Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
entdecken.“
Wir befanden uns in Sichtweite von St. Just, einem Ort, der genau in der entgegengesetzten Richtung von St. Levan lag, in unmittelbarer Nähe zu den Minen von Botallack, die sich mein Vater unbedingt ansehen wollte.
„Wir unterhalten uns später weiter“, sagte mein Vater, „doch wir sollten uns Gedanken darüber machen, wie die Diebe in an sich völlig abgeschlossene und sicher verriegelte Räume kommen!“
Inzwischen waren wir an den Zugang zu dem alten Minenbetrieb angelangt, der, wie wir alsbald erfuhren, noch bis ins letzte Jahrzehnt betrieben wurde. Vor allem im vorigen Jahrhundert wurden in den vielzähligen Schächten Kupfer und Zinn abgebaut. Doch das Spannendste an der ganzen Geschichte war, dass es viele Minen und Stollen gab, die unterhalb der Meeresoberfläche lagen – wo die Gefahr von eindringendem Wasser um ein viel Höheres lag als in anderen Minen. Das, was uns der Bewacher der Mineneingänge vor Ort mitteilte, erinnerte mich an eine Gruselgeschichte, und nicht minder war ich über meinen Vater erstaunt, als er den Bewachenden fragte, ob wir uns einmal die Minen von innen ansehen könnten. Zuerst weigerte sich der Mann, der einen ausdrücklichen Befehl zu haben schien, niemanden in die Minen zu lassen, doch als ein Bekannter vorbeikam und die Unterhaltung mitbekam, einigten sich die beiden darauf, dass der Bekannte den Fremden gegen einen Obolus die Minen zeigte, während der andere Wache hielt, dass auch kein Aufseher käme.
Ich muss zugeben, dass ich selten so viel Angst hatte wie in jenem Moment, als wir vor dem Eingang der Mine standen, die wie ein weit aufgerissenes Löwenmaul inmitten des Felsmassivs wirkte. Alle vier trugen wir Laternen, die mit ihrem diffusen Widerschein an den Wänden seltsame Schattenkreaturen zum Leben erweckten, die mich nicht wenig frösteln ließen. Zu meinem Glück wollte mein Vater nur die Enge und die Einsamkeit in einer Mine erfahren, sodass der Ausflug in den Berg nicht all zu lange währte. Doch die Geräusche des in der Nähe anbrandenden Wassers, die sich im Innern der Mine seltsam verzerrten, ließen mich einige Male in Gedanken ausmalen, wie es sein würde, wenn das Wasser in die Mine eindrang und uns unter Tage vom Rückweg abschloss.
Als wir wieder zurück zum Ausgang gingen, kam es zu der Situation, dass ich mich gegen die Verabredung ganz am Ende der Gruppe befand, und als wir in einen kleinen Vorraum kamen, verfolgte ich mit meinen Blicken die Schatten an den Wänden, die sich zu bewegen schienen. Ein tiefer Angstschauer überkam mich, sodass ich stehen blieb und es dauerte einige Momente, ehe mein Vater sich nach mir umdrehte und sah, dass ich zurückgeblieben war. Inzwischen hatte auch wieder das nur mir bekannte Klopfen begonnen und in mir drängte sich die Frage auf, ob das Klopfen eine Wahnvorstellung von mir war oder ob ich vielleicht die einzige war, die das Klopfen vernehmen konnte. Während ich weiterhin das Gefühl hatte, dass sich die Schatten an der Wand verlebendigt hatten, kam mein Vater zu mir gelaufen und schüttelte meinen Körper. Zu seinem Glück befand er mich trotz meiner Körpersteife einigermaßen wohl und suchte mit seinem Blick das Ziel meines Blickes zu erforschen, fand aber scheinbar nur unbewegliche Schatten auf den Wänden.
„Geht es dir gut, meine Kleine?“ fragte er mich.
„Bestens!“ kam es mir über die trockenen Lippen, doch mein Vater merkte, dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach, da sich die Starre meines Körpers nicht lockern wollte.
„Wir müssen sie hier raus bringen!“ sagte mein Vater daraufhin zu den anderen.
Ich merkte, wie er seinen Arm um meine Taille legte, um mich gegen ein Fallen abzusichern, und als Patrick dazukam und versuchte, mich beim Gehen zu stabilisieren, spürte ich, wie mein Körper die Kontrolle über sich zurück gewann. Nach und nach konnte ich wieder laufen, und ehe wir aus der Mine zurück an das Tageslicht kamen, vermochte ich alleine zu laufen.
„Das ist nichts Außergewöhnliches“, erklärte uns der Wegführer. „Viele Menschen haben ein Problem damit, dass am helllichten Tag das Sonnenlicht komplett verschwindet – und wenn dann noch dazu kommt, dass man sich von einer unvorstellbar schweren Masse Gestein eingesperrt fühlt, ist es kein Wunder, dass schwächere Naturen schon mal einbrechen! Dann verhalten sie sich oft wie eine Maus, die sich vor einer Katze versteift!“
Wie widerstreitend die Gefühle im Innern doch sein können! Einerseits
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