Ein Mörder kehrt heim
beschmutzt einen und stützt nur das Ausbeutersystem.«
»Ist ja recht«, sagte Dornröschen.
»Nein, ist nicht recht. Dieser Fatzke hockt in seinem Ohrensessel und fordert zum Nichtstun auf. Politik in diesem System befleckt nur. Ich habe noch nie eine blödere Begründung dafür gehört, die nicht existierenden Vorzüge des Kapitalismus besten Gewissens zu genieÃen.«
Dornröschen grinste. Sie zeigte auf Twiggys Teller. »Manche Vorzüge des Ausbeutersystems genieÃt du auch in vollen Zügen.«
»Blöde Kuh!«
Sie zeigte ihm den Mittelfinger. Dann nahm sie das Handy ans Ohr. »Harald, toll, dass ich dich gleich erwische.«
Twiggy verzog das Gesicht.
»Ich habe ein paar Fragen zum bewaffneten Kampf ⦠ja, Siebzigerjahre ⦠haste bald mal Zeit? Es eilt, tut mir leid.«
Twiggy tat so, als würde er kauen, und hielt sich imaginäres SüÃholz in den Mund.
»Heute nicht ⦠ach so, ja, das verstehe ich ⦠klar, die Familie hat Vorrang ⦠ach, ein Töchterchen hast du ⦠nein, ich leider nicht ⦠es kam nie der Richtige ⦠auÃerdem habe ich gewissermaÃen zwei Kinder ⦠ja, wir wohnen immer noch da ⦠nein, es geht nicht so gut, Matti sitzt im Knast ⦠nein, zu Unrecht ⦠er hat gar nichts getan ⦠echt nicht ⦠wegen ihm müssen wir reden ⦠ja, genau ⦠die wollen ihm was anhängen ⦠er soll einen alten Genossen versteckt haben ⦠ja, bei uns in der WG ⦠das wüsste ich, wennâs so war.« Sie lachte künstlich und umso lauter. »Gut, super, ganz toll, bis morgen.«
Sie steckte das Handy in ihre Tasche und sagte: »Puh!«
»Was hast du denn da für eine Geschichte erzählt?«
Dornröschen schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wenn ich dem gesagt hätte, dass sie Matti gleich zwei Morde anhängen wollen, na, ich sag dir â¦Â«
»Ein feiges Arschloch, meine Rede.«
»Hab ich nie bestritten. Morgen besuchen wir den Helden, und bis dahin übst du, wie man artig ist und auch die blödesten Sprüche noch mit einem Lächeln erträgt und Beifall klatscht. Kapiert?«
»Ja, ja. Ist ja gut.«
»Ist gar nicht gut«, schnauzte sie.
»Nun reg dich ab!«, donnerte Twiggy zurück.
»Soll ich den Notarzt rufen?« Nadine lehnte sich weit aus dem Fenster.
Schweigen.
»Du zahlst«, sagte Dornröschen endlich.
Twiggy zog den Kopf zwischen die Schultern und trabte zu Nadine. Er bezahlte, und sie fuhren zur Revaler StraÃe. Sie waren zu früh und zockelten über die Oberbaumbrücke. Als sie am Cassiopeia eintrafen, war der Eingang noch verschlossen.
Twiggy fluchte. Dornröschen aber freute sich. »Da halten wir jedem die Fotos vor die Nase, einem nach der anderen.«
»Bis die RausschmeiÃer kommen, uns wiedererkennen, und dann setzt es was.«
»Hast du Schiss?«
»Nein, überhaupt nicht. Nur keinen Bock auf die Notaufnahme.«
Sie stellten sich neben den Eingang. In diesem Augenblick erschien ein Typ. Schwarze Hose, schwarzes Hemd, schwarzes Jackett, schwarze Sonnenbrille, schwarze Meckihaare. Darin verpackt ein Körper, der im Fitnessstudio geboren sein musste. Der Türsteher. Er musterte die beiden, und die musterten ihn. Dornröschen erkannte ihn nicht. Da hatten sie vielleicht Glück. Sie stellte sich vor ihn und erschien so fragiler als ohnehin schon. »Sag mal, hast du die schon mal gesehen?«
»Wer will das wissen?«
»Ich.«
»Und wer bist du?«
Dornröschen tippte auf die beiden Fotos. »Die Frage ist, wer die ist. Die ist eine Freundin von mir. Meine beste Freundin, wenn dir das was sagt. Sie ist einfach verschwunden. Weg. Und ich habe Angst, ihr ist was passiert. Okay?«
Der Typ deutete ein Nicken an. »Und warum sucht ihr hier? In diesem Laden verschwindet niemand.«
»Behaupte ich auch nicht. Aber sie hat mir immer vorgeschwärmt vom Cassiopeia , verstehst du? Könnte doch sein, dass hier jemand ist, der sie kennt und eine Idee hat, wo sie sein könnte.« Dornröschen hielt sich die Hand vor den Mund. »Oder ob was Schlimmes geschehen ist.« Sie tat erschreckt, als wäre ihr diese Möglichkeit erst jetzt eingefallen.
»Na, zeig mal her«, sagte der Typ.
Dornröschen gab ihm die Fotos.
»Hübsch ⦠echt ⦠hm ⦠ja ⦠könnte sein â¦Â«
»Denkst du an
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