Ein Menü zum Verlieben: Roman (German Edition)
da und hörte ihn, sagte aber nichts dazu. Dad hatte Ethans Brief gelesen und ihn vor mir versteckt? Das ergab keinen Sinn. Wut und Angst stiegen in mir hoch.
»Du hast was getan?«, fragte ich. »Du hast den Brief von Ethan gelesen, der für mich bestimmt war? Warum? Was stand denn drin?«
All die Jahre seit dem Tod meiner Mutter hatte mein Vater mich und Daisy beschützt und war übervorsichtig gewesen, was ich vollkommen verstand. Aber das?
»Ich dachte, ich würde das Richtige tun«, verteidigte er sich. »Ich öffnete ihn versehentlich, und als ich ihn dann gelesen hatte, wollte ich nicht, dass du es erfährst. Ich dachte, ich würde dich beschützen. Ich hätte nie gedacht, er würde noch einmal zurückkommen.«
»Aber warum erzählst du mir das jetzt?«, fragte ich. »Wenn du den Brief schon die ganze Zeit vor mir versteckst, warum erzählst du mir dann ausgerechnet jetzt davon? Was steht denn drin?«
Was um alles in der Welt könnte Ethan bloß geschrieben haben? So furchtbar konnte es schließlich nicht sein, sonst hätte er mir inzwischen bestimmt etwas gesagt, oder etwa nicht?
»Ich erzähle dir jetzt davon, weil ich wusste, dass du dich wieder auf ihn einlassen würdest«, erklärte mir Dad seufzend. »Und ich möchte, dass du weißt, dass du ihm nicht vertrauen kannst, bevor du dich in irgendetwas verrennst. Ich habe diesen Brief versteckt, weil er dir noch mehr das Herz gebrochen hätte, als es ohnehin schon der Fall war. Und er wird dir noch einmal das Herz brechen.«
»Okay. Was hat er getan? Sag’s mir! Jetzt! Lass mich nicht so in der Luft hängen!«
Dad seufzte. »Das kann ich dir nicht sagen, mein Schatz. Das muss Ethan selbst tun. Stell ihn zur Rede! Diese Nachricht muss von ihm kommen. Leg jetzt den Hörer auf und frag ihn. Sofort! Eve, mein Schatz, es tut mir leid. Ich bin den ganzen Abend hier. Wenn du mich sehen und mit mir reden willst, komm vorbei! Es tut mir leid, mein Schatz, ich fühle mich furchtbar …«
Ich versuchte, mich einen Moment lang in Dads Lage zu versetzen. Es musste für ihn ganz schön schwer gewesen sein, zwei Mädchen allein großzuziehen und alle Entscheidungen allein für sie zu treffen. Er hatte mich sicher nie verletzen wollen, wenngleich mich dieser verheimlichte Brief sehr verwunderte. Normalerweise hätte ich ihn jetzt getröstet und ihm versichert, das Richtige getan zu haben, doch das konnte ich in diesem Moment nicht.
»Na gut«, sagte ich. »Bis dann, Dad.«
»Bis dann«, sagte er leise. »Es tut mir leid, mein Liebes.«
Ich legte auf und war taub vor Angst. Ich suchte ein Bad in Andrews riesigem Haus, um mir das Gesicht zu waschen. Ich brauchte einen Moment für mich allein, um nachzudenken und mich wieder zu sammeln, bevor ich Ethan zur Rede stellen würde. Mit zugeschnürter Kehle öffnete ich eine Zimmertür in der Annahme, es könnte die Toilette sein, doch es war ein Empfangsraum, in dem Alicia hilflos auf einer Couch lag.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie entrüstet. »Wer sind Sie?«
Sie lag ausgestreckt da, ihr schwangerer Bauch hatte sich bedrohlich gesenkt, und sie hatte offensichtlich Schmerzen. Sie wischte sich die Augen und starrte mich finster an.
»Tut mir leid«, entschuldigte ich mich. »Ich bin Eve, eine der Supper-Club-Gäste. Geht es Ihnen gut? Ich dachte, ich hätte Sie weinen gehört. Es tut mir leid, ungebeten in Ihr Haus einzudringen. Ich gehe auch sofort wieder, aber ich muss kurz zur Toilette. Geht es Ihnen gut? Sie sehen aus, als wäre Ihnen schlecht …«
Alicia legte ihren Kopf auf das Sofa, ihr kupferrotes Haar ergoss sich wie ein Heiligenschein um ihrem Kopf. Sie atmete aus und drehte ihren Kopf von rechts nach links, als würde sie Lockerungsübungen für den Nacken machen.
»Geht schon«, antwortete sie, bevor sich ihr Gesicht verzog und sie zu weinen begann. »Ehrlich gesagt, glaube ich, dass die Geburt losgeht. Ich habe immer wieder diese Krämpfe. Aber wissen Sie, was? Ich will jetzt noch keine Kinder, ich will einfach nur mein altes Leben wieder zurückhaben.«
Ich öffnete den Mund, um ihr zu sagen, dass es dafür wohl ein bisschen zu spät wäre, besann mich dann aber eines Besseren.
»Ich wollte dieses Baby«, fuhr sie fort. »Ich meine, diese Babys. Andrew konnte sich nie mit dem Gedanken anfreunden, und jetzt verstehe ich, warum. Auch wenn er einen anderen Eindruck hinterlässt, ist er im Grunde genommen selbst noch ein Kind. Wie soll ich es nur schaffen, auf drei Kinder aufzupassen?«
Alicia legte
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