Ein Millionär und Verführer
Calista den Blick. „Es war nur eine Beobachtung“, murmelte sie.
Er fuhr den Laptop herunter und stand auf. „Na gut, ich komme mit. Aber nur für eine Stunde.“
Eine Dreiviertelstunde später half Calista einer Grundschülerin namens Kelly bei ihren Mathematikhausaufgaben, während sich um Leo eine Menschentraube gebildet hatte. Doch erst als Kelly von ihrer Mutter abgeholt wurde, siegte ihre Neugierde. Calista gesellte sich zu Leos Gruppe.
„Wenn ihr jemandem etwas verkaufen wollt, müsst ihr vorher herausfinden, was der Käufer wirklich will. Was braucht er? Das ist die Frage, um die sich alles dreht, denn eure Aufgabe ist es, genau dieses Bedürfnis zu erfüllen.“
„Und was, wenn man das, was der Käufer will, nicht hat?“, fragte einer der Jugendlichen.
„Dann verrätst du ihm entweder, wo er den entsprechenden Gegenstand bekommen kann, oder du überzeugst ihn davon, dass dein Produkt seinen Bedürfnissen in Wahrheit viel mehr entspricht. Eines der Geheimnisses des Verkaufens besteht darin, dem Käufer zuzuhören und ihm klarzumachen, dass man ein Teil der Lösung ist.“
„Aber ich verkaufe nur Kekse für meine Pfadfindergruppe“, sagte ein kleiner Junge.
„Dann musst du deinen Kunden klarmachen, dass sie die Welt zu einem besseren Ort machen, wenn sie deine Kekse kaufen. Gutes zu tun und dafür Anerkennung zu bekommen ist für die meisten Menschen ein tiefes Bedürfnis.“ Leo legte eine Kunstpause ein und ließ den Blick über seine Zuhörer schweifen. „Und dasselbe gilt, wenn ihr euch für einen Job bewerbt. Findet alles heraus, was es über die Firma zu wissen gibt. Bereitet euch vor, indem ihr recherchiert, was genau diese Firma braucht.“
Calista war überrascht. Leo war so engagiert. Er strahlte so viel Selbstsicherheit und Charisma aus. Seine Wirkung war fast schon magisch.
„Also, genug für heute“, sagte er nun. „Ich wünsche euch allen viel Erfolg für eure Zukunft.“
Die Menge bewegte sich auf ihn zu. Jeder schien ihm die Hand geben zu wollen, als würden sie hoffen, dass etwas von seiner Magie auf sie überging, wenn sie ihn berührten. Ob er die Verkaufstechnik wohl von seinem Vater gelernt hatte? Verbittert presste Calista die Lippen aufeinander. Wie konnte es nur sein, dass er so … unschuldig wirkte? War das das Geheimnis hinter seinen Betrügereien? Dass er Optimismus verbreitete und den Anschein erweckte, er wäre ein guter Mensch?
In diesem Moment sah er auf und schaute sich suchend um. Als sich ihre Blicke begegneten, empfand Calista eine seltsame Euphorie, weil sie diejenige war, nach der gesucht hatte. Unwillig schüttelte sie den Kopf und ärgerte sich über die eigene Naivität. Leo nutzte sie genauso aus wie sie ihn.
Lächelnd schlenderte er auf sie zu. „Lass uns gehen“, flüsterte er und legte seine Hand auf ihren Rücken.
„Wie machst du das nur?“, fragte Calista, als sie zur Limousine gingen. „Sie haben förmlich an deinen Lippen gehangen!“
Seine Miene wirkte angespannt, und sein ganzer Körper schien unter Strom zu stehen. „Sie hören, was sie hören wollen“, murmelte er.
„Wie meinst du das?“, hakte Calista nach, während sie einstiegen.
„Nach Hause bitte.“ Leo sah George an.
„Welches?“, fragte George nach.
„In der Vorstadt“, antwortete Leo kurz angebunden.
Eingehend musterte sie ihn und strich dann instinktiv mit den Fingern über sein Kinn. „Was ist los mit dir, Leo? Warum bist du aufgebracht?“
Er griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. „Ich bin nicht aufgebracht.“ Doch sein Blick strafte seine Worte Lügen. „All die Kinder … Sie haben Erinnerungen in mir geweckt.“
„Erinnerungen an was?“, hakte sie nach.
Leo runzelte die Stirn und zuckte die Schultern. „Nichts, woran ich mich erinnern will.“
„Du hast ihnen Hoffnung geschenkt“, sagte sie leise.
Er lächelte, aber die Züge um seinen Mund wirkten zynisch. „Weil ich genau das gerade verkauft habe: Hoffnung.“
„Glaubst du denn nicht, dass es Hoffnung gibt?“
„Ich glaube an harte Arbeit, gutes Timing und eine Prise Glück.“
„Aber du hast ihnen nichts als die Wahrheit erzählt!“
„Das kann man so oder so sehen. Ich weiß, was die Menschen wollen, was sie glauben wollen. Allerdings sind manche schwerer zu durchschauen als andere.“ Er hob ihre Finger an seine Lippen. „So wie du. Was willst du glauben, Calista? Was willst du über mich glauben?“
Unter seinem intensiven Blick schlug ihr Herz schneller. Fast
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