Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
Aufgabe war es stets gewesen, sie zu besänftigen und aufzumuntern, doch heute war mir nicht danach. Ich hatte einen mordsmäßigen Kater, und im Café warteten unzählige Arbeiten auf mich, die noch zu erledigen waren. Hinzu kam, dass ich Isabel fürchterlich vermissen würde, wodurch ich wohl allen Grund hatte, ein bisschen sauer zu sein, oder nicht?
»Nein, komm schon!«, erwiderte sie und führte mich am Ellenbogen weiter über den Bürgersteig. »Lass uns zum Park gehen!«
Wir gingen in der drückenden Hitze weiter, während Daisy über die Leute seufzte, die zu langsam vor uns gingen, und ich mich im Stillen über ihre Kritik an mir weiterärgerte. Ich schaute zu ihr hinüber, aber sie starrte geradeaus. Die Idee, ein Picknick im Park zu machen, hatten außer uns noch viele andere, sodass sich eine Decke neben der anderen reihte und es kaum noch einen freien Platz gab. Ich zeigte den Hügel hinauf auf einen Eichenbaum, unter dessen schat tigen Zweigen noch ein Fleckchen frei war.
»Wie wär’s damit?«, sagte ich, während meine Wut zunahm. »Übrigens war das eben nicht fair von dir. Ich bin nicht egoistisch. Ich bin einfach nur beunruhigt, weil Isabel weggeht und ich sie vermissen werde. Der Platz hier ist doch in Ordnung, oder?«
Ich war froh, im kühlen Schatten des Baumes sitzen zu können, ließ mich ins Gras plumpsen, das mit Butterblumen übersät war, und lehnte mich zurück. Ich sah Daisy zu, wie sie die Picknickdecke aus dem Korb zog und sie so heftig aufschlug, dass ein schnappendes Geräusch zu hören war. Sie schleuderte wortlos ihre Sandalen von den Füßen. Dann zog sie verschiedene Tupperwaredosen aus ihrem Rucksack, riss die Deckel auf und warf sie in die Mitte der Decke. Sie hatte sich viel Mühe gegeben; es gab selbst gemachte Tortilla, einen saftigen Salat aus Tomaten, Fenchel und roten Zwiebeln, einen Rotkrautsalat sowie ein Stück Käse, das in braunem Papier eingewickelt war. Sie brach ein Baguette durch, gab mir ein Stück, zeigte auf die Teller und das Besteck und gab mir zu verstehen, mich zu bedienen. Dann schob sie ihre Sonnenbrille auf den Kopf und rieb sich die Schläfen.
»Daisy?«, fragte ich und setzte mich auf. »Ist alles in Ordnung mit dir? Du scheinst richtig sauer zu sein. Übrigens, das Essen sieht toll aus. Danke. Warum hast du dir so viel Arbeit gemacht? Das wäre nicht nötig gewesen.«
Sie schenkte mir ein winziges Lächeln, und ich hoffte, ihre Kratzbürstigkeit würde sich legen. Normalerweise konnte ich Menschen gut einschätzen, doch Daisy schaffte es, mich immer wieder zu verwirren. Ich lächelte nichtssagend zurück und versuchte so, dieser Unsicherheit Ausdruck zu verleihen.
»Oh, das tut mir leid«, sagte sie und gab einen Stoßseufzer von sich. »Das hätte ich alles nicht sagen sollen. Ich bin zurzeit nur echt gestresst. Ich habe heute Nacht kein Auge zugetan, und dieses neue Wohnbauprojekt im Büro ist eine völlige Katastrophe. Ich dachte, wir haben uns ein schönes Mittagessen verdient, deshalb habe ich heute Morgen übertrieben viel Zeit damit verbracht, es vorzubereiten.«
Sie hielt inne, schenkte Limonade in Plastikbecher und reichte mir einen. Ich nahm einen kräftigen Schluck und spürte, wie die Kohlensäure auf meiner Zunge zerplatzte. Ich fühlte mich sofort in die Zeit zurückversetzt, als unsere Mum noch lebte und wir von der Schule nach Hause kamen. Während wir unsere Spielkleidung anzogen und die Schuluniformen gedankenlos auf den Boden warfen, goss sie uns immer ein Glas Limonade mit Eiswürfeln ein und gab jeder ein Stück von ihrem frischen, selbst gemachten Shortbread.
»Mein Chef hat mich heute Morgen angerufen – wohlgemerkt, wir haben Sonntag –, um mir zu sagen, dass die Größe der Badezimmerfenster eines ganzen Wohnblocks in Stockwell nicht stimmt«, fuhr sie fort. »Offensichtlich habe ich sie abgezeichnet, womit ich es zu verantworten habe, dass ein Riesenbatzen des Etats verschwendet wurde. Abertausende von Pfund. Die Sache ist nur, ich kann mich noch nicht einmal wirklich daran erinnern, das Formular überhaupt unterzeichnet zu haben. Ich bin so wütend auf mich. Ich vermassele nie etwas auf der Arbeit, und jetzt muss ich morgen bei der Leiterin der Finanzen antanzen, die ein echter Drachen ist. Wahrscheinlich werde ich wegen dieser Angelegenheit meinen Job verlieren.«
Ich nahm mir einen Löffel Tomatensalat auf den Plastikteller, atmete den Duft von Basilikum ein, wickelte den Käse aus dem Papier und griff nach
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