Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
»Wenngleich es mit Benjis Vater etwas anderes ist. Ich werde jeden Tag daran erinnert, dass sein Vater fehlt. So was kann man schwer vergessen.«
»Warum besuchst du ihn dann nicht mit Benji und stellst ihm seinen Sohn vor?«, fragte ich. »Dann wäre er gezwungen, Verantwortung zu übernehmen.«
Daisy schüttelte energisch den Kopf.
»Ich kann nicht einfach so plötzlich mit Benji bei ihm vor der Tür stehen«, entgegnete sie und lachte fast. »Das wäre Benji gegenüber nicht fair. Ich finde, wir sollten warten, bis Iain Interesse an Benji zeigt. Dann wird alles reibungsloser verlaufen, obwohl ich schon ein schlechtes Gewissen habe.«
Ich goss mir Wein nach.
»Könntest du ihm nicht eine E-Mail schicken und ihn fragen, ob er ihn sehen will?«, sagte ich. »Findest du nicht, es ist an der Zeit, dass Benji seinen Vater kennenlernt?«
Daisy schob ihr Haar zurück und massierte sich mit den Fingerspitzen die Schläfen.
»Ja, vielleicht irgendwann einmal«, erwiderte sie. »Aber was sollte ich ihm groß sagen? Es gibt ja doch keine Zukunft für uns. Unsere Beziehung funktionierte schon nicht, bevor er nach Kanada zurückging. Daran wird sich nichts ändern. Oh Gott, ich hasse es, über ihn zu reden. Es ist einfach zu deprimierend. Ich komme mir wie ein völliger Versager vor.«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Wechseln wir das Thema! Reden wir doch darüber, was wir uns im Sanctuary Spa gönnen werden?«
»Gute Idee«, antwortete sie, streckte ihre Hand aus und berührte mich am Arm. »Aber versprich mir, dass du nächsten Samstag nicht mehr zu diesem Saturday Supper Club gehst. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass all diese schlechten Gefühle wieder in dir hochsteigen und dich völlig durcheinanderbringen. Was soll schon dabei rauskommen, wenn du ihn noch einmal siehst?«
»Nichts«, antwortete ich seufzend. »Außerdem war er sowieso viel mehr an diesem anderen Mädel, dieser Maggie, interessiert, als mit mir zu reden.«
Daisy schüttelte den Kopf und schnalzte missbilligend mit der Zunge.
»Was für ein Mistkerl!«, sagte sie. »Du siehst den Typ drei Jahre lang nicht – und dann vögelt er fast vor deinen Augen ein Mädel? Du solltest ihn in die Wüste schicken und dich weigern, je wieder ein Wort mit ihm zu reden.«
Darauf fiel mir nichts mehr ein. Ich zuckte mit den Achseln und zupfte an einem Faden, der sich von meinem Oberteil löste.
»Ich gehe auf keinen Fall dorthin«, sagte ich energisch.
Einen Augenblick lang glaubte ich, was ich sagte.
»Gut«, meinte Daisy und lächelte. »Ethan gehört der Vergangenheit an, und diese Vergangenheit solltest du ruhen lassen, auch wenn es dir schwerfällt.«
»Ich werde nicht gehen«, wiederholte ich noch einmal etwas zu schnell und tat so, als würde ich mich für die Rauchschwaden interessieren, die vom Grill des Nachbarn nach oben zogen. »Ich will ihn nicht wiedersehen.«
»Verspricht du es mir?«, fragte sie. »Ich passe nur auf dich auf, Eve, und sage das, was Mum gesagt hätte, wenn sie noch leben würde. Dad ist zu weich, um zu sagen, was er wirklich denkt …«
»Ja«, unterbrach ich sie und starrte auf den Boden. »Ja.«
Ich spürte, wie Daisy mich anschaute, doch ich konnte ihr nicht in die Augen blicken. Ich hasste mich selbst dafür, aber sie wusste, dass ich log.
Zweiter Teil
Maggies Supper Club
8. Kapitel
» U m ehrlich zu sein«, begann Maggie und steckte ihre Lockenpracht auf dem Kopf zusammen, »ist meine Bindungsangst noch schlimmer geworden, seit der Kerl, mit dem ich zuletzt ausgegangen bin, sich meinen Namen auf den Nacken tätowieren lassen wollte. Ich meine, auf den Nacken, geht’s noch?«
Maggie verdrehte die Augen, schüttelte verzweifelt den Kopf und gab mir ein riesiges Glas Rotwein, der nach frisch eingelegten Brombeeren roch.
»Danke«, sagte ich und nahm einen großen Schluck. »Das kann ich gebrauchen.«
Ich saß in dem kunstvoll-chaotisch eingerichteten Wohnzimmer in Maggies Wohnung in Bethnal Green auf dem Rand einer schäbigen rotsamtenen Chaiselongue, umgeben von einer Armada an bunten Kissen, von denen einige gestrickt, andere mit Eulenbildern bedruckt waren. Ich stellte das Glas auf mein Knie. Auch wenn es warm genug war, die Fenster sperrangelweit aufzumachen, zitterte ich vor Nervosität und permanentem Adrenalinausstoß.
Gleich würde ich Ethan wiedersehen. Wider besseres Wissen – und entgegen dem Rat aller, mit denen ich gesprochen hatte – war ich doch hierhergekommen und hatte mir sogar Mühe
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