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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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Dann hat er aufgelegt!« Auch sie beginnt zu lachen.
    Joanne kann sich an den Vorfall erinnern, sie sieht wieder den Ausdruck amüsierten Schreckens auf dem Gesicht ihrer Mutter. Wie konntest du nur so etwas zu ihr sagen, Pa? hört sie ihre Mutter sagen, während ihr Großvater als Antwort nur schelmisch seine breiten Schultern hochzog.
    Joanne sieht verstohlen zu Paul hinüber. Ganz allein sitzt er da. Seine Haltung zeigt, daß er einen inneren Kampf mit sich ausficht: Soll er bleiben, wo er ist, oder sich der kleinen Gruppe auf der andern Seite anschließen? Einen Augenblick lang gerät Joanne in Versuchung, die Entscheidung für ihn zu treffen, hinüberzugehen und ihn zu den anderen zu führen. Nein, beschließt sie dann, wir waren eine Familie! Die Vergangenheitsform ist Pauls Entscheidung gewesen. Der Mann hat eigene Beine. Die haben ihn genau dorthin geführt, wo er sein will – weg. Ihr Blick richtet sich wieder nach vorn.
    Die Zeremonie ist kurz. Ein Psalm wird gesprochen, einige wenige Worte fallen. Es ist vorbei.
    »Ich komme nicht mit zum Friedhof«, sagt Eves Mutter und ergreift Joannes Hand.
    »Es war so aufmerksam von Ihnen, zur Einsegnung zu kommen«, sagt Joanne aufrichtig.
    »Ich habe deinen Großvater immer bewundert. Das sollst du wissen.«
    »Danke.«
    »Eve wäre schon gekommen, nur …«
    »Ich weiß …«
    »Ich habe versucht, sie zum Mitkommen zu überreden …«
    »Es macht nichts, wirklich nicht …«
    »Sie hatte solche Schmerzen …«
    »Bitte, Mrs. Cameron, es ist schon gut. Ich verstehe es ja.«
    »Wirklich?«
    »Ich versuche es zumindest.«
    »Halte weiterhin zu ihr, Joanne«, fleht Eves Mutter. »Gib sie nicht auf. Sie braucht dich. Du bist die einzige, auf die sie je gehört hat.«
    »Sie drehen die Sache um, Mrs. Cameron«, erklärt ihr Joanne sanft. »Ich war immer diejenige, die alles getan hat, was Eve sagte, nicht umgekehrt. Eve war die Stärkere von uns.«
    »Nein.« Vehement korrigiert Eves Mutter Joannes Ansicht. »Eve war die lautere von euch beiden. Aber du warst die Starke.«
    »Um was ging's denn?« fragt Gloria und zupft Joanne am Ärmel.
    »Ich weiß nicht genau«, sagt Joanne.
    »Bist du soweit? Können wir jetzt auf den Friedhof gehen?«
    »Ich möchte gern noch ein paar Minuten mit meinem Großvater allein sein«, sagt Joanne und sieht zum Sarg hinüber.
    »Wir warten draußen«, sagt Warren. Joanne sieht zu, wie ihr Bruder und seine Frau den Mittelgang hinuntergehen. Vor ihnen sind Paul und Ron, die sich kurz zunicken.
    Langsam geht Joanne auf den Sarg zu.
    Sie haben einen einfachen Fichtensarg gewählt. Der Leichnam ihres Großvaters ist mit einem dunkelblauen Anzug bekleidet. Seine Wangen sind dezent mit Rouge geschminkt. »Du hattest recht, Großvater«, flüstert Joanne, sicher, daß ihr Großvater sie hören kann. »Danke schön.«
    Joanne öffnet ihre Handtasche und holt eine zerknautschte Sherlock-Holmes-Mütze heraus, die sie ihm an seinem fünfundachtzigsten Geburtstag geschenkt hat.
    »Du mußt deine Mütze mitnehmen.« Lächelnd drückt sie die Mütze in Form und legt sie zärtlich auf die gefalteten Hände ihres Großvaters. »So ist es besser«, sagt sie und fühlt, daß ihr Großvater ihr zustimmt. Fast glaubt sie, die starren Lippen lächeln zu sehen. Joanne beugt sich vor und küßt das liebe alte Gesicht. Seine Haut fühlt sich kühl an auf ihren Lippen. »Ich liebe dich, Großvater«, flüstert sie ein letztes Mal.
    »Wenn wir nur nicht so schnell wieder heim müßten«, meint Warren, während Gloria den Küchentisch abräumt.
    Sie sind vom Friedhof zurück, sitzen um Joannes Küchentisch herum, trinken Kaffee und essen gekauften Rhabarber-Pie, der, wie Paul enttäuscht feststellte, nicht halb so gut ist wie der selbstgebackene von Joanne.
    »Sei nicht albern«, sagt Joanne zu ihrem Bruder. »Natürlich müßt ihr zurück. Du wirst ein Filmstar. Das ist deine große Chance.«
    »Ich konnte sie einfach nicht dazu bringen, den Drehtermin zu verlegen …«
    »Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Ich komme schon zurecht. Wirklich.« Wie kann sie ihm nur klarmachen, daß es ihr sogar lieber ist, wenn sie nach Hause fliegen?
    »Warum kommst du nicht einfach mit?« fragt Gloria plötzlich.
    »Ich kann nicht«, antwortet Joanne hastig.
    »Warum denn nicht?« fragt Warren, der Gefallen am Vorschlag seiner Frau gefunden hat. »Die Mädchen kommen doch erst in zwei Wochen aus dem Ferienlager zurück.«
    »Ich habe einen Job«,

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