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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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keine Frage.
    »Na ja, sie ist nicht aufgewacht«, sagte Joanne zögernd. »Warum? Worauf willst du hinaus?«
    Eve schüttelte den Kopf. »Auf nichts«, sagte sie und sah aus ihrem Seitenfenster.
    »Was willst du denn damit sagen? Daß ich mir etwas einbilde?«
    »Nein, das sage ich nicht.«
    »Und was sagst du dann?«
    »Manchmal spielt einem die Seele Streiche«, sagte Eve, dieselben Worte, die der Arzt kurz zuvor im Hinblick auf sie selbst gesprochen hatte. Joanne fragte sich, ob Eve diese Worte absichtlich gewählt hatte und ob sie sie absichtlich so grausam hatte klingen lassen.
    »Hast du mit Brian darüber gesprochen?« fragte Joanne, nachdem sie beschlossen hatte, alle Anspielungen, die in Eves Bemerkung versteckt lagen, einfach zu ignorieren.
    Eve blockte ab. »Natürlich habe ich mit Brian gesprochen«, erzählte sie Joanne, »schließlich hast du mich darum gebeten, oder? Er sagt dasselbe, was wir alle dir gesagt haben, daß du einfach auflegen mußt, wenn du obszöne Telefonanrufe von so einem Typen erhältst.«
    »Ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob es überhaupt ein Mann ist!« erinnerte Joanne sie. »Es ist eine so komische Stimme.«
    »Aber natürlich ist es ein Mann«, stellte Eve kategorisch fest. »Keine Frau würde eine andere Frau mit obszönen Anrufen belästigen.«
    »Es sind nicht einfach nur obszöne Anrufe!« korrigierte Joanne sie verärgert. »Er sagt, er wird mich umbringen! Er sagt, daß ich die nächste sein werde! Warum starrst du mich so an?«
    Joanne entdeckte einen Augenblick lang Unsicherheit in Eves Blick. »Ich habe mich nur gerade gefragt, ob die Anrufe anfingen, bevor Paul wegging oder danach.«
    Joanne schwieg. Sie fühlte, wie ihre Schultern und ihr Rücken in die mit Leder überzogene Polsterung des Autositzes sanken. Sie war zu verwirrt und zu sehr überrumpelt, um das, was ihre Freundin gesagt hatte, zu verarbeiten.
    »Ich sage ja gar nicht, daß du keine Anrufe von jemandem erhältst«, wiederholte Eve entschuldigend, als Joanne in die Auffahrt zu ihrem Haus einfuhr. »Scheiße, ich weiß nicht, was ich daherrede. Joanne, schau mich an. Es tut mir leid. Schau mich an!« Joanne stellte den Motor ab und zog den Schlüssel heraus. Langsam wandte sie sich um und sah der Frau, die seit fast dreißig Jahren ihre Freundin war, ins Gesicht. »Bitte, vergiß alles, was ich dir gesagt habe. Ich wollte es nicht sagen. Ich war wütend auf diesen blöden Arzt und frustriert, weil niemand rauskriegt, was mit mir los ist, und dann habe ich es an dir ausgelassen. Der Arzt sagt mir, alle meine Probleme gibt es nur in meinem Kopf, also sage ich das gleiche zu dir. Für was hat man denn seine Freunde? Sehr reif, was? Gib der kleinen Psychologin einen Gut-Punkt in erwachsenem Benehmen. Bitte vergib mir, Joanne. Ich wollte es nicht.« Joanne nickte. »Du weißt, daß ich dich liebe«, sprach Eve weiter. »Ich bin bloß so frustriert.«
    »Ich weiß. Und ich verstehe es, wirklich.«
    »Und ich weiß, daß du dir keine Sorgen zu machen brauchst«, sagte Eve. »Wenn hier jemand stirbt, dann ich, also stiehl mir nicht die Show!«
    Joanne sah, daß Eve es ernst meinte, daß sie wirklich Angst hatte. »Du wirst nicht sterben. Da bin ich sicher.«
    Eve zog ihre Freundin an sich und umarmte sie so fest, daß Joanne kaum mehr atmen konnte. »Bitte, sei mir nicht böse«, flüsterte sie.
    »Nein, nein«, erwiderte Joanne ernst. Sie streichelte Eves Haar. »Das war unser erster Streit.« Sie lächelte.
    »Ja, ich glaube, das stimmt.« Eves Hand strich über das Haar, das Joanne berührt hatte. »Es ist so trocken«, versuchte sie so locker wie möglich zu sagen. »Kannst du dich erinnern, ich hatte früher immer fettiges Haar.«
    »Es wird schon alles gut werden«, sagte Joanne.
    »Mit dir auch«, gab Eve zurück.
    Sie stiegen aus dem Wagen. Beide Türen schlugen gleichzeitig zu.

14
    Joanne stand nackt in der Mitte ihres begehbaren Kleiderschranks. Zu ihren Füßen lag ein Haufen Kleider, die sie dorthin geworfen hatte. Sie runzelte die Stirn. Hier war einfach nichts, was sie tragen wollte. Jedes Kleidungsstück, das ihre Hand berührte, fühlte sich fremd und ungewohnt an, als ob es von jemand anderem gekauft worden wäre. Von jemandem, der absolut keinen Geschmack und keinerlei Stilgefühl besitzt, dachte Joanne, während sie ein blau-weißes Kleid vom Bügel nahm und es sich vor die schweißüberströmten Brüste hielt.
    Warum schwitzte sie so? Sonst schwitzte sie nie. Das Haus hatte eine

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