Ein mörderisches Komplott (German Edition)
gefesselten Hände ziemlich hilflos
war. Er bugsierte sie auf den Beifahrersitz und setzte schweigend seine Fahrt
fort, während Jenny still vor sich hin weinte.
Mit großer Wehmut dachte Henry daran, wie oft er einst
mit Gordon und Ken zur Ruine hochgefahren war, um sich dort im Schießen zu
üben. Sie waren ein selten fröhliches Team gewesen. Doch das war nun vorbei.
Aus ihm war ein Gewaltverbrecher geworden, der sich jetzt auf der Flucht vor
der gerechten Strafe befand. ›Wie konnte das nur geschehen?‹ , fragte er
sich. Während der Rover ruckelnd weiter bergauf fuhr, dachte er über sein
verpfuschtes Leben nach.
Seit dem Verkehrsunfall bei Aviemore war das herzliche
Einvernehmen zwischen ihm und Gordon erheblich getrübt. Aus Henrys Sicht war es
Gordon gewesen, der die Weichen zu seinem eigenen Tod stellte. Es war Gordons
Schuld, dass er auf die schiefe Bahn geriet. Von selbst wäre er nie auf die
Idee gekommen, sich eine zweite Identität zuzulegen. Und als Staatsanwalt
Forster wäre er gewiss nicht für die Leegaard Society tätig geworden. Aber
unter dem Pseudonym Charles Foreman gelang es ihm seltsamerweise, aus
dem bisherigen, monotonen Juristendasein auszubrechen. Schließlich fand er
Gefallen daran, gegen bestehende Gesetze und moralische Verhaltensregeln zu
verstoßen, was ihm unter seinem richtigen Namen niemals möglich gewesen wäre.
Allerdings hätte sein Leben einen anderen Verlauf genommen, wäre ihm nicht
Henrik Jörgensson begegnet. Dessen Grausamkeit hatte ihn zunächst schockiert
und angewidert. Doch zu seiner Verwunderung stellte er fest, wie leicht sich
nach Henriks Methode mancherlei Probleme aus der Welt schaffen ließen.
Als Henrik ihm den Schussapparat überlassen hatte,
überkam ihn ein vorher nie gekanntes Machtgefühl. Er war jetzt ganz und gar in
die Person eines Charles Foreman geschlüpft. Das Aufregende daran war, dass er
sich jederzeit wieder in seine echte Identität zurückziehen konnte, sollte das
erforderlich werden. Und seinen Beruf als Staatsanwalt konnte er nebenbei
ausüben. Er hatte geglaubt, nun stünde ihm ein wunderbares, aufregendes Leben
bevor, doch das war ein Trugschluss gewesen.
Die Ermordung Adams’ erschien ihm im Nachhinein so, als
hätte er die Hauptrolle in einem Kriminalfilm gespielt. Es war der Eintritt in
ein Leben außerhalb eines, von überholten Moralbegriffen geprägten Spießertums
und gleichzeitig der Startschuss dafür, sich des alten Freundes zu entledigen.
Und alle übrigen Mitwisser, die seiner Existenz schaden konnten, hatte er
anschließend aus dem Weg geräumt.
Dass ein ehemaliger Kriminalist von Scotland Yard ihm nun
dicht auf den Fersen war, bereitete ihm Kopfzerbrechen. Hätte er Adams nicht
umgebracht, läge vielleicht O’Brien an dessen Stelle unter der Erde. Aber jetzt
war es zu spät für eine Umkehr und er wollte seinen Verfolgern zeigen, dass er
noch einen letzten Trumpf in der Hand hatte. Ins Gefängnis würde er sich
jedenfalls nicht stecken lassen; eher wollte er sterben.
Kapitel 4 2
Der Leiter des Überfallkommandos stammt aus dem Bezirk
Moray. Paul O’Brien vertraute sich gern dessen kundigen Führung an. Er befahl
Hastings, dem Polizeifahrzeug zu folgen, das kurz nach Forres in einen breiten,
aber unbefestigten und stellenweise matschigen Forstweg einbog. Nach einer
Fahrt über Schottergestein und durch Wasserlöcher näherten sie sich einem
Blockhaus. »Das könnte die Findhorn Lodge sein«, meinte O’Brien. Kurz
davor stoppte der Mannschaftswagen, aus dem jetzt sieben schwer bewaffnete und
mit Schutzschilden versehene Polizisten heraussprangen.
Auch O’Brien und Hastings stiegen aus und verfolgten die
Aktion. Als sich Hastings den Polizisten anschließen wollte, rief ihm O’Brien
wütend zu: »Hiergeblieben, Hastings! Wir befinden uns nicht im Fernsehstudio.«
Missbilligend starrte er auf das zu einem Pferdeschwanz zusammengebundene Haar
seines jungen Kollegen.
»Wie meinen Sie das, Sir?«, fragte der Sergeant und
drehte sich verärgert um.
»Na, denken Sie mal nach, was Ihnen damals im Landhaus
Thompson zustieß. Soeben wollten Sie wieder einen solchen Leichtsinn begehen.
In Fernsehfilmen stürmen die mutigen Kriminalbeamten mit gezogener Pistole,
aber ohne Helm und ohne Schutzkleidung, in ein von Gangstern bewohntes Haus,
gefolgt von einer schwer bewaffneten Spezialtruppe der Polizei. So ein
Schwachsinn! Überlassen wir also die Erstürmung des Hauses
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