Ein Mistkerl zum Verlieben
Handvoll Sekretärinnen aus der Kanzlei scharf auf Nick war und wohl alles dafür getan hätte, um ihn näher kennen zu lernen. Kelly und Gloria hatten schon öfters gefragt, warum Vicky sich Nick nicht „aufriss“, aber sie hatte noch nie darüber nachgedacht, mit ihm eine Beziehung einzugehen. Seit der Sache mit Mark waren ohnehin alle Männer für sie geschlechtslose Individuen. Sie musste an eine Situation denken, in der sie selbst gesteckt hatte, als sie achtzehn gewesen war. Sie war unsterblich in einen Typen namens Marty verliebt gewesen, der sie aber auch nur als Freundin sah. Als er ihr damals sagte, dass er mit ihr auf ewig und drei Tage befreundet sein möchte, aber nicht mehr für sie empfindet, brach eine Welt für sie zusammen. Es war egal, was sie jetzt sagte, sie würde Nicks Unbehagen nicht auflösen können.
„Du bist kein No-Go für mich“, sagte sie und sah ihn an. Sie wollte ihm nicht vollkommen den Todesstoß versetzen und ihm jetzt auch noch sagen, dass für sie in nächster Zeit gar kein Mann in Frage kam. „Weißt du…es gibt doch viele Fälle, wo aus Freundschaft Liebe wurde…und wenn es uns vorherbestimmt ist, dann…wer weiß?“
Nick hob den Kopf und blickte sie hoffnungsvoll an. Dann drückte er sie an sich und umarmte sie. „Ich hab dich echt lieb, du kleine Verrückte“, sagte er.
„ Ich hab dich auch lieb“, sagte Vicky.
39
Mark war mehr als überrascht gewesen, als er den Briefumschlag mit dem Logo der Kanzlei auf seinem Schreibtisch im Krankenhaus gefunden hatte. Ein kleines bisschen hatte sein Herz schneller geklopft, als er den Umschlag in den Händen hielt. Für einen ganz kurzen Augenblick hatte er gedacht, der Brief wäre von Vicky.
Jetzt saß er in seinem Büro und das große Panoramafenster hinter ihm schickte warme Sonnenstrahlen auf seinen Rücken und seinen Schreibtisch. Er drehte die Einladung kurz hin und her und las sie sich mehrere Male durch. Nichts ließ darauf schließen, dass Vicky sie geschickt hatte. Sie war von Don Stevens persönlich unterzeichnet worden. Ansonsten war es eine Standardeinladung, die verkündete, welche Veranstaltung wann und an welchem Ort stattfand und die vermutlich mehrere hundert Menschen erhalten hatten. Die Einladung war aus hochwertigem, elfenbeinfarbenem, schwerem Papier. Auf der Vorderseite waren kleine, silberne Sterne eingedruckt und die Worte „Merry Christmas“ zierten den oberen Bereich in geschwungener, filigraner Schrift. Auf der oberen Seite im Innenteil der Karte standen Weihnachts- und Neujahrsglückwünsche und am unteren Teil die Botschaft, dass die Kanzlei sich freute, Mark zu ihrer alljährlichen Weihnachtsparty im Waldorf Astoria einzuladen. Er dachte noch einmal an Vicky und konnte sich auch gar nicht vorstellen, dass sie ihm diese Einladung hatte zukommen lassen. Sie hatte viel zu viel Klasse, um auch nur Kontakt zu ihm zu suchen – selbst, wenn sie sich nichts sehnlicher wünschte, als ihn wieder zu sehen.
„ Dr. Turner, ihr zwei-Uhr-Termin ist hier“, verkündete Myra, die Sekretärin die für die Abteilung der plastischen Chirurgie zuständig war über die Sprechanlage und riss Mark aus seinen Gedanken.
Er legte die Karte behutsam zur Seite und beschloss, nicht nach New York zu fliegen. Es würde Wunden aufreißen, die womöglich noch nicht einmal annähernd verheilt waren, wenn er an dem Weihnachtsbankett teilnahm. Er steckte die Einladung wieder zurück in ihren Umschlag, zog die zweite Schublade auf der rechten Seite seines Schreibtisches auf und schob sie unter einen Stapel von Notizblöcken mit dem Logo des Krankenhauses.
40
Die Kanzlei hatte wie immer die Cosmopolitan Suite, den größten Veranstaltungsraum des Waldorf Astoria, gemietet und etwa dreihundert Gäste eingeladen. Für die Sekretärin von Dr. Stevens war es beinahe ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, seine Adresse ausfindig zu machen, zumal Turner nicht gerade ein seltener Name in den vereinigten Staaten war und Mark seine Nummer noch nicht einmal im Telefonbuch bekannt gegeben hatte. So hatte sich Diane Newing kurzerhand durch sämtliche Kliniken von Miami telefoniert und nach Dr. Mark Turner gefragt, dem sie eine Einladung zum Wohltätigkeitsbankett der Kanzlei, für die er in Manhattan tätig gewesen war, zusenden wollte, bis sie schließlich am Jackson Memorial Glück hatte. Die unfreundliche Dame am Telefon hatte zwar gesagt, sie würde ihr seine Privatadresse nicht geben, weil ja
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