Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
unsere drei Zimmer lagen – Elle und Patrick wohnten natürlich zusammen, meine Eltern teilten sich ein Zimmer und ich erhielt ein Einzelzimmer, was zur großen Verwunderung nicht direkt neben dem meiner Eltern lag, sondern am anderen Ende des langen Flurs. Zuerst wollte mein Vater gegen diese Belegung intervenieren, doch als ich ihm sagte, dass ich das eigentlich ganz interessant fände, mal nicht direkt neben meinen Eltern zu schlafen, lenkte er ein und dachte sich womöglich, dass in diesem Hotel am Ende der Welt sowieso nichts passieren würde.
4. Kapitel
Es gibt Momente im Leben, in denen man eine gewisse Vorahnung für kommende Ereignisse hat. Nicht selten weiß man dabei, worum es sich tatsächlich handelt, man hat eher das Gefühl, etwas wird passieren, doch nicht wann oder was.
Bei mir war so ein Moment, als ich in mein Einzelzimmer am Ende des Flures trat. Es war in ein diffuses Halbdunkel getaucht – das Licht, das von außen durch das einzige Fenster hinein schien, wurde von einer abgedunkelten Gardine aus schwerem Stoff vom Eindringen abgehalten.
Francis stellte meine Koffer neben den Schrank, fragte höflich, ob er mir beim Auspacken helfen solle, doch ich verneinte, wartete auf meine Mutter und wir räumten zusammen den geräumigen Schrank ein. Auch meine Mutter schien irgendetwas zu spüren – oder zumindest glaubte ich das damals –, denn auch sie schwieg, obwohl sie eigentlich bis eben noch so fröhlich gewesen war. Es lag etwas Unbestimmtes in oder an diesem Zimmer, und ich schob es für den Moment auf die Dunkelheit, die selbst von den zwei Kerzen, die ich zusätzlich anzündete, kaum aufgehellt wurde.
Ich verneinte die Frage meiner Mutter, ob sie noch bei mir bleiben solle und ließ sie zurück zum Vater gehen. Ich wartete, bis sie aus dem Zimmer gegangen war, suchte mir einen Platz auf dem flauschigen Bett, setzte mich und ließ mich nach hinten fallen. Doch sogleich stemmte ich mich wieder nach oben, denn es war, als hätte ich ein Geräusch von irgendwo gehört. Ein Geräusch, das ich weder irgendwie einordnen noch ausmachen konnte. Langsam und ohne selbst Geräusche zu verursachen, erhob ich mich vom Bett und wollte nach der Ursache suchen, aber im gleichen Moment war das Geräusch hinfort. Ich konnte es kaum glauben und ging auf Zehenspitzen durch den Raum, immer darauf gespannt, dass das Geräusch jederzeit wieder auftauchen könnte – aber nichts geschah.
Als ich mein Zimmer einmal durchschritten hatte, glaubte ich bereits, dass ich nur geträumt hatte und ließ mich erneut aufs Bett fallen, um sogleich dieselben Geräusche zu vernehmen. Jetzt, da ich mir sicher war, dass ich keinem Trugschluss anheimgefallen war, musste ich mir überlegen, wie ich weiter vorgehen wollte. Würde ich meinem Vater davon erzählen, dass ich unerklärliche Geräusche höre und ihm sagen, dass ich glaube, dass in diesem Hotel nicht alles mit den rechten Dingen zuging, würde er sofort davon ausgehen, dass ich Angst habe, allein in einem Zimmer zu übernachten. Die Konsequenz wäre, dass er mich sofort aus meinem Zimmer in das meiner Eltern holen würde. Da es kaum eine schlimmere Aussicht für den Urlaub gab, entschied ich mich dagegen, meinem Vater etwas von den Geräuschen zu erzählen.
„Vielleicht ist es ja der Wind!“ dachte ich mir und stand ein weiteres Mal vom Bett auf. Augenblicklich verstummten die leicht klopfenden Geräusche. „Wenn der Wind ziemlich stark bläst, kann er bestimmt diese seltsamen Geräusche erzeugen“, versuchte ich mir selbst zu erklären.
Ich ging zum Fenster und suchte nach einem Weg, die schwere Gardine zur Seite zu schieben, doch diese war noch viel widerspenstiger, als sie den Anschein machte. Als ich sie endlich zur Seite geschoben hatte, war es beinahe, als würde sie mich verschlucken. Kaum, dass ich sie losließ, schwang sie zurück und bildete eine Trennwand zwischen mir und dem Raum. In diesem Moment war ich mir nicht sicher, ob mich jemand bei diesen Lichtverhältnissen gesehen hätte, wie ich hinter der schweren Gardine stehe.
„Also der Wind scheint es nicht zu sein“, dachte ich mir, als ich nach draußen schaute und sah, dass der Wind zwar leicht ging, ich jedoch keine Geräusche vernahm.
Ich wollte mich schon wieder umdrehen und durch die Gardine zurückkämpfen, als mir die beiden Bäume am Ende der Einfahrt in den Blick gerieten. Ich sah, wie sich beide im Wind hin und her bewegten, rhythmisch, als würden sie zu dem Lied des Windes
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