Ein moerderisches Geschaeft
Stromleitungen – die kann man umgehen – und eine Schicht Dachpappe oder so was …«
»Und was sonst noch?«, hakte Sara nach. Sie beugte sich vor und dachte über Annes Idee nach.
»Starke Latten«, fuhr Anne fort. »Sie sind gewöhnlich im Abstand von vierzig Zentimetern angenagelt. Da müssten wir uns durchzwängen können.«
»Und womit sollen wir das Loch schlagen? Mit den Fäusten?«
»Wir nehmen den Schürhaken vom Kamin«, antwortete Anne. »Und Messer, um das Loch zu vergrößern. Ich habe nachgesehen. Küchenmesser sind zur Genüge da. Wenn wir gleich anfangen – wer weiß? Vielleicht sind wir am Morgen schon draußen.«
»Die Zeit wird knapp«, sagte Carrie. »Ich denke, wir sollten versuchen, ein Fenster einzuschlagen und zu hoffen, dass wir nicht …« Sie verstummte, als Sara den Kopf schüttelte.
»Zu riskant«, meinte Sara. »Ich finde, wir sollten es mit Annes Idee versuchen.«
»Was ist mit den Zedernbrettern?«
»Das ist nicht so schwierig, wie Sie glauben«, versicherte Anne. »Sie sind angenagelt, und wenn wir fest genug dagegentreten, fallen sie irgendwann runter.«
»Mein Gott, wir haben einen Plan«, rief Sara. Sie schlug mit der Hand auf den Tisch und lächelte. »Ich bin sicher, dass es kein Seil im Haus gibt, an dem wir hinunterklettern können. Würden zusammengeknotete Leintücher genügen?«
»In Filmen benutzen sie immer zusammengeknotete Leintücher, um sich abzuseilen«, sagte Carrie.
»Wirklich?«, fragte Anne.
Carrie nickte. »Sie sehen tatsächlich niemals fern, oder?«
Anne schüttelte den Kopf. »Ich könnte das Zusammenknoten der Leintücher übernehmen. Vielleicht flechte ich sie lieber, das hält besser, oder … Mir fällt schon was ein.«
»Das ist gut«, befand Sara. »Carrie und ich arbeiten an der Wand. Anne, Sie sind brillant. Mir wäre nie im Leben eingefallen, dass wir durch eine Wand entkommen könnten. Ich glaube, das ist machbar.«
»Wir müssen nachts fliehen«, sagte Carrie. »Mir gefällt die Vorstellung, im Dunkeln durch die Wildnis zu stapfen, zwar nicht, aber wenn wir es den Berg hinunter schaffen, dann könnten wir die Straße erreichen und auf ihr bis in die Stadt gelangen.«
Es klang plötzlich alles so einfach. War sie naiv, oder war das wirklich eine simple Sache?
»Wir sollten ein paar scharfe Messer mitnehmen«, schlug Sara vor. »Nur für den Fall, dass uns wilde Tiere begegnen.«
»Oder Monk«, ergänzte Carrie mit Schaudern. »Ich glaube, mir wäre ein Kampf mit einem wilden Tier lieber, als ihm in die Arme zu laufen. Wissen Sie …« Sie brach verlegen ab, bevor sie zu viel gestand.
»Was?«, fragte Sara.
»Sie werden mich für übergeschnappt halten, aber ich fand ihn gut aussehend.«
Sara lachte. »Ich auch. Und sein Akzent hat mir gefallen. Glauben Sie, der war echt?«
»Ich dachte, ja«, erwiderte Carrie. »Ich fand ihn sexy.«
Anne hörte schweigend zu, aber Carries letzte Bemerkung empörte sie so sehr, dass sie nicht mehr still sein konnte: »Schämen Sie sich, Carrie. Sie sind eine verheiratete Frau.«
Carrie verteidigte sich. »Ich bin verheiratet, ja, aber ich bin nicht blind. Und es ist kein Verbrechen, sich einen gut aussehenden Mann anzuschauen. Sicher haben Sie …«
Anne schnitt ihr das Wort ab. »Absolut nicht«, widersprach sie entschieden. »Ich würde meinen Eric niemals verletzen, indem ich einem anderen Mann mit lüsternen Blicken nachsehe.«
»Hab ich gesagt, dass ich ihn lüstern angesehen habe?«
»Hören Sie auf, sich gegenseitig anzugiften«, flehte Sara, »sonst bekomme ich große Lust, eine Tür aufzureißen.«
19
John Paul holte die Uhr, dann marschierte er zwölf Meilen. Er machte einen weiten Bogen um die Stelle, die Kenny in der Karte markiert hatte, und suchte nach Spuren, nach irgendetwas Ungewöhnlichem, zum Beispiel einem Heckenschützen, der im Dickicht lauerte. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass kein Mensch in seiner Nähe war, deponierte er die Uhr und ging die vier Meilen zurück zu Coward’s Crossing.
Es bestand kein Zweifel, dass dies der richtige Ort war. Man hatte kürzlich einen Pfosten in den Boden geschlagen und ein handgemaltes Schild daran genagelt. Die weiße Farbe und die Aufschrift »Coward’s Crossing« waren noch nicht verwittert, deshalb konnte sich das Schild höchstens zwei Tage hier befinden. Der Pfeil deutete auf einen verlassenen und mit Brettern verbarrikadierten Minenschacht. Ein hellroter Schal hing über dem Eingang.
Der Morgen war
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