn vortrefflich, machte seinen Körper breiter und unterstrich seine Größe.
    In der Halle sah er sich um. Eine breite Glastür führte hinaus auf die Terrasse. Seitlich war eine andere Glastür mit vorgezogener Portiere dahinter, die in einen anderen Raum führte. Er öffnete sie, schob den

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