Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
nichts ohne dich!«, rief er noch einmal, während ich langsam aus seinem Blickfeld verschwand. »Ich liebe dich.«
Ich hatte lange auf diese drei Worte gewartet. Aber jetzt bedeuteten sie mir nichts mehr. Gar nichts.
»Es gibt nur dich für mich!«, hörte ich ihn noch rufen, bevor ich den Bahnsteig erreichte und er außer Hörweite war. »Nur dich!«
Ich lachte fast. Ja, Ethan, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Jetzt gibt’s nur noch mich. Nur noch mich.
Ich wartete auf dem Bahnsteig neben einem Jungen mit rosa Irokesenschnitt und mehreren aufgestylten Mädchen, die superkurze schwarze Kleider und High Heels trugen. Sie lachten laut und tranken Wein aus einer Flasche, obwohl Alkohol in der U-Bahn nicht mehr erlaubt war. Es schien weder jemandem aufzufallen noch zu kümmern. Ich starrte vor mich hin, ohne das über mir aufleuchtende Schild mit der Endhaltestelle wirklich wahrzunehmen, und versuchte herauszufinden, wie ich fahren musste.
Übelkeit überkam mich. Trotz der Hitze der Nacht und der stickigen U-Bahn-Luft zitterte ich. Ich versuchte, mir einen Reim aus Ethans Worten zu machen, doch jedes Mal, wenn ich ihn mir zusammen mit Daisy vorstellte, hätte ich mich am liebsten übergeben. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und hielt die Luft an, als ein Zug hereindonnerte und der Fahrtwind mir das Haar aus dem Gesicht blies. Die U-Bahn hielt quietschend an, alle Türen sprangen auf. Ich beschloss, einzusteigen und an der Oxford Street zu meinem Dad weiterzufahren. Weiter konnte ich in dem Moment nicht denken. Ich musste Dad von all dem erzählen.
Ich stieg ein und schloss für eine Weile die Augen. Hatten Daisy und Dad darüber gesprochen? Wie viel genau wusste er? Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. Wie konnten sie mir etwas vorenthalten, das mich so unmittelbar betraf? Die Sache war über mich hereingebrochen wie ein unvorhergesehener Orkan.
Ich fand einen Sitzplatz und ignorierte die Leute, die mir gegenübersaßen und auf mein fleckiges, tränenverschmiertes Gesicht starrten. Stattdessen konzentrierte mich auf das Werbeplakat über ihren Köpfen, auf dem jemand mit einem dicken schwarzen Stift das Wort Partnervermittlung in Paarungsvermittlung umgedichtet hatte. Das nächste Werbeplakat pries Around-The-World-Tickets an. Vielleicht sollte ich mir so eins besorgen und irgendwohin ans andere Ende der Welt verschwinden. In London konnte ich wegen meines Exfreundes nicht bleiben. Er hatte mich schließlich wegen eines One-Night-Stands mit meiner Schwester verlassen, die anscheinend aufs Ganze gegangen war, um ihn mir wegzunehmen. Nachdem er sich aus dem Staub gemacht hatte, hatte sie sich als Inbegriff des Mitgefühls entpuppt. Joe hatte ich richtig mies behandelt, weil ich dachte, meinen Ex immer noch zu lieben. Dadurch habe ich wahrscheinlich alles zerstört, was wir einmal gehabt hatten. Und was war mit dem Café? Es ist nicht nur dein Traum, fielen mir Isabels Worte wieder ein.
Vielleicht sollte ich einfach alles hinschmeißen, meine Sachen packen und gehen, so wie es Ethan damals getan hat und Isabel gerade vorhatte. Aber das konnte ich meinem Dad nicht antun. Er würde sich im Stich gelassen und sich schuldig fühlen. Mum war schon nicht mehr da, da konnte ich ihn nicht auch noch verlassen. Oh Gott! In der einen Minute läuft das Leben perfekt, und in der nächsten stürzt man in ein tiefes, dunkles Loch.
Ich lehnte mich stöhnend nach vorne, vergrub das Gesicht in den Händen und spulte gedanklich noch einmal Ethans Erklärung für seine Untreue ab. Absurde Bilder schossen mir durch den Kopf, sodass ich die Augen wieder aufriss. Das Schlimme war, selbst jetzt, da sein Geständnis langsam in mein Bewusstsein drang, und gleichgültig, wie sehr ich Ethan auch hasste und ihm nicht glauben wollte, dass Daisy ihm irgendwie leidgetan hatte – ich glaubte ihm doch. Etwas zu tun, damit der andere sich wieder besser fühlte, das war typisch für ihn. Doch die Tatsache, dass er mit meiner Schwester geschlafen hatte, war nicht wegzudiskutieren. Niemand hatte ihn dazu gezwungen, auch wenn sie ihm damals leidgetan hatte.
Was mich aber wirklich entsetzte, war Daisys Verzweiflung beziehungsweise das Ausmaß ihrer Eifersucht. Sie hatte, bevor Ethan und ich zusammengekommen waren, nie erwähnt, dass sie ihn mochte, geschweige denn danach. Als ich mich dann von Ethan trennte – vielmehr, als er nach Rom floh –, war sie mir gegenüber loyal und liebevoll gewesen. Sie hatte mir zugehört, wenn ich
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