Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)

Titel: Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Bratley
Vom Netzwerk:
morgen an, mein Schatz!«, rief er, als er aus dem Zimmer eilte und die Treppe hinunterlief. Ich hörte, wie er sich unten von Daisy und Benji verabschiedete, während ich das Rezept zusammenfaltete, auf das Fensterbrett neben die Blumen legte und den Platz des Aktenordners im Regal suchte. Bevor ich ihn wieder zurückstellte, blätterte ich noch einmal geistesabwesend durch die Papiere. Mir fielen Briefe von Mum an Dad in die Hände, die sie manchmal mit einer Zeichnung abgeschlossen hatte, kleine Karikaturen von Dad mit verschiedenen stark übertriebenen Gesichtsausdrücken. An ihrer Handschrift verblüffte mich, wie sehr sich ihr Charakter darin spiegelte: die kraftvoll und eindeutig geschriebenen Buchstaben schienen einem förmlich entgegenzuspringen und vor Gefühlen überzuschäumen. Genau so hatte ich Mum in Erinnerung.
    Ich hörte, wie Daisy die Treppe hochkam. »Was machst du da?«, fragte sie, stieß die Tür auf und spähte herein. »Ich habe dir ein Glas Wein eingeschenkt. Kommst du runter?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Sofort.«
    Ich stellte den Aktenordner zurück, nahm das Rezept vom Fensterbrett und folgte ihr nach unten in den Garten, wo wir uns auf die Liegestühle legten und die letzten Sonnenstrahlen genossen, während Benji auf den Stumpf eines Apfelbaums kletterte, der drei Monate zuvor gefällt worden war. Ich nahm einen Schluck Wein, der eiskalt war und köstlich schmeckte.
    »Tut mir leid, das mit vorhin«, sagte Daisy mit einem verlegenen Lächeln. »Ich wollte mich nicht einmischen. Ich bin zurzeit nur völlig erschöpft. Du musst dich fürchterlich fühlen, jetzt, wo Ethan wieder da ist. Ich weiß, ich kann schon mal herrschsüchtig und launisch sein, aber wenn du über Ethan sprechen möchtest, kann ich manchmal auch eine gute große Schwester sein …«
    Ich schaute hinüber zu Daisy, und wir lächelten uns an. »Du warst mir immer eine gute große Schwester«, erklärte ich. Ich dachte daran zurück, wie Ethan mich verlassen und Daisy mir in dieser Zeit stets zur Seite gestanden hatte und einfach großartig gewesen war, obwohl sie damals selbst gerade durch die Hölle ging. Sie hatte erst kurz davor erfahren, dass sie schwanger war, und hatte sich von Iain getrennt, da er das Kind nicht wollte. Als ich vor Sehnsucht nach Ethan fast umkam, bewahrte sie mich davor, meinem Gefühl nachzugeben und nach Rom zu fliegen, um ihn zu suchen. Sie kümmerte sich mehr oder weniger darum, dass ich am Leben blieb, ernährte mich wochenlang, bis ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte, um das alltägliche Leben zu meistern. Im Gegenzug unterstützte ich sie in den letzten Wochen ihrer Schwangerschaft und begleitete sie bei der Geburt, da Iain sich weigerte zurückzukommen. Ich hatte das Gefühl, in diesen paar Monaten mit meiner Schwester mehr zusammengewachsen zu sein als in all den Jahren davor.
    »Wie geht’s dir?«, fragte Daisy.
    »Ach, ich weiß nicht«, antwortete ich. »Ich liebe Joe und will unsere Beziehung auf keinen Fall gefährden, doch dass Ethan wieder da ist, verwirrt mich. Die Vorstellung, ihn jetzt nicht zu sehen, erscheint mir dumm. Aber dann denke ich mir wieder, was erreiche ich schon damit, wenn ich ihn sehe? Ich muss schleunigst einen klaren Kopf bekommen.«
    Ich nahm einen Schluck von meinem Wein, schloss die Augen und spürte die untergehende Sonne auf den Augenlidern. Ich tastete nach meinem Handy in der Hosentasche und sah nach, ob ich eine SMS bekommen hatte. Erleichtert, aber zugleich auch etwas enttäuscht stellte ich fest, dass Ethan auf meine Nachricht von gestern Abend nicht geantwortet hatte. Ich hätte sie ihm nie schicken sollen.
    »Machen wir uns doch nichts vor«, sagte sie. »Ethan kann man nicht vertrauen. Er hat dich im Stich gelassen. Da ist Joe viel verlässlicher. Tut mir leid, wenn ich dir das so unverblümt ins Gesicht sage, aber du wärst echt dumm, Ethan wiederzusehen.«
    Daisys Worte saßen. Sie hatte zweifelsohne recht. Ethan hatte mich verlassen, und ich zwang mich, mir das ins Gedächtnis zu rufen.
    »Ich weiß«, antwortete ich verärgert. Daisy dachte stets, sie müsste einem das Offensichtliche noch mal unter die Nase reiben.
    »Ich kenne dich «, sagte sie freundlich. »Du wirst nach irgendeiner Art Lösung suchen, aber die gibt es hier nicht. Das Beste ist, du vergisst, dass er existiert.«
    »So wie du das mit Iain machst?«, fragte ich.
    Daisy seufzte. Sie sah traurig aus, nickte aber langsam.
    »Ich versuche es«, erklärte sie.

Weitere Kostenlose Bücher