Ein Moment fürs Leben. Roman
würde. Ich konnte es kaum erwarten, endlich die Wahrheit auszusprechen, auch wenn es nicht sonderlich schmeichelhaft für mich war, zugeben zu müssen, wie viel ich die letzten Jahre gelogen hatte. Die beiden überreichten mir einen Umschlag und eine Topfpflanze, und ich tat nicht einmal so, als würde ich mich freuen, denn ich vermutete, dass der Umschlag nur höfliche Glückwünsche und keinen einzigen Geldschein enthielt.
Dann fiel mir der Geburtstagskuchen wieder ein, den ich mitgebracht hatte, und ich trug ihn eilig zu dem falschen französischen Kellner.
»Hi«, sagte ich und lächelte ihn an.
Er würdigte mich kaum eines Blickes.
»Ich habe heute Geburtstag.«
»Mm-hmm.«
»Und ich hab einen Kuchen mitgebracht. Sogar selbst gebacken.« Keine Reaktion. Ich räusperte mich. »Wären Sie so nett, ihn in die Küche zu bringen und ihn später zum Nachtisch zu servieren? Bitte?« Er gab einen missbilligenden Laut von sich, nahm den Kuchen aber an sich und wandte sich zum Gehen. »Es tut mir leid«, rief ich ihm nach. Er blieb stehen und wandte sich mir zu. »Es tut mir leid, dass ich Sie immer so blöd auf Französisch angelabert habe. Es war übrigens nie etwas Schlimmes, einfach nur willkürliches Zeug, weil ich wusste, dass Sie es nicht verstehen.«
»Ich bin Franzose«, sagte er drohend, für den Fall, dass uns jemand zuhörte.
»Keine Sorge, ich verrate es niemandem. Ich bin nicht perfekt, ich hab selbst jede Menge Lügen in die Welt gesetzt. Aber heute Abend sage ich die Wahrheit.«
Er sah zu meinen Freunden am Tisch und wieder zu mir. Dann sagte er leise und mit irischem Akzent: »In der Stellenanzeige stand, Voraussetzung für den Job ist, dass man Französisch spricht.«
»Verstehe.«
»Und ich hab dringend einen Job gebraucht.«
»Das verstehe ich vollkommen. Ich brauche auch einen Job, und ich kann Französisch – ist vielleicht noch was frei?«
»Wollen Sie mir jetzt auch noch meinen Job wegnehmen?« Entrüstet sah er mich an.
»Nein, nein, nein, auf gar keinen Fall! Ich meinte, ich würde höchstens
mit
Ihnen arbeiten wollen.«
Aber er sah mich an, als würde er lieber sterben.
Als ich zum Tisch zurückkam, verstummte das Geplauder abrupt. Noch immer war der Platz neben meinem leer, und ich sah auf die Uhr. Noch hatte er Zeit. Ich nahm am Kopfende des Tischs Platz, und alle starrten mich gespannt an. Verständlicherweise, denn ich hatte sie mit einer dramatischen SMS hierherbestellt, eine Feier der Wahrheit versprochen und alles mit einer Bitte um Geld gekrönt. Nun war der Zeitpunkt gekommen, um zu handeln, und prompt kam der Kellner an den Tisch und begann Wasser einzuschenken. Ich wollte warten, bis er weg war, aber er bewegte sich wie in Zeitlupe, und mir wurde klar, dass er nicht freiwillig verschwinden würde, bevor er gehört hatte, was ich sagen wollte.
»Okay, ich danke euch allen, dass ihr gekommen seid. Was ich euch zu sagen habe, ist eigentlich keine große Sache – nur für mich. Es ist etwas passiert, was mein Leben verändert hat, und dann ist noch etwas passiert, und jetzt läuft alles anders.« Chantelle sah mich verwirrt an, Andrew, der mich nicht kannte, machte ein unbehagliches Gesicht, als wäre er lieber woanders, aber Mary nickte mir zu, als hätte sie meinen komplizierten Satz genau verstanden. »Und damit ich die Vergangenheit endlich hinter mir lassen kann, muss ich es euch erzählen.« Ich holte tief Luft. »Also …«
In diesem Moment öffnete sich die Restauranttür, mein Herz machte einen Sprung, und ich hoffte, hoffte, hoffte … aber es war Blake, der hereinkam.
Kapitel 29
»Blake.« Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, aber alle hörten mich und drehten sich zu ihm um. Blake sah sich um, dann entdeckte er unseren Tisch und mich am Kopfende. Unsere Blicke trafen sich – seiner wütend, meiner um Verständnis flehend.
»Ach, deshalb hast du den Platz freigehalten!«, rief Melanie. »Seid ihr wieder zusammen?«
Überraschtes Gemurmel erhob sich, neugierig und aufgeregt, aber dann öffnete sich die Tür ein zweites Mal, und Jenna trat ins Restaurant. Jetzt sahen mich alle verwirrt an. Ich funkelte Adam an, weil ich annahm, dass er Blake heimlich eingeladen hatte, aber Adams Gesicht war genauso schockiert wie alle anderen. Anscheinend hatte sein bester Freund auch ihn überrumpelt. Einer nach dem anderen stand auf und begrüßte Blake, den Helden.
»Du hast mir gar nicht gesagt, dass du kommst«, sagte Adam etwas pikiert, als er Blake
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