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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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es unfair, dass die Raucher Extrapausen kriegen. Um ein Uhr mittags machen Sie eine Stunde Mittagspause. Sie sitzen allein am Tisch, wieder mit dem Kreuzworträtsel, und kommen jeden Tag ein bisschen zu spät an Ihren Schreibtisch zurück. Dann brauchen Sie bis halb drei, um wieder mit der Arbeit zu beginnen, aber ansonsten sind Sie den Nachmittag über gewissenhaft und bringen Ihre Arbeit zu Ende. Um sechs machen Sie Feierabend.«
    »Warum erzählen Sie mir lauter Dinge, die ich längst weiß?« Ich bemühte mich, so zu klingen, als wäre es mir gleichgültig, aber in Wahrheit fand ich es beunruhigend, ihm zuzuhören. Beunruhigend zu wissen, dass all die kleinen Dinge, die ich heimlich machte, von jemandem beobachtet und in einen Computer eingegeben worden waren, wo ein gestresster Büro-Fuzzi mit ihnen herumspielen konnte, als wäre ich eine Art Patience.
    »Jeden Tag nach der Arbeit gehen Sie ins Fitnessstudio. Dort sollen Sie eigentlich zwanzig Minuten joggen, aber Sie hören immer schon nach siebzehn auf, und dann machen Sie dreißig Minuten Krafttraining. Manchmal treffen Sie sich zum Essen mit Freunden, wären aber lieber zu Hause und gehen deshalb möglichst früh wieder. Im Bett lösen Sie noch ein Kreuzworträtsel. Und am nächsten Morgen stehen Sie wieder um sieben auf.«
    Er schwieg einen Moment.
    »Können Sie ein Muster erkennen?«
    »Dass ich eine Vorliebe für Kreuzworträtsel habe? Na und? Worauf wollen Sie denn hinaus?«
    Wieder lehnte er sich zurück und betrachtete mich mit seinen müden, starren Augen.
    »Nein, die Kreuzworträtsel sind es nicht. Und worauf wollen Sie hinaus?«
    Ich schluckte den großen Kloß herunter, der sich in meinem Hals gebildet hatte. »Tja, das ist ja sehr umfassend.«
    »Eigentlich nicht. Es ist lediglich eine naheliegende Frage. Okay, ich will es mal so sagen, dass Sie es verstehen. Folgendes wird passieren: In dreißig Minuten werden Sie gehen, genau pünktlich am Ende unseres Termins, und dann werden Sie versuchen, alles zu vergessen, worüber wir gesprochen haben. Und es wird Ihnen gelingen. Aus mir wird ein nerviger frustrierender kleiner Mann, wegen dem Sie ein paar Stunden von Ihrem Sonntag vergeudet haben, und Sie werden Ihr Leben wieder genauso leben wie vorher.«
    Er brach ab. Ich wartete, dass er weitersprechen würde, aber es kam nichts. Ich war verwirrt. Das konnte er doch unmöglich so meinen. Dann kapierte ich endlich. »Das ist eine Lüge.«
    »Wenn das Ergebnis das gleiche ist, ist es keine Lüge.«
    Ich wollte nicht fragen, aber ich musste. »Und was ist das Ergebnis?«
    »Sie werden genauso allein und gelangweilt und unglücklich sein wie vor unserem Treffen, aber diesmal wird es schlimmer sein, weil Sie es jetzt wissen. Jede Sekunde, jeden Tag, werden Sie es wissen.«
    Das war zu viel. Ich schnappte mir meine Tasche und ging. Dreißig Minuten zu früh. Genau wie er es prophezeit hatte.

Kapitel 6

    Silchesters weinen nicht. Das hatte mein Vater mir beigebracht, als ich mit fünf zum ersten Mal ohne Stützräder zu fahren versuchte und vom Fahrrad fiel. Mein Vater lief neben mir her die Auffahrt vor unserem Haus entlang, weiter von mir entfernt, als mir lieb gewesen wäre, aber ich wollte ihm das nicht sagen, weil ich wusste, dass er dann enttäuscht von mir gewesen wäre. Schon mit fünf Jahren war mir das klar. Zum Glück verletzte ich mich nicht ernsthaft, ich war hauptsächlich schockiert, wie es sich anfühlte, als mein Knie auf den harten Boden knallte und das Fahrrad mein Bein einquetschte. Hilfesuchend streckte ich die Arme nach meinem Vater aus, aber er kam nicht, sondern gab mir Anweisungen, und schließlich stand ich alleine auf. Ich erinnere mich noch genau an seine Stimme.
Schieb das Fahrrad von deinem Bein. Und dann steh auf. Lass das Geheule, Lucy, steh einfach auf.
Als ich mich
z
usammenkrümmte, als müsste mein Bein amputiert werden, bekam ich zu hören, ich sollte mich gefälligst gerade hinstellen. Dabei wollte ich doch nur in den Arm genommen werden. Aber ich sagte ihm auch das nicht, denn ich wusste, dass es in seinen Augen nicht nur falsch war, darum zu bitten, sondern auch, es überhaupt zu wollen. Tief in meinem Herzen wusste ich, dass er unrecht hatte – doch so war mein Vater eben. Auch das hatte ich mit meinen fünf Jahren schon verstanden. In meinem späteren Leben weinte ich so gut wie nie und hatte auch kaum das Bedürfnis – abgesehen von der Zeit, als Blake mich verlassen hatte. Und in dem Moment, als mein Leben

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