Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
nur neidisch und unsicher. Sie hat nie richtig um eure Mum getrauert – und du kennst mich, ich konnte nie mit ihr darüber reden. So beschloss ich, sie wie eine Erwachsene zu behandeln und in Ruhe zu lassen und mich auf dich zu konzentrieren. Wahrscheinlich fing damals alles an. Wir hätten mehr miteinander reden müssen, doch nachdem eure Mutter gestorben war, ging es mir nicht sehr gut, ich brach für eine gewisse Zeit in mir zusammen …«
Dads Stimme verstummte, und er sah plötzlich zerbrechlich und älter aus, als er war. In seinen Augen schimmerten Tränen.
»Denk jetzt nicht daran zurück!«, sagte ich sanft und so tapfer, wie ich konnte. »Das regt dich nur auf. Ich gebe dir nicht die Schuld. Was passiert ist, ist passiert. Ich wünschte mir nur, ich hätte es gewusst.«
»Ach, mein Kind«, rief er. »Es ist alles meine Schuld. Das weiß ich. Es tut mir leid. Ich habe dich und Daisy enttäuscht. Und eure Mutter auch. Ich habe versucht, das Richtige zu tun, und dabei die ganze Sache vermasselt …«
Dad stützte seine Ellenbogen auf den Tisch und legte den Kopf in die Hände.
»Es ist nicht deine Schuld«, sagte ich, »sondern die von Ethan und Daisy. Du hättest mir den Brief damals einfach geben sollen. Das ist das Einzige, was du hättest anders machen können. Ich möchte nicht im Dunkeln tappen, was mein eigenes Leben betrifft. Und was Daisy angeht, an sie kann ich jetzt noch nicht einmal denken. Ich kann mich mit der Wut und dem Gefühl, verraten worden zu sein, nicht auseinandersetzen …«
Dad stand wieder auf, schob den Stuhl zurück, ging hinüber zum Herd, nahm die Kasserolle und goss sich heiße Schokolade nach. Ich trank einen Schluck und sprang auf, als es laut an der Tür klopfte. Der Magen drehte sich mir um. War das etwa Daisy? Ich schaute auf die Uhr an der Wand. Elf. Nein, das konnte nicht Daisy sein. Um diese Uhrzeit war sie zu Hause. Ich sah eine Take-away-Speisekarte auf dem Tisch.
»Wer ist das?«, fragte ich stirnrunzelnd. »Du erwartest doch niemanden mehr, oder? Hast du Essen bestellt?«
Dad schüttelte den Kopf. Er stellte die Kasserolle ab, räusperte sich, marschierte durch die Küche und warf im Vorbeigehen einen Blick in den Dielenspiegel. Ich bemerkte, wie er eine Grimasse zog, um nach seinen Zähnen zu sehen.
»Das könnte …«, begann er, »vielleicht Elaine sein.«
»Elaine?«, fragte ich. »Wer ist Elaine?«
Dad meinte nur, das würde er mir später erzählen. Er ging nach vorne zur Haustür, während ich mit meinem Glas heißer Schokolade in der Hand am Tisch sitzen blieb und lauschte. Ich hielt den Atem an, als ich Ethans Stimme hörte.
»Frankie«, hörte ich ihn mit schwerer Zunge sagen. »Ich muss mit dir über deine Tochter sprechen. Ich liebe sie. Ich habe sie immer geliebt. Bitte, lass mich zu ihr. Ich weiß, sie ist hier. Sie muss hier sein.«
Ich erhob mich zitternd vom Stuhl und ging auf Zehenspitzen zur Küchentür, an der ich mich festhielt. Ich schielte um die Ecke, von wo ich Dads Rücken und ein wenig von Ethan sah. Er gestikulierte wild und bat Dad, ihn hereinzulassen. Ich blieb mucksmäuschenstill, denn ich wollte auf keinen Fall, dass er mich sah. Es kam mir vor, als betrachtete ich die ganze Szene von weit oben.
»Ich finde, du solltest gehen«, entgegnete ihm Dad.
Ich konnte Ethan ansehen, wie er litt und völlig am Ende war. Aber ich verspürte kein Mitleid.
»Es käme nichts dabei heraus, wenn du jetzt mit Eve reden würdest«, sagte er. »Sie ist zu aufgewühlt. Und du bist betrunken. Geh nach Hause! Geh! Ich wünschte, du wärst nie zurückgekommen.«
»Hör auf, sie ständig behüten zu wollen!«, rief Ethan. »Du hast sie immer wie eine Sechsjährige behandelt. Sie ist erwachsen und sollte sich ihre eigene Meinung bilden!«
»Ich behandle sie nicht wie eine Sechsjährige«, protestierte Dad. »Ich will einfach nur keinen betrunkenen Idioten wie dich um elf Uhr nachts in meinem Haus haben. Vielen Dank, kein Bedarf. Ich finde, du hast in einer Nacht genug Unruhe gestiftet. Ich sollte dich weder in die Nähe meiner einen noch meiner anderen Tochter lassen. Nicht, dass dir in irgendeiner Form etwas an Daisy liegen würde.«
»Herrgott noch mal, Frankie«, fluchte Ethan. »Lass mich zu Eve! Mir liegt sehr wohl etwas an Daisy, nur will ich nicht mit ihr zusammen sein. Ich liebe nun mal Eve. Und das weißt du. Daisy braucht Hilfe. Eine Therapie oder so.«
Was war das denn? Verteidigte Ethan jetzt etwa Daisy? Er stellte sie als
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