Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
beugte mich zu Ethan vor und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Ethan«, sagte ich ruhig. Er sah mich erwartungsvoll an. »Wir müssen reden. Ich glaube nicht an Schicksal, aber an Auflösungen. Ich muss wissen, was damals passiert ist.«
Mir fiel auf, dass meine Hände zitterten, also setzte ich mich darauf.
»Ethan«, fuhr ich fort, »warum sagst du mir nicht einfach, warum du fortgegangen bist? Es wird sich zwar dadurch nichts ändern, aber ich möchte es gerne wissen.«
Ethans Gesicht verdüsterte sich, und er runzelte die Stirn.
»Natürlich«, sagte er ernst. »Natürlich möchtest du das wissen. Tut mir leid, dass ich so oberflächlich erscheine, aber ich freue mich wirklich aufrichtig, dich zu sehen. Ich bin einfach nur glücklich darüber.«
Andrew kam ins Wohnzimmer herein und wischte sich über die Augenbraue, da es so heiß war. Er war um einiges nüchterner als bei unserer letzten Begegnung, trug wieder einen hellen Anzug und hielt noch mehr Champagnerflaschen in den Händen. Über der Schulter hing eine helle Tasche mit dem Aufdruck The Lido Café . Hinter ihm erschien Paul mit der riesigen Kameratasche. Er hob grüßend die Hand und erklärte, er müsste das Essen wieder fotografieren und wir sollten am nächsten Morgen Dominique anrufen, um ihr von dem Abend zu berichten und die Bewertungen durchzugeben.
»Ich habe dir zehn von zehn möglichen Punkten gegeben«, flüsterte mir Ethan zu. »Ich wollte dir elf geben, aber das ließ Dominique nicht zu.«
Ich lächelte, war aber verlegen. Mein Blick blieb an Andrew hängen, als wäre er die spannendste Person auf der Welt. Er stellte seine Tasche ab, zog sein Jackett aus, nahm ein Glas Wein von Maggie, griff nach den Pistazien und ließ sich mit einem großen Seufzer neben mich fallen.
»Ich muss mich für mein Benehmen vom letzten Mal entschuldigen«, begann er, lehnte sich zurück in die Kissen und schlug die Füße übereinander. »Ich war sturzbetrunken. Es tut mir so leid! Das ist mir seit mindestens zehn Jahren nicht mehr passiert. Nicht mehr, seit ich die Uni verlassen habe.«
Maggie führte Paul in die Küche, von wo ich ihre gedämpften Stimmen hörte. Sie sprachen über das Menü.
»Schon in Ordnung«, sagte ich herzlich. »Wie läuft’s mit deiner Freundin?«
Andrew schüttelte den Kopf und verzog das Gesicht.
»Nicht so gut«, antwortete er. »Sie war nicht sehr erfreut, dass ich letzten Samstag nicht nach Hause gekommen bin. Außerdem hatte sie Vorwehen. Ich hatte also nichts zu lachen, als ich morgens heimkehrte.«
»Oh je«, meinte Ethan. »Hattest du ihr nicht gesagt, du würdest es noch mal krachen lassen, solange du die Möglichkeit dazu hast?«
»Doch, hatte ich«, erwiderte Andrew. »Aber die Frau bekommt Zwillinge. Ich muss immer für sie da sein, auch wenn sie meinen Anblick nicht ertragen kann.«
»Moment mal«, sagte Ethan. »Hast du gerade Zwillinge gesagt?«
Ich wandte meinen Blick zu Ethan, der blass geworden war, und mein Herz schwoll an. Ich wusste, dass er gerade an seinen Zwillingsbruder dachte. Ich erinnerte mich an ein wunderschönes Foto von Ethan, auf dem sie beide als Neugeborene zu sehen waren und zusammengekuschelt auf einem Schaffell lagen, die Nasen aneinander, Arme und Beine umschlungen, so wie im Mutterleib. Unsere Blicke trafen sich, und ich lächelte ihn warmherzig an, worauf er zurücklächelte. Er seufzte, schaute auf seine Füße und hatte sich wieder im Griff.
»Ja, Zwillinge«, bestätigte Andrew und lächelte besorgt. »Sie werden in zwei Wochen im Chelsea and Westminster Hospital zur Welt kommen. Unsere Geburtshelferin ist anscheinend eine Expertin auf dem Gebiet von Mehrlingsgeburten. Habe ich euch das beim letzten Mal nicht erzählt? Muss wohl zu betrunken gewesen sein. Was bin ich doch für ein Idiot!«
Ich lehnte mich zurück.
»Arme Alicia«, sagte ich. »Kein Wunder, dass sie ein bisschen angespannt ist.«
»Ja«, erwiderte Andrew. »Zumal die Babys, so wie es aussieht, auch noch ziemlich groß sind.«
»Herrgott aber auch«, meinte Ethan und lachte dabei.
»Hoffentlich nicht«, antwortete Andrew. »Eine Wiederkunft des Herrn überstehe ich nicht, besonders keine zwei.«
»Ta-da!«, rief Maggie zehn Minuten später, als sie die Lamm- und Dattel-Tajine auf den niedrigen Tisch stellte, um den herum wir alle auf Kissen saßen. »Ein marokkanisches Festmahl für euch. Wartet, ich hole noch den Couscous.«
Ich atmete den Duft von Ingwer, Zimt, Kreuzkümmel und Pfeffer ein
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