Ein Moment fürs Leben. Roman
wundervolle Nacht verbracht habe, Melanie spricht nicht mehr mit mir, und meine anderen Freunde meiden mich auch, meine Nachbarin findet mich gemein, ich bin nach Wexford gefahren, um Blake zu sagen, dass ich ihn liebe und zu ihm zurückmöchte, habe aber, als ich dort war, festgestellt, dass das nicht stimmt, und jetzt macht mein Leben ohne mich weiter. So, das ist in Kurzform so ungefähr alles.«
Mum drückte ihre schlanken Finger auf die Lippen, ihre Mundwinkel zuckten, und sie stieß ein piepsiges »Oh« aus. Aber dann fing sie laut an zu lachen. »Ach du liebe Zeit, Lucy.«
»Schön, dass mein Leben dich amüsiert«, grinste ich, während ich zusah, wie sie auf die Couch plumpste und sich den Bauch hielt vor Lachen.
Mum bestand darauf, die Nacht bei mir zu verbringen, zum einen, weil mein Geburtstag bevorstand, aber vor allem weil sie Riley und seinen Freund nicht stören wollte – ganz gleich, wie oft ich ihr auch versicherte, dass er nicht schwul war. Während sie duschte, packte ich MrPan in eine große Tasche und ging mit ihm über die Straße in den Park gegenüber. Frische Luft war ja angeblich in allen Lebenslagen die richtige Medizin, und ich hoffte, dass der Wind so richtig auflebte und mir die Gedanken aus dem Kopf fegte. Auf einer Bank am Spielplatz saß Claire, meine Nachbarin, neben sich den Buggy.
»Stört es dich, wenn ich mich zu dir setze?«
Sie schüttelte den Kopf, ich setzte mich neben sie und nahm MrPan auf die Knie. Claire sah zu ihm herunter.
»Tut mir leid, ich dachte, du …«
»Ich weiß«, unterbrach ich sie. »Schon in Ordnung.«
Als MrPan auf meinem Schoß unruhig wurde, ließ ich ihn laufen.
Schweigend saßen wir nebeneinander.
»Er schaukelt so gern«, sagte Claire schließlich und sah hinüber. »Ich höre ihn nie so viel lachen, wie wenn er schaukelt.«
»Ich hab auch immer gern geschaukelt«, sagte ich, und wir schwiegen wieder.
»Wie geht es ihm?«
»Wie bitte?« Sie erwachte aus ihrer Trance.
»Conor? Du hast gestern gesagt, er fühlt sich nicht wohl. Wie geht es ihm jetzt?«
»Es wird einfach nicht besser«, antwortete sie wie von fern.
»Warst du mit ihm beim Arzt?«
»Nein.«
»Vielleicht solltest du.«
»Meinst du?«
»Wenn es einfach nicht besser wird.«
»Es ist nur … ich hasse Ärzte. Krankenhäuser hasse ich noch mehr. Jetzt, wo meine Mum so krank ist, muss ich ja hin, aber ich war nicht mehr im Krankenhaus, seit …« Sie ließ den Satz unvollendet und sah auf einmal ganz verwirrt aus. Wieder vergingen ein paar Minuten, bevor sie sagte: »Meiner Mum geht es besser.«
»Oh, das freut mich.«
»Ja.« Sie lächelte. »Schon komisch, sie muss das alles durchmachen, damit wir wieder zueinanderfinden.«
»War das dein Mann neulich, vor meiner Wohnung?«
Sie nickte. »Wir sind nicht zusammen, aber …«
»Man kann nie wissen«, brachte ich den Satz zu Ende.
Sie nickte. »Er ist nicht richtig krank.«
»Dein Mann?«
»Nein, Conor. Er ist nicht krank, nur anders.«
»In welcher Hinsicht?«
»Stiller.« Sie wandte sich mir zu. Ihre Augen waren groß, ängstlich und voller Tränen. »Viel stiller. Ich höre ihn kaum noch.«
Langsam wanderten unsere Blicke wieder zu den Schaukeln, die sich nicht bewegten. Ich dachte an Blake und daran, dass der Klang unserer Erinnerungen immer leiser wurde und dass die Gefühle, die ich für ihn gehabt hatte, sich mehr und mehr von meinem Herzen entfernten.
»Vielleicht ist das gar nicht so schlecht, Claire.«
»Er hat so gern geschaukelt«, sagte sie wieder.
»Ja«, antwortete ich und nahm zur Kenntnis, dass sie die Vergangenheit benutzte. »Ich fand Schaukeln auch toll.«
Kapitel 28
»Mum, bist du wach?«
Es war Mitternacht, Mum lag in meinem Bett, ich war auf der Couch – und hellwach.
»Ja, Schatz«, antwortete sie sofort und knipste die Nachttischlampe an. Offenbar hatte sie auch nicht geschlafen. Wir setzten uns beide auf.
»Willst du nicht einfach eine Party in eurem Garten machen? Dann kannst du enge Freunde und Familie einladen, dann musst du weder die Blumen noch den Partyservice abbestellen, den du schon gebucht hast.«
Einen Moment dachte Mum nach, dann fing sie an zu strahlen und klatschte in die Hände. »Lucy, das ist eine wunderbare Idee!« Aber gleich darauf verblasste ihr Lächeln wieder. »Das Problem ist nur, dass ich deinen Vater dann noch mal heiraten muss.«
»Guter Punkt. Tja, damit kann ich dir leider nicht helfen.«
Sie machte das Licht wieder aus. Eine Weile
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