Ein Millionär und Verführer
nicht, als wäre er mit ihr verheiratet. Einerseits empfand er eine tiefe innere Verbundenheit, aber andererseits hatte er stets den Eindruck, dass etwas zwischen ihnen stand. Mit Calista zusammen zu sein weckte Gefühle in ihm, die er nicht verstand und die ihm zunehmend Sorgen machten.
„Das war einfach unglaublich“, murmelte sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen waren. Dann fuhr sie mit den Fingerspitzen seinen Arm entlang und sah ihn fragend an. „Warum …?“
„Weil du mich inspirierst“, unterbrach er sie.
Sie verzog die Lippen zu einem zarten Lächeln. „Wer? Ich?“
„Ja, genau du.“ Er glitt von ihr und zog sie an sich.
Minuten später war er in tiefen Schlaf gefallen. Seltsame Bilder jagten durch seine Träume, ein Hund mit wedelndem Schwanz, kleine Jungen mit dunklen Augen und genauso dunklem Haar. Eine Frau, die ihn lachend schalt, ein Mann, der eine Lasagneform schwenkte.
Leo und die anderen Jungen rannten zum Esstisch und knufften sich dabei gegenseitig in die Seiten, jeder wollte die erste Portion abbekommen. Er probierte einen Bissen, und es war die beste Lasagne, die er jemals gegessen hatte.
„Leo, schling nicht so, dir wird noch schlecht“, sagte die Frau.
Der Mann lachte. „Keine Sorge, der Junge kann essen wie ein Scheunendrescher. Er muss doch wachsen.“
In diesem Moment wachte Leo schweißgebadet auf. Keuchend setzte er sich auf und versuchte, seinen Traum einzuordnen. Wieder und wieder stiegen diese Bilder vor seinem geistigen Auge auf. Dann spürte er eine Hand auf seinem Arm und schrak aus den Gedanken auf.
„Was ist los?“, fragte Calista. „Stimmt etwas nicht?“
„Nur ein seltsamer Traum“, flüsterte er mit rauer Stimme.
„Ein Albtraum?“, hakte sie nach.
„Nein. Einfach nur ein Traum.“ Aber wenn es nur ein Traum gewesen war, warum fühlte sich all das dann so unglaublich real an? Langsam ließ Leo sich wieder zurücksinken und bemühte sich, ruhiger zu atmen. Dann schloss er die Augen und versuchte, die Bilder aus seinem Traum wieder heraufzubeschwören. Konnte es sein, dass es Erinnerungen an sein Leben vor Lilah und Clyde waren?
Hatte er eine Familie gehabt? Eltern und Brüder? War das möglich?
Am Samstag zog Calista bequeme Jeans und eine einfache Bluse an, bevor sie ins Jugendzentrum fuhr. Leo war wie immer Stunden vor ihr aufgestanden und arbeitete an seinem Laptop. Einen Augenblick lang beobachtete sie ihn unbemerkt und erlaubte sich, mit dem Gedanken zu spielen, dass er wirklich ihr Ehemann war. Hätte die dunkle Vergangenheit ihre Schatten nicht auf sie geworfen, hätte sich zwischen ihnen wohl tatsächlich so etwas wie echte Vertrautheit und tiefe Zuneigung entwickeln können. Der Gedanke schmerzte Calista und machte sie traurig. Schnell schüttelte sie ihn ab. Die Vergangenheit ließ sich nicht ändern.
„Und, bist du bereit, deine Berufsgeheimnisse zu teilen?“, fragte sie.
Doch Leo warf ihr einen zweifelnden Blick zu. „Ich weiß nicht, ob ich für so etwas der Richtige bin.“
„Natürlich bist du das“, entgegnete sie. „Du bist klug und erfolgreich. Wer wäre besser geeignet?“
„Aber ich weiß gar nicht genau, was ich tun soll!“
„Alles, was du willst. Du kannst Kindern vorlesen oder bei den Mathehausaufgaben helfen, oder du erzählst den älteren, was du beruflich machst.“
„Für Kinder bin ich nun wirklich kein gutes Beispiel“, murmelte er.
„Warum nicht?“, wollte sie wissen. Natürlich wusste sie genau, was er meinte: Er hatte Dutzende von Menschen um ihr Geld gebracht! Aber sie wollte es aus seinem Mund hören. „Schließlich bist du kein Ganove.“
Atemlos wartete sie ab und fragte sich, ob er ihr endlich gestehen würde, was er getan hatte.
Seine Augen wirkten sekundenlang dunkler als sonst. Dann war der Moment vorüber. „Nein, aber da ist immer noch meine vergeudete Jugend.“
„Ah so“, erwiderte sie. Es gelang ihr gerade noch, ihre Wut zu unterdrücken und auf eine bissige Antwort zu verzichten. So beschrieb er das also? Vergeudete Jugend? Calista atmete tief durch und schlüpfte wieder in die Rolle der liebenden Ehefrau. „Jeder Mensch macht Fehler. Und ganz egal, was früher gewesen ist, heute hast du einiges zu bieten.“
Er verzog die Lippen zu einem vielsagenden Lächeln. „Sprichst du da etwa aus Erfahrung?“
Erinnerungen an die vergangene Nacht überfielen sie, die Erinnerung daran, wie eng sie sich aneinander geschmiegt, Haut an Haut dagelegen hatten. Verlegen senkte
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